Amazon:Die Roboter kommen

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Der US-Konzern rüstet seine deutschen Logistikzentren um. Roboter sollen dort künftig zwischen den Lagerregalen ihren Dienst tun. Für die Beschäftigten könnte das nicht nur Vorteile bringen. Die Gewerkschaft Verdi kündigt weitere Proteste an.

Von Stefan Mayr, München

Die achte Generation. So nennen die Manager des US-Konzerns Amazon ihr neues Projekt, das die Arbeitsweise der Beschäftigten und die Abläufe in den Logistikzentren fundamental verändern wird. 2017 kommt diese achte Generation nach Deutschland. Die neuen Lagerhallen werden ganz anders aussehen als alle anderen Standorte der Republik, das Pilotprojekt startet in Winsen bei Hamburg. Dort wird die meiste Arbeit zwischen den Regalen von Robotern verrichtet. Mit ihnen will der Internethändler noch effizienter, also kostengünstiger und schneller werden.

Überhaupt baut Amazon seine Infrastruktur in Deutschland entschlossen aus, um die stetig steigenden Online-Umsätze abzuwickeln. Allein bis Ende 2017 werden voraussichtlich sechs neue Lagerzentren entstehen. Damit wird das Unternehmen aus Seattle in seinem zweitwichtigsten Auslandsmarkt seine Kapazitäten innerhalb eines Jahres um etwa 75 Prozent steigern. Derzeit betreibt der Konzern in Deutschland acht Logistikstandorte. Dazu errichtet er neue Umschlagplätze in Rheinland-Pfalz (Frankenthal), Niedersachsen (Winsen) und vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo alleine vier neue Baustellen geplant sind: in Werne, Dortmund, Krefeld und Bochum.

Die "achte Generation" wird wohl zunächst nur im niedersächsischen Winsen Einzug halten. Während in herkömmlichen Logistikzentren unzählige Menschen mit Rollwagen durch die Hallen gehen und die bestellte Waren aus den Regalen holen, wird dieser Prozess in Winsen kurzerhand auf den Kopf gestellt: Dort werden die Regale von Robotern zu den Menschen gebracht, diese müssen dann die Artikel nur noch in die Kartons einpacken.

Die Gewerkschaft Verdi kündigt weitere Proteste an

Der Kollege Roboter ist eine kniehohe, orange-farbene Kiste auf Rollen. Er fährt computergesteuert unter das Regal, hebt dieses hoch, transportiert es zu seinem menschlichen Verpacker. In jeder Halle werden Hunderte solcher Fahrzeuge hin und her flitzen. Die Mitarbeiter sparen sich damit die weiten Wege durch die Regalschluchten, bislang legen sie etwa 20 Kilometer zu Fuß zurück. In den USA und Großbritannien ist die achte Generation bereits seit Längerem im Einsatz. Die Roboter werden von der Firma Kiva hergestellt, dieses Unternehmen hatte Amazon im März 2012 aufgekauft.

Trotz der Roboter-Unterstützung sollen am Standort in Winsen nicht weniger Menschen beschäftigt werden als in anderen Logistikzentren. "Wenn die Roboter für mehr Durchsatz sorgen, dann brauchen wir auch mehr Leute zum Einlagern und Einpacken der Ware", sagt ein Amazon-Mitarbeiter. Zudem würden Techniker zur Wartung der Roboter benötigt. Deshalb kündigt Amazon auch in Winsen etwa 1000 Einstellungen an - allerdings ist die Lagerfläche mit 64 000 Quadratmetern (neun Fußballfelder) größer als an herkömmlichen Standorten.

Nach eigenen Angaben beschäftigt Amazon derzeit in Deutschland mehr als 11 000 festangestellte Mitarbeiter. Dazu kamen in der Vorweihnachtszeit Tausende Aushilfen, um den zusätzlichen Andrang abzufedern. 2017 wird sich die Zahl der Beschäftigten voraussichtlich um 5000 erhöhen.

Um die Bezahlung des Personals zu verbessern, hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in der Woche vor Weihnachten mehrere Standorte bestreikt. Die Arbeitnehmervertreter fordern seit vier Jahren einen Tarifvertrag und bessere Arbeitsbedingungen. "Das ist eine harte Auseinandersetzung, die wird dauern, aber wir bleiben dran", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Die Konzernspitze in den USA habe dem deutschen Management verboten, Tarifverträge abzuschließen. Dennoch werde Verdi weiterkämpfen, sagte Bsirske. Immerhin habe das Unternehmen bereits die Löhne erhöht und Weihnachtsgeld gezahlt. Ohne Arbeitskämpfe hätte es diese Verbesserungen nicht gegeben, betonte er. Während er eine Bezahlung nach dem Einzelhandelstarif fordert, lehnt der Konzern Verhandlungen mit Verdi ab. Amazon bezahlt nach eigenen Angaben im Vergleich zu anderen Logistikfirmen überdurchschnittliche Gehälter.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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