Das Schlagwort lautet #occupywallstreet, der Slogan "Seid Ihr bereit für einen Tahrir-Moment?" und die Forderung "Bring Dein Zelt mit": Die Internet-Gruppe Anonymous will mit einer Blockade der Wall Street gegen Machtmissbrauch und Korruption protestieren, wie sie in ihrem Blog ankündigt.
"Am 17. September wird Anonymous Lower Manhatten überfluten, Zelte, Küchen und friedliche Barrikaden aufbauen und die Wall Street für einige Monate besetzen", kündigen die Aktivisten an. Die Aktion wird bereits seit einigen Wochen geplant, bekommt aber erst jetzt mediale Aufmerksamkeit.
Anonymous war bis dato vor allem digital aktiv und macht mit Hacker-Attacken gegen diverse Regierungen und Unternehmen in den vergangenen Monaten Schlagzeilen. Allerdings ist auch die Offline-Welt manchmal Teil des Protests, so zum Beispiel 2009 bei Demonstrationen gegen Scientology.
Die geplanten Proteste könnten nicht nur deshalb interessant werden, weil sich an ihnen die Mobilisierungskraft Anonymous für die reale Welt messen lässt. An der jüngsten Aktion, einer Demonstration gegen die Verkehrsbetrieb des Großraums San Franscisco (BART), beteiligten sich nur etwa ein Dutzend Menschen. Sogar die Zahl der Pressevertreter übertraf die der Teilnehmer.
Folgt Anonymous noch den eigenen Regeln?
Besser funktionierte der Protest gegen BART im Internet. Anonymous konnte bei einem Hacker-Angriff eine Kundendatenbank ergattern und stellte aus dieser zahlreiche Datensätze ins Netz. Die Verkehrsbetriebe hatten Anfang August Mobilfunk-Basisstationen im Verkehrssystem der Stadt teilweise abgeschaltet, um Demonstranten daran zu hindern, Proteste über ihre Handys zu koordinieren.
Wie der Guardian berichtet, kehren derzeit einige engagierte Aktivisten Anonymous den Rücken. Das liegt nicht nur an den Strafverfolgungsmaßnahmen, die bereits einige mutmaßliche Mitglieder und Sympathisanten identifizierten. Vielmehr sind sich die Mitglieder der losen Hacker-Allianz uneins, ob die Organisation noch ihren Idealen folgt, dem Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch von Institutionen und Unternehmen.
Dabei kritisieren die verärgerten Mitglieder vor allem, dass seit dem Auftauchen der Splitterorganisation LulzSec Daten unschuldiger Bürger im Netz veröffentlicht würden. Dies gehe über den Rahmen hinaus, den sich die Hacker gesteckt hätten.
Cyber-Aktivismus ohne Aktivismus
Zudem fand jüngst ein interner Machtkampf statt, bei dem sich Mitglieder gegenseitig beschuldigten, als Spitzel zu agieren - und als Konsequenz der mutmaßliche LulzSec-Anführer Informationen über ein Mitglied im Internet veröffentlichte.
Ein weiteres Indiz für die Uneinigkeit in der Gruppe ist der Aufruf, Facebook zu hacken, von dem sich Sprecher des Kollektivs distanziert haben, der aber von einigen Mitgliedern weiter verbreitet wird.
Guardian-Autor Charles Arthur sieht Anonymous auf einem "Weg nach unten". Er spottet:"Cyber-Aktivismus? Vielleicht, wenn man den 'Aktivismus'-Teil weglässt."