Angebot der Arbeitgeber abgelehnt:Fluglotsen drohen mit Streik

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Flugreisenden in Deutschland könnte am Donnerstag ein Chaos bevorstehen: Die Gewerkschaft der Flugsicherung rief die Lotsen zu einem sechsstündigen Streik auf. Die Arbeitgeber wollen den Ausstand nun kurzfristig gerichtlich verhindern.

Jens Flottau

Die deutschen Fluglotsen wollen am Donnerstag den Luftverkehr bundesweit sechs Stunden lang lahmlegen. Der Vorstand der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) beschloss am Dienstag einen Streik für die Zeit zwischen sechs und zwölf Uhr, an dem sich Lotsen in allen Kontrollzentralen beteiligen sollen. Davon wären Zehntausende Passagiere betroffen. Die Arbeitgeber wollen an diesem Mittwoch eine einstweilige Verfügung gegen den Streik erreichen.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hält den Streik für rechtswidrig und will vor Gericht dagegen vorgehen. Als Arbeitgeber hat die DFS zudem die Möglichkeit, in der Tarifauseinandersetzung die Schlichtung anzurufen. In diesem Fall müsste die GdF den Streik zumindest um mehrere Wochen verschieben. Die DFS könnte mit einem solchen Schritt verhindern, dass mitten in der Hauptferienzeit Tausende Flüge ausfallen. Allerdings wäre ein Schlichterspruch nicht bindend.

Knapp 96 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder der GdF hatten sich in einer Urabstimmung für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Die Gewerkschaft hatte in den Tarifverhandlungen 6,5 Prozent mehr Gehalt gefordert. Dies ging dem Unternehmen aber zu weit. Am Wochenende besserte die Flugsicherung ihr bisheriges Angebot allerdings nach. Sie schlug vor, die Gehälter der Lotsen rückwirkend zum 1. August um zunächst 3,2 Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus stellte die DFS eine Einmalzahlung von 0,8 Prozent in Aussicht und will im November 2012 noch einmal zwei Prozent dazugeben, mindestens aber die Inflation ausgleichen.

Der Konflikt dreht sich aber nicht nur um Geld, schließlich liegen die beiden Seiten bei dem Thema gar nicht mehr so weit auseinander. Auch sind die Fluglotsen generell sehr gut bezahlt. Das Grundgehalt eines Berufseinsteigers liegt laut DFS bei 90.000 Euro jährlich. Neben den wirtschaftlichen Aspekten geht es deswegen vor allem um die Arbeitsbedingungen, den Nachwuchsmangel und die Frage, wie viel Einfluss die Gewerkschaft auf unternehmerische Entscheidungen nehmen kann.

Gewerkschaft beklagt Mangel an Nachwuchskräften

Die GdF wirft der Flugsicherung unter anderem vor, nicht rechtzeitig für ausreichend Nachwuchskräfte gesorgt zu haben. Obwohl der Luftverkehr in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen habe, habe sich an der Zahl der Lotsen wenig geändert. Nach Rechnung der Gewerkschaft fehlen deswegen derzeit 350 Nachwuchskräfte. Außerdem würden in den nächsten Jahren viele ältere Mitarbeiter ausscheiden. Somit müssten sogar insgesamt 700 Fluglotsen ersetzt werden. Es sei nicht klar, wie die DFS rechtzeitig Abhilfe leisten könne. Die Ausbildung dauert drei Jahre und hat damit einen sehr langen Vorlauf.

Der Personalmangel hat derzeit zur Folge, dass die Lotsen viele Überstunden machen müssen. Sie befürchten, dass sich immer stressigere Schichten eines Tages auf das Sicherheitsniveau auswirken könnten. Für einen solchen Trend gibt es derzeit aber keine statistischen Hinweise, etwa durch die Zahl von Beinahe-Kollisionen im deutschen Luftraum, die auf Fehler der Flugsicherung zurückzuführen wären. Die DFS weist auch die Vorwürfe in Sachen Nachwuchsmangel zurück. Derzeit werde die maximal mögliche Anzahl von Lotsen ausgebildet.

Die deutschen Fluglotsen haben noch nie flächendeckend gestreikt. Anfang der siebziger Jahre protestierten die damals noch verbeamteten Lotsen mit einem Bummelstreik gegen die ihrer Ansicht nach schlechte Bezahlung, ohne Verbesserungen zu erreichen.

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