Altersvorsorge:Staatsfonds soll Rente retten

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Das Rentenniveau liegt künftig ein Fünftel niedriger als heute. Die Deutschen werden stärker privat für das Alter vorsorgen müssen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Drei hessische Minister wollen die Rente nach norwegischem Vorbild durch einen Staatsfonds ergänzen, um die Altersvorsorge zu verbessern.
  • Sozialexperten finden die Idee gut, die Bundesregierung und die Versicherer reagieren dagegen reserviert auf den Vorstoß.

Von Harald Freiberger, München

Erstmals haben Politiker die Idee eines Rentenfonds aufgegriffen, mit dem Bundesbürger künftige Lücken bei der gesetzlichen Altersvorsorge schließen können sollen. Damit erreicht die Diskussion um eine zusätzliche, vom Staat organisierte Rente eine neue Dimension. "Wir schlagen eine einfache, sichere und günstige zusätzliche Altersvorsorge vor: die Deutschland-Rente, ein Standardprodukt für jedermann", schreiben die drei hessischen Minister Tarek Al-Wazir (Grüne), Stefan Grüttner und Thomas Schäfer (beide CDU) in der FAZ. Die Parteien bilden in Hessen die Regierungskoalition. Ursprünglich stammt die Idee von Verbraucherschützern, die bestehende staatliche Förderungen wie die Riester-Rente als zu teuer, zu kompliziert und zu wenig rentabel kritisieren. Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß.

Zentraler Rentenfonds zum Selbstkostenpreis

Die drei Politiker schlagen vor, dass der Staat den zentralen Rentenfonds zum Selbstkostenpreis verwaltet, "damit das Geld der Bürger sicher ist vor überteuerten Angeboten". Da die Babyboomer demnächst in Rente gehen, sind Verwerfungen bei der gesetzlichen Rente zu erwarten. Die Standard-Rente wird künftig 20 Prozent niedriger liegen. Die 2001 eingeführte, staatlich geförderte Riester-Rente ist nach Auffassung der Politiker "völlig unzureichend". Jährlich fallen dabei häufig Kosten von mehreren Prozent an, die Rendite aber ist niedrig, auch weil die Produkte nur einen begrenzten Aktienanteil haben.

Der neue staatliche Rentenfonds soll in der Praxis so funktionieren: Arbeitgeber führen die Beiträge der Arbeitnehmer an die Deutsche Rentenversicherung ab, ähnlich wie bei der gesetzlichen Rente. Dabei sollen die Arbeitnehmer automatisch einzahlen; wollen sie dies nicht, müssen sie dies kundtun ("Opt-out"). Bei der Riester-Rente ist es umgekehrt ("Opt-in"), deshalb ist auch der Verbreitungsgrad nicht hoch.

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Der Rentenfonds soll in weit größerem Maße auf Aktien setzen können als bisherige Altersvorsorgeprodukte. "Der sehr langfristige Anlagehorizont und die Möglichkeiten einer starken Streuung aufgrund der Größe des Fonds verringern die Anlagerisiken erheblich und sorgen gleichzeitig für höhere Renditen", schreiben die Politiker. Als Vorbild nennen sie den Staatsfonds in Norwegen, der seit seiner Gründung 1997 eine durchschnittliche Rendite von mehr als fünf Prozent erwirtschaftete. Der Staatsfonds verwaltet etwa 400 Milliarden Euro und hat mehr als die Hälfte des Kapitals auf dem Aktienmarkt angelegt - breit gestreut in über 8000 Unternehmen. Die "Deutschland-Rente" könnte als reine Beitragszusage ausgestaltet werden. Die Arbeitgeber müssten dann nicht nach Jahrzehnten mit Haftungsrisiken rechnen.

Regierung und Versicherer sind skeptisch

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales reagierte reserviert auf den Vorschlag. "Die Idee eines kostengünstigen staatlichen Altersvorsorgefonds ist nicht neu", sagte eine Sprecherin der SZ. Die Bundesregierung habe sich aber vorgenommen, vorrangig die bereits existierenden Wege der zusätzlichen Altersvorsorge zu verbessern und weiter zu verbreiten, also etwa die Riester-Rente oder die Betriebsrente. 2017 komme zum Beispiel ein Produktinformationsblatt, das Kosten und Renditen von Riester-Renten besser vergleichbar mache. Zudem strebe man an, dass Betriebsrenten auch in kleinen Unternehmen hohe Verbreitung finden. Auch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft äußerte sich skeptisch: "Den Staat selbst quasi als Überkonkurrent einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung in den Markt einzuführen, ist nicht nur wettbewerbsrechtlich, sondern auch ordnungspolitisch verfehlt."

Sozialexperten finden den Vorstoß dagegen positiv. "In der Sache ist das ein konstruktiver Vorschlag, da er private und betriebliche Altersvorsorge verbindet und zu einer sinnvollen Streuung der Vorsorge-Risiken führen würde", sagte Gert Wagner, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW und Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung, der diese in Rentenfragen berät. Ob ein einziger Staatsfonds die Lösung sei, müsse zwar diskutiert werden. Der Vorschlag werde die Diskussion aber auf jeden Fall beleben.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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