Altersvorsorge:Ist die Betriebsrente noch sicher?

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Deutsche Pensionskassen machen wegen der Finanzkrise Verluste in Milliardenhöhe. Welche Arbeitnehmer mit Einbußen rechnen müssen - ein Überblick

A. Mühlauer

Die Finanzkrise gefährdet die Betriebsrenten vieler Arbeitnehmer. Wegen den Turbulenzen an den Kapitalmärkten müssen die Pensionskassen deutscher Firmen mit Milliardenverlusten rechnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der auf betriebliche Altersvorsorge spezialisierte Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin (RTP). "Im vergangenen Jahr sind die für Pensionszahlungen reservierten Vermögen der Dax- und MDax-Konzerne um etwa 21 Milliarden Euro gesunken", sagt Thomas Jasper, Vorstand bei RTP.

Die Finanzkrise wirkt sich auf die Betriebsrenten aus - zum Nachteil der Arbeitnehmer. (Foto: Foto: dpa)

Inwieweit diese Hochrechnung tatsächlich stimmt, wird sich zeigen, wenn die Unternehmen ihre Zahlen vorlegen. Fest steht aber: Die Firmen werden ihre geplanten Renditen für ihre Rentenkassen nach unten korrigieren müssen. Jasper rechnet damit, dass die Pensionsvermögen der großen deutschen Unternehmen auf dem Kapitalmarkt im Jahr 2008 etwa zwölf Prozent Verluste erlitten haben. Rund 2,5 Millionen Ruheständler und zehn Millionen Beschäftigte, die künftig Anspruch auf eine Betriebsrente haben, werden sich teilweise auf niedrigere Bezüge einstellen müssen.

Die Betriebsrente, ein Flickenteppich

Wenn die Renditen der betrieblichen Rentenkassen auch nur um wenige Prozentpunkte sinken, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Altersvorsorge der Arbeitnehmer. Beispiel: Legt ein Unternehmen über 30 Jahre jeden Monat 100 Euro für seinen Angestellten zurück, dann könnte es bei einer Rendite von fünf Prozent aus dem Ersparten eine Monatsrente von 533 Euro zahlen. Liegt die Rendite bei nur vier Prozent, schrumpft die monatliche Rente auf 413 Euro. Wird die Rente über 20 Jahre gezahlt, wäre das ein Verlust von 28800 Euro gegenüber der Fünf-Prozent-Rendite.

Da das System der Betriebsrente ein Flickenteppich ist, trifft die Krise nicht jeden gleichermaßen. Die SZ stellt die unterschiedlichen Modelle vor und zeigt, wie stark die jeweiligen Betriebsrentner von der Krise betroffen sind.

Lesen Sie auf den nächsten Seiten, wie stark die Höhe Ihrer Betriebsrente von der Finanzkrise beeinträchtigt ist.

Mehr gibt's nicht - das Prinzip Garantiezins

Manche Pensionskassen garantieren eine Mindestverzinsung von 2,25 Prozent im Jahr. Mehr gibt es dann auch nicht. Gute Kassen schaffen aber das Doppelte des Garantiezinses. Dieses Betriebsrentenmodell ist allerdings selten. Laut den Unternehmensberatern von RTP gibt es nur noch bei 24 Prozent der Betriebsrenten diese Form der Zusage.

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Sicher ist sicher - das Prinzip Direktzusage

"Beschäftigte, die von ihrer Firma eine Direktzusage bekommen haben, brauchen keine Einbußen zu befürchten", sagt Ulrich-Arthur Birk, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Bamberg. Die Zusage ist normalerweise an einen bestimmten Prozentsatz des Gehalts gekoppelt. Egal, wie gut oder schlecht das Unternehmen wirtschaftet, egal, wie gut oder schlecht sich die Finanzmärkte entwickeln, die Zusagen müssen eingehalten werden.

Das gilt jedoch nur, solange die Firma nicht pleite ist. Aber auch dann verfällt der Rentenanspruch der Beschäftigten nicht. "Im Insolvenzfall sichert der Pensionssicherungsverein Betriebsrenten ab", sagt Birk. Der Pensionssicherungsverein ist eine Gemeinschaftseinrichtung der deutschen Wirtschaft. Allerdings kommt er nur für Renten auf, wenn diese "unverfallbar" sind. Dies trifft zu, wenn der Arbeitnehmer mindestens 30 Jahre alt ist und die Betriebsrentenzusage der Firma mindestens fünf Jahre besteht.

Druck von den Ratingagenturen

Das Prinzip der Direktzusage steht unter dem Druck von Ratingagenturen. Sie fordern, das Geld für Pensionszahlungen aus der Bilanz herauszunehmen und in Treuhandgesellschaften oder Pensionsfonds auszulagern. Standard & Poor's beispielsweise stufte Thyssen-Krupp im Jahr 2003 herab, weil auf dem Stahlkonzern milliardenschwere Pensionszahlungen lasteten. Nach unten gestufte Firmen müssen deutlich mehr für Kredite bezahlen als solche mit gutem Rating.

Einen Ausweg bieten Pensionsfonds. Sie gibt es in Deutschland seit 2002. Im Gegensatz zu den klassischen Pensionskassen sind sie den Kapitalmarktturbulenzen weit mehr ausgesetzt. Die Fonds sind nicht an eine maximale Aktienquote von 35 Prozent gebunden, sie können auch mehr Geld in spekulative Papiere investieren. In der Regel garantieren sie nur die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge. Pensionsfonds seinen aber, so Birk, nicht sehr verbreitet: "Im Gegensatz zu den USA sind wir in Deutschland eher auf der sicheren Seite."

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Eine Frage des Risikos - das Prinzip Beitragszusage

Bei diesem Modell garantieren Unternehmen nicht einen festen Monatsbetrag, sondern verpflichten sich lediglich, eine Mindestverzinsung zu zahlen. So verschiebt die Firma das Anlagerisiko auf den Arbeitnehmer, der ja nicht ahnen kann, wie sehr ihn eine Finanzkrise trifft. Die Logik hinter diesem Modell: Wer weniger Rendite garantieren muss, kann mehr Geld in spekulative Anlagen stecken. Das ist zwar reizvoll für den Portfolioverwalter der Pensionskasse, aber unsicherer für den Betriebsrentner. Fehler im Anlageverhalten der Manager können Pensionäre empfindlich treffen. Gerade jetzt. Aber keine Sorge: "Es gibt auf jeden Fall eine Mindestverzinsung von derzeit 2,25 Prozent", sagt Birk.

Wie stark die Rentenkassen der Unternehmen tatsächlich von der Krise betroffen sind, werden die Jahreshauptversammlungen zeigen. Siemens meldete bereits, dass sich die Deckungslücke auf 2,5 Milliarden Euro verdoppelt habe. Die Deckungslücke berechnet sich aus dem Wert der Pensionsvermögen im Verhältnis zu den Verpflichtungen.

© SZ vom 12.02.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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