Wie bei peinlichen Aktionen üblich, wird die erste Welle kritischer Kommentare meist von einer zweiten begleitet - so auch im Fall Amazon. Das Unternehmen hatte vor anderthalb Wochen zwei Texte aus den Kindle-Lesegeräten seiner Kunden gelöscht.
Dabei handelte es sich um zwei Romane von George Orwell: "1984" und "Animal Farm". Amazon entfernte die Werke, weil dem Verlag MobileReference, der die Bücher anbot, das Recht fehlte, sie in elektronischer Form zu verkaufen.
Jetzt werden immer mehr Stimmen laut, die Amazon auffordern, seine Verkaufsmethoden zu ändern, berichtet die New York Times. Darunter ist auch Peter Brown, Geschäftsführer der Free Software Foundation. Seine Bostoner Stiftung sammelt derzeit Unterschriften unter anderem von Autoren, Intellektuellen und Herausgebern und plant noch in dieser Woche Amazon eine Petition vorzulegen.
Sie fordern, dass das Internet-Versandhaus seinen Gebrauch der Software D.R.M., einem Digitalen Rechtemanagement, überdenkt. Mit dieser behält sich das Unternehmen die Kontrolle über die verkauften Texte vor. Anders als bei Büchern aus Papier können Kindle-Besitzer die gekauften Texte nicht kopieren oder weiter verkaufen.
Entfernen von Gedankengut
Amazons Lösch-Aktion hat der Euphorie um das elektronische Buch einen herben Dämpfer verpasst. Denn Einkäufe von Büchern für das Kindle erscheinen dem Nutzer mehr und mehr als handelt es sich um eine Miete des Textes. Aus der Nabelschnur zwischen Kindle und Anbieter würden sich für den Konsumenten zwar viele Vorteile ergeben, doch legt sie auch viel Macht in die Hände von regulierenden Kräften.
Regierungen könnten das Entfernen von einzelnen Sätzen und Passagen in den Werken erwirken. Damit kann nicht nur fremdes Gedankengut, ohne das der Nutzer intervenieren kann, gelöscht werden, sondern womöglich auch das des Kunden. Der kann im Kindle nämlich auch eigene Notizen anlegen.