Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer:Mann für brenzlige Zeiten

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Wolfgang Prock-Schauer, 56 Jahre alt, wird neuer Air-Berlin-Chef.  (Foto: dpa)

Air Berlin ist zwar die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft - doch das Unternehmen schreibt seit fünf Jahren Verluste. Der neue Chef Wolfgang Prock-Schauer steht damit vor einer Aufgabe, die viele für fast unlösbar halten.

Von Jens Flottau

Es ist schon einige Zeit her, als die beiden österreichischen Freunde Wolfgang Prock-Schauer und Wolfgang Mayrhuber bei einem Branchentreffen in Paris zusammenstanden. "I bin der klaane Wolfi und des is der große Wolfi", witzelte Prock-Schauer in breitem Dialekt damals, als er noch Chef der indischen Jet Airways war und Mayrhuber der mächtige Vorstandsvorsitzende der Lufthansa.

Prock-Schauer hat natürlich mit seinem Spruch vor allem seine eigene überschaubare Körpergröße gemeint. Wenn er in seinem neuen Job erfolgreich sein will, muss er in Sachen Management aber ein ganz Großer sein. Air Berlin stellte ihn am Montag als Vorstandsvorsitzenden und Nachfolger von Hartmut Mehdorn vor.

Der 56-Jährige steht damit vor einer Aufgabe, die viele für fast unlösbar halten. Air Berlin ist zwar die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft und auch in Europa unter den zehn größten. Aber das Unternehmen schreibt seit fünf Jahren Verluste und durchlebt seit mindestens zwei Jahren äußerst brenzlige Zeiten.

Mehdorn war im Sommer 2011 nach dem Rücktritt von Air Berlin-Ikone Joachim Hunold eingesprungen und hat es vor allem durch Verkäufe geschafft, Air Berlin in der Luft zu halten. Mehdorn verkaufte einen Anteil von 29 Prozent an Etihad Airways (Abu Dhabi) und als es zuletzt in der nachfrageschwachen Wintersaison wieder eng zu werden drohte, übernahm Etihad auch noch die Mehrheit am Vielfliegerprogramm für eine Summe, die fast dem Börsenwert des gesamten Konzerns entspricht. Eine elegante Methode, weitere Kredite oder eine Kapitalerhöhung zu vermeiden.

Was Mehdorn, dem ehemaligen Airbus-Manager und Bahn-Chef fehlte, war die Expertise im Airline-Geschäft. Er sparte zwar und fand neue Geldquellen, aber er änderte nichts Grundsätzliches an der Strategie. Mit Prock-Schauer hat nun einer das Sagen, der seit Jahrzehnten für Fluggesellschaften arbeitet.

Bis 2003 war der neue Air Berlin-Chef bei Austrian Airlines, verließ die Airline aber frustriert in Richtung Indien, wo er unter dem charismatischen Selfmade-Milliardär Naresh Goyal Jet Airways aufbaute. 2009 holte ihn sein Freund Mayrhuber zurück nach Europa. Prock-Schauer sollte die defizitäre Lufthansa-Tochter BMI British Midland sanieren. Wie sich bald herausstellte, war der Versuch zum Scheitern verurteilt. Lufthansa gab auf und verkaufte BMI an British Airways.

Prock-Schauer hatte kurz zuvor einen gut dotierten Job bei Oman Air absagen müssen, weil Lufthansa ihn noch nicht gehen ließ. Nach dem BMI-Verkauf hatte sie nun keine Verwendung mehr für ihn. Air Berlin war hingegen schon länger auf der Suche nach einem erfahrenen Mann und hatte sich zuvor bei anderen weniger mutigen Kandidaten schon einige Abfuhren eingehandelt. Seit drei Monaten ist er nun in Berlin im Hintergrund für die Konzernstrategie zuständig. Nun muss er zeigen, was wirklich in ihm steckt.

© SZ vom 08.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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