Anlage:In den Tag hineinsparen

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Tagesgeld gibt es in Deutschland noch nicht lange. Trotz der niedrigen Zinsen eignet es sich immer noch als Basis-Anlage. Die Angebote der Banken dazu variieren allerdings stark - deshalb lohnt ein genauer Blick.

Von Harald Freiberger, München

Das "Tagesgeld" ist eine relativ neue Erfindung für Bankkunden in Deutschland. Es kam erst vor etwa 20 Jahren auf, als sich die ersten Direktbanken ausbreiteten. Seitdem hat es den Markt für einfache Geldanlagen durcheinandergewirbelt. Wie alle Sparformen leidet das Tagesgeld unter den niedrigen Zinsen. Trotzdem eignet es sich immer noch als Basis für Geld, das Anleger zur Verfügung haben und nicht langfristig investieren wollen.

Was ist Tagesgeld genau?

Vorher kannten die Bundesbürger nur das Sparbuch und Festgeld mit einer festen Laufzeit von einem oder zwei Jahren. Das eine brachte kaum Zinsen, das andere war unflexibel. Tagesgeld dagegen kann von einem Tag auf den anderen gekündigt werden, der Anleger kommt sofort an sein Erspartes. Außerdem bringt es mehr Zinsen als das Sparbuch. Denn um die Einlagen der Sparer ist ein starker Wettbewerb entstanden. So gibt es immer wieder Institute, die deutlich mehr zahlen, als der Leitzins vorgibt und der Markt im Durchschnitt hergibt - auch zu Zeiten des Nullzinses.

Welche Summe sollten Anleger auf dem Tagesgeld-Konto haben?

Anlageexperten raten traditionell dazu, das Tagesgeld-Konto als eiserne Reserve zu nutzen. Weil es täglich gekündigt werden kann, eignet es sich für überraschende Ausgaben wie eine Autoreparatur. Als Faustregel schlagen Verbraucherschützer eine Summe von etwa drei Monats-Nettoeinkommen vor. Wer mehr Geld übrig hat, sollte dies besser längerfristig und höher verzinst anlegen, zum Beispiel als Festgeld. Die Gefahr, dass man sich zu lange auf niedrige Zinsen festlegt, ist relativ gering. Die Phase niedriger Zinsen dürfte noch längere Zeit anhalten. Für die langfristige Altersvorsorge eignet sich Tagesgeld nicht. Hier sollten Anleger besser über Fonds oder ETF auf dem Aktien- und Anleihemarkt investieren.

Was bringt Tagesgeld noch?

Das gesunkene Zinsniveau spiegelt sich in den Angeboten für Tagesgeld wider. Laut dem Internet-Vergleichsportal Biallo liegt der Durchschnitt von mehr als 120 Banken derzeit bei 0,25 Prozent - so niedrig wie noch nie. Vor acht Jahren, als die Finanzkrise ausbrach und die Notenbanken begannen, die Zinsen zu senken, waren es noch fast vier Prozent. Das Portal Verivox, das rund 800 Banken vergleicht, ermittelt noch einen Durchschnitt von 0,02 Prozent; das liegt daran, dass es viele Sparkassen und Genossenschaftsbanken mitberücksichtigt, die kaum mehr Zinsen für Tagesgeld zahlen. Trotzdem gibt es nach wie vor Institute, die deutlich mehr gewähren: Spitzenreiter sind derzeit Audi- und VW-Bank mit 1,10 Prozent, garantiert für vier Monate. Die Direktbank ING-Diba gibt 1,00 Prozent, ebenfalls für vier Monate. Nach dieser Garantiezeit sinkt der Zins allerdings deutlich.

Auf welche Konditionen sollten Anleger besonders achten?

In erster Linie wollen die Banken mit ihren guten Angeboten Kunden werben, deshalb subventionieren sie den Zins. Dabei bauen sie Hürden ein. Bei den meisten Banken gilt der höhere Zinssatz nur für Neukunden. Wer schon länger ein Konto bei dem Institut hat, wird mit deutlich niedrigeren Zinsen abgespeist. Außerdem ist der höhere Zinssatz in der Regel zeitlich begrenzt. Am längsten ist diese Frist derzeit bei der Consorsbank mit zwölf Monaten. Wer sich den höheren Zins dauerhaft sichern will, müsste nach Ablauf der Frist zu einer anderen Bank wechseln, wo er wieder als Neukunde gilt.

Mancher entschließt sich zu einem solchen Zinshopping. Experten raten ihnen deshalb, das Konto zu kündigen, wenn sie ihr Tagesgeld auf eine andere Bank übertragen. Denn bleibt es bestehen, gelten sie als Altkunden und können nicht von besseren Konditionen profitieren, wenn sie später wieder zu der Bank zurückwollen.

Wie eröffnet man ein Konto?

Der Aufwand hält sich in Grenzen. Bei Banken mit Filialnetz braucht der Interessierte in der Niederlassung nur den Ausweis vorzulegen. Bei Direktbanken ist die Kontoeröffnung über das sogenannte Postident-Verfahren möglich: Der künftige Kunde lädt einen Kontoantrag herunter, füllt ihn aus und geht mit einem Ausweis zu einer Postfiliale, die die Dokumente an die Bank schickt. Einige Direktbanken, zum Beispiel ING-Diba, bieten inzwischen auch das Videoident-Verfahren, bei dem der Nutzer per Videoanruf über seinen Computer mit dem Institut in Kontakt tritt.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Wann werden die Zinsen gutgeschrieben?

Das ist von Institut zu Institut unterschiedlich. Die Renault-Bank verzinst das Tagesgeld ihrer Anleger zum Beispiel jeden Monat. Bei Moneyou gibt es alle drei Monate Zinsen. ING-Diba und 1822-direkt schreiben den Zins dagegen nur einmal am Ende des Jahres gut. Je öfter das Geld verzinst wird, umso besser ist es für den Verbraucher, weil dann ein kleiner Zinseszins-Effekt eintritt.

Wie sicher ist das Geld?

Bei allen Banken im Euro-Raum greift die europäische Einlagensicherung von bis zu 100 000 Euro pro Bank und Sparer. Deutsche Institute haben darüber hinaus eigene Einlagesicherungen mit deutlich höheren Beträgen. Manche Verbraucherschützer raten bei ausländischen Instituten zur Vorsicht, weil im Fall einer Bankenpleite am Ende der jeweilige Staat für die Entschädigung der Sparer sorgen müsse - der Wille hierzu könnte gegenüber ausländischen Sparern weniger stark ausgeprägt sein. Mehr als 100 000 Euro Tagesgeld sollte kein Sparer bei einer Bank anlegen. Manche Institute haben ohnehin niedrigere Grenzen für ihre Zinssätze: Bei der Consorsbank gibt es zum Beispiel die 1,00 Prozent nur bis zur Summe von 20 000 Euro.

Nie hatten Sparer so viele Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen, selten war die Unsicherheit aber so groß: Jeden Montag beschäftigt sich die SZ-Serie "Geldwerkstatt" mit den wichtigsten Grundlagen.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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