AIG: Vergleich mit altem Chef:Hank ist zurück

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Die Skandalversicherung AIG versöhnt sich mit Ex-Chef Maurice (Hank) Greenberg. Das jetzige Management hatte gemerkt, dass der angestrengte Prozess nur zu verlieren war.

Nikolaus Piper, New York

Nach mehr als vier Jahren ist der Rechtsstreit zwischen der amerikanischen Versicherung AIG und ihrem früheren Chef Maurice Greenberg zu Ende. Am Abend vor Thanksgiving, dem höchsten Feiertag im Kalender der USA, teilte das Unternehmen in New York mit, man habe sich mit Greenberg darauf geeinigt, alle gegenseitigen Ansprüche fallen zu lassen.

AIG erklärte sich bereit, seinem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 150 Millionen Dollar zu erstatten. (Foto: Foto: AP)

AIG erklärt sich bereit, dem Ex-Vorstandsvorsitzenden Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 150 Millionen Dollar zu erstatten. Deren genaue Höhe soll ein ehemaliger Bundesrichter als Mediator noch ermitteln.

Mit der Versöhnung zum Erntedankfest kehrt auf einem der bizarrsten Nebenkriegsschauplätze der Finanzkrise Frieden ein. Die Kriegs-Metapher ist dabei durchaus angebracht, denn beide Seite bekämpften sich jahrelang ohne Rücksicht auf Verluste: Auf der einen Seite die Skandalversicherung AIG, das gefährlichste Unternehmen der Welt. AIG musste im September 2008 von der US-Regierung gerettet werden, weil ein Zusammenbruch wohl das Weltfinanzsystem zerstört hätte.

Charismatischer Egomane

Seither hat AIG 180 Milliarden Dollar an Staatshilfe verschlungen. Auf der anderen Seite der 84 Jahre alte Maurice Greenberg, den alle "Hank" nennen. Greenberg ist ein charismatischer Egomane, der AIG aus einer kleinen US-Auslandsversicherung in China zum zeitweise größten Versicherungskonzern der Welt aufbaute und 37 Jahre an dessen Spitze stand.

Greenberg gilt als genialer Manager, aber er traf auch eine für AIG fatale Entscheidung: 1997 baute er eine Abteilung für moderne Finanzprodukte auf; diese entwickelte sich in wenigen Jahren zu einem unkontrollierbaren Hedgefonds.

Der Rechtsstreit zwischen Greenberg und AIG begann aber schon vor Ausbruch der Krise, und zwar mit dem Rauswurf Greenbergs im März 2005. Zuvor hatte der damalige Generalstaatsanwalt von New York, Eliot Spitzer, Ermittlungen gegen AIG wegen des Verdachts auf Bilanzbetrug eingeleitet. Spitzer hatte herausgefunden, dass Greenberg Scheingeschäfte abschloss und so Umsätze vortäuschte. Greenberg selbst bestreitet das bis heute.

Streit um Perserteppich

Gehen musste er trotzdem. Der Ex-Chef klagte auf Herausgabe persönlicher Gegenstände, darunter ein Perserteppich, der den Eingang zum AIG-Vorstandszimmer geziert hatte. Umgekehrt verlangte AIG eine Milliarde Dollar, weil sich Greenberg angeblich Aktien angeeignet hatte, die ihm nicht gehörten. Schließlich verklagte Greenberg AIG auf Schadenersatz, weil seine Aktien durch den Beinahe-Zusammenbruch der Firma praktisch wertlos geworden waren.

Faktisch kommt die Einigung einer Kapitulation des jetzigen AIG-Managements gleich. Nachfolger Robert Benmosche muss früh gemerkt haben, dass er im Rechtsstreit nur verlieren konnte. Greenberg bekommt seinen Teppich zurück und darf das AIG-Archiv nutzen, um seine Memoiren zu schreiben. Hank Greenberg wird in den Nachrichten bleiben.

© SZ vom 27.11.2009/tjon - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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