Altersvorsorge: Riester-Rente:Wer blickt da noch durch?

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Die Policen von Riester-Rentenversicherungen sind schwer verständlich und kosten oft mehr als sie bringen: Manche Anbieter kassieren doppelt so viel an Gebühren wie der Staat als Zulage zahlt. Verbraucherschützer fordern die Regierung zum Eingreifen auf.

Andreas Jalsovec

Das hatte sich Walter Riester ganz anders vorgestellt. Als der ehemalige Arbeitsminister und gelernte Fliesenleger vor zehn Jahren den Startschuss für die Riester-Rente gab, da dachte er vor allem an Menschen, die finanziell nicht so gut gebettet sind. Sie sollten eigenständig fürs Alter vorsorgen können - mit Hilfe staatlicher Zuschüsse.

Die Idee hat sich bis heute 14,6 Millionen Mal durchgesetzt. So viele Deutsche haben einen Riester-Vertrag. Von den Zuschüssen jedoch hat ein guter Teil der Riester-Sparer fast nichts. Denn bei vielen Anbietern von Riester-Rentenversicherungen fressen die Kosten für die Verträge die staatlichen Zulagen bis zum Rentenbeginn nahezu komplett auf, zeigt eine aktuelle Untersuchung von Ökotest.

Die Tester nahmen fast 150 Angebote für klassische und fondsgebundene Riester-Rentenversicherungen unter die Lupe. Ergebnis: "Nur eine Handvoll davon kann man Verbrauchern überhaupt empfehlen", sagt Jürgen Stellpflug von Ökotest. "Und auch das sind nur die etwas besseren unter den schlechten." Der Grund: Die Kosten, die die Versicherer für die Policen berechnen, seien in fast allen Fällen völlig undurchsichtig - und in vielen Fällen horrend hoch.

Ein Beispiel: Ein 35-jähriger Familienvater mit zwei Kindern erhält bis zum Renteneintritt mit 67 Jahren knapp 10000 Euro staatliche Zuschüsse. Zahlt er dieses Geld in einen Vertrag "Riester Rente Klassik" der Allianz ein, kassiert der Versicherungskonzern von ihm bis zum Rentenbeginn fast 8900 Euro an Gebühren. Noch drastischer fällt die Rechnung bei so genannten fondsgebundenen Riester-Rentenversicherungen aus. Bei ihnen liegen die gesamten Kosten vielfach deutlich über 10000 Euro.

Das Tückische dabei: Viele Kunden merken bei Abschluss des Vertrages gar nicht, wie viele Kosten künftig auf sie zukommen. "Die Versicherer verschleiern die wahren Kosten ganz oft - auch um Vergleiche mit der Konkurrenz zu erschweren", sagt Pamela Bantle, Altersvorsorge-Expertin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Wenn die Versicherten dann ihre erste Jahresabschlussrechnung in den Händen halten, kommt der große Schock." Rund 40 bis 50 verschiedene Kostenarten haben Versicherungsmathematiker mittlerweile ausgemacht, mit denen die Versicherer ihre Riester-Policen spicken - und sie damit für Verbraucher oft undurchschaubar machen.

Das Problem wiegt umso schwerer, als gerade die Riester-Rentenversicherung bei den Deutschen die mit Abstand beliebteste Form des Riester-Vertrages ist. Sieben von zehn Riester-Sparern haben eine solche Police. Bei Neuverträgen schließt jeder zweite Kunde eine Riester-Rentenversicherung ab. "Für die meisten Versicherten ist eine Riester-Police für die private Vorsorge dabei kein Luxus, sondern eine existenzielle Notwendigkeit", sagt Dorothea Mohn, Referentin für Altersvorsorge beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV).

In einem nun veröffentlichten Positionspapier fordert der VZBV deshalb eine stärkere Regulierung der Riester-Produkte. Dazu könnte etwa eine Deckelung der Kosten für Riester-Verträge gehören. Aber auch, dass der Staat für einfache, verständliche und kostengünstige Produkte sorge - etwa über eine Ausschreibung. "Wir müssen die schlechten Angebote vom Markt bekommen", sagt Dorothea Mohn. "Und wir brauchen leistungsstarke Produkte - gerne auch weniger als diese Masse, die es jetzt gibt."

Im Bundesfinanzministerium hält man indessen nichts von stärkeren staatlichen Eingriffen. "Ein Systemumbau wird derzeit nicht diskutiert", sagt eine Sprecherin. Man prüfe aber die Einführung eines Produktinformationsblatts für Riester-Verträge. Ähnlich wie bei Beipackzetteln für Bankprodukte könnten darin die wichtigsten Punkte des Vertrages für Verbraucher verständlich dargestellt werden - inklusive der Kosten.

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) schlägt indessen eine Gesamtkostenquote vor. Diese beziehe alle berechneten Kosten des Vertrages mit ein. Damit würden die Angebote vergleichbar. "Wir haben das unseren Mitgliedsfirmen bereits so unterbreitet - und es gibt auch schon einige Unternehmen, die das umsetzen", sagt Peter Schwark, beim GDV zuständig für die Altersvorsorge. Die Ökotest-Untersuchung hält Schwark für irreführend. Dort würden auf falschem Wege "maximale Kosten" berechnet. Die tatsächlichen Gesamtkosten seien deutlich geringer. Ohnehin seien für die Kunden weniger die Kosten entscheidend, "als das, was hinten rauskommt - also der Betrag, der dem Versicherten ab Rentenbeginn zur Verfügung steht."

Allerdings tappen auch da viele Kunden bei ihren Riester-Verträgen im Dunkeln. Etliche Versicherer weisen nämlich nicht aus, welches Kapital der Kunde bei Beginn der Rente als Garantieleistung erwarten kann. "Das ist aber ebenfalls notwendig, um die Angebote vergleichen zu können", sagt Verbraucherschützerin Pamela Bantle. Verbrauchern, die sich nach einem Riester-Vertrag umsehen, rät sie daher von Riester-Rentenversicherungen eher ab: "Sie sind einfach zu teuer und zu undurchsichtig."

© SZ vom 28.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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