Airbus:"Ich glaube an den Menschenverstand"

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Airbus-Vorstand Dirk Hoke über Handelsprobleme, mehr Geld für Verteidigung und das Sicherheitsgefühl.

Interview von Caspar Busse

Dirk Hoke, 49, ist im Vorstand des deutsch-französischen Konzerns Airbus für die wichtigen Bereiche Raumfahrt und Verteidigung zuständig, er musste dort zuletzt umbauen und streichen. Hoke gilt auch als einer der Hoffnungsträger im Unternehmen. Er kommt seit 2000 nach Davos.

SZ: Herr Hoke, wie groß sind Ihre Sorgen um den freien Welthandel?

Dirk Hoke: Die internationalen Handelsauseinandersetzungen sind auf jeden Fall nicht förderlich. Besonders hart trifft die Wirtschaft dabei die große Ungewissheit darüber, wie es weitergeht. Aber grundsätzlich bin ich Optimist und sehr pragmatisch, ich glaube, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen wird. Denn bislang hatten Populismus und Nationalismus immer negative Effekte. Es wurde stets das Gegenteil davon erreicht, was eigentlich Ziel war.

Aber die Anzahl der Probleme steigt.

Das stimmt, die Komplexität wird größer, das gilt insbesondere auch für die Bereiche Sicherheit, Raumfahrt und Verteidigung. Dazu kommt noch der drohende Brexit und ungelöste Fragen im Umgang mit kritischen Regierungen.

Sie meinen Saudi-Arabien?

Ich spreche von Saudi-Arabien, aber auch von der Türkei, China und anderen Staaten. Die deutsche Politik hat hier eine teilweise undefinierte Position. Es ist offensichtlich auch für Europa schwer, einen klaren gemeinsamen Nenner zu finden. Es gibt zwar keinen offiziellen Boykott, etwa von Saudi-Arabien, trotzdem werden einzelne Geschäfte kritisch gesehen, blockiert oder unmöglich gemacht. Wir können gegenüber unseren Kunden in diesen Ländern dadurch keine klare Aussage treffen. Wir brauchen aber Klarheit.

Airbus ist ein europäischer Konzern ...

Wir sind eigentlich das einzige wirklich europäische Unternehmen.

Wie wichtig ist da ein geeintes Europa für Sie?

Der Zusammenhalt Europas ist entscheidend, gerade auch im Raumfahrt- und Verteidigungsbereich, damit wir auf Augenhöhe mit dem internationalen Wettbewerb sind, besonders mit den USA und China. Der Ausstieg Großbritanniens aus der EU könnte sich, abhängig von der Ausgestaltung des Brexit, sehr negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie auswirken und uns schwächen. Wir müssen deshalb einen Weg finden, um weiter mit den Briten zusammenzuarbeiten. Nur gemeinsam sind wir stark.

Wie wirkt sich das auf Airbus aus?

Wir bereiten uns natürlich auf verschiedene Szenarien vor. Unser Konzern ist europäisch und global aktiv, da können wir vieles ausbalancieren. Aber wenn die Handelsauseinandersetzungen lange anhalten würden, hätte das sicherlich auch negative Effekte auf Airbus.

Wenn es immer mehr militärische Konflikte auf der Welt gibt, müsste das doch beispielsweise gut für Ihr Geschäft sein.

Tatsache ist, dass sich die gefühlte Sicherheitslage für Europa verschärft. Das spürt auch die Bevölkerung in Deutschland, und die hat deshalb ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit. Dieser Realität muss sich die Politik stellen. Das führt dazu, dass Investitionen in Verteidigung und Sicherheit signifikant erhöht werden müssen. Auch um mittelfristig das auf internationaler Ebene zugesagte Ziel zu erreichen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.

Warum sollten die Verteidigungsausgaben überhaupt steigen?

In den vergangenen Jahren wurden vor allem in Deutschland nötige Rüstungsinvestitionen vernachlässigt. Das wird jetzt sukzessive nachgeholt. Allerdings sind große europäische Projekte wie eine Euro-Drohne oder ein neues gemeinsames europäisches Kampfflugzeug nur realistisch, wenn es auch zusätzliche Gelder gibt. Zudem ist es eine Frage der Souveränität. Der wirtschaftliche Druck aus den USA steigt, aber Europa muss seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Ich sage das auch als Bürger: Europa muss gerade mit Blick auf die Sicherheitsinteressen langfristig seinen Anspruch auf Souveränität in der Welt aufrechterhalten. Und es gibt hier derzeit durch die deutsch-französische Achse einen echten Willen, etwas zu erreichen. Beim gemeinsamen europäischen Kampfflugzeug gibt es beispielsweise deutliche Fortschritte.

Sie fahren seit 2010 zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Warum?

In Davos kommt in kurzer Zeit und auf engem Raum die Welt zusammen. Nirgends kann man besser einfangen und ein Gefühl dafür bekommen, wie es gerade um die Weltwirtschaft bestellt ist. Davos gibt mir die Möglichkeit, viele Gespräche zu führen, für die man im Alltag tagelang um die Welt fliegen müsste. Und es bietet den Schlüsselfiguren unserer Zeit Gelegenheit, offen über Innovationen und neue Technologien zu diskutieren.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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