Air Berlin:Ohne Prognose

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Deutschlands zweitgrößte Fluglinie rutscht immer tiefer in den Verlust. Konzernchef Pichler wagt keine Vorhersagen mehr, kündigt aber große Veränderungen an.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Air Berlin fliegt immer tiefer in die Krise. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft machte im ersten Halbjahr einen deutlich höheren Verlust als im Vorjahr und gab angesichts der sich verschlechternden Lage auch keine Prognose mehr für das Gesamtjahr 2016 ab.

Das Unternehmen machte vor allem das schwierige Marktumfeld für die Entwicklung verantwortlich. Die instabile politische Lage in traditionellen Feriengebieten wie der Türkei oder Nordafrika treffe das Unternehmen besonders hart, denn die Nachfrage habe aufgrund der Terroranschläge "deutlich nachgegeben", so Vorstandschef Stefan Pichler. Air Berlin habe zwar einen Teil der Flüge in andere Zielgebiete wie Spanien verlagert, die "deutliche Überkapazität" dort habe aber zu einem Preisverfall geführt.

Konzernchef Pichler kündigt erneut umfassende Veränderungen an

Air Berlin steckt allerdings auch ohne die jüngsten Terroranschläge schon seit Jahren in einer tiefen Krise und weist mit einer Ausnahme seit dem Börsengang 2006 in keinem Jahr einen Gewinn aus. Wechselnde Strategien und Missmanagement waren wesentliche Faktoren. Ende 2012 stieg Etihad Airways als größter Anteilseigner (29,2 Prozent) ein und bewahrt Air Berlin seither mit direkter und indirekter finanzieller Hilfe vor dem Kollaps.

Unter dem Druck von Etihad hat Pichler zuletzt einen weiteren Strategieschwenk angekündigt und will Air Berlin nun zu einer "Premium Airline" umbauen, die sich auf die Drehkreuze in Berlin und Düsseldorf konzentriert. Das touristisch geprägte dezentrale Netz, mit dem Air Berlin groß geworden ist, steht hingegen Branchenkreisen zufolge zum Verkauf. Dem Vernehmen nach befinden sich die Verhandlungen mit Lufthansa in einem fortgeschrittenen Stadium. Pichler äußerte sich nicht zu den Gesprächen, betonte aber, dass "tief greifende Veränderungen in unserem gesamten Unternehmen" erforderlich seien.

Im ersten Halbjahr ging der Umsatz des Unternehmens um 8,4 Prozent zurück, der Verlust wuchs von 247 auf 271 Millionen Euro. Im zweiten Quartal verschlechterten sich wichtige Parameter weiter. So sank der Erlös pro verkauftem Sitzkilometer um 6,4 Prozent. Pichler geht davon aus, dass sich "das volatile und nachfrageschwache Marktumfeld" auch im dritten Quartal negativ auswirken wird. Anfang 2016 hatte Pichler noch eine "bessere Performance" im zweiten Halbjahr prognostiziert, weil Air Berlin auch von sinkenden Kerosinpreisen profitiere.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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