Immobilien:Der Mann, der Adler wieder Vertrauen bringen soll

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Formte den Dax-Konzern Vonovia über Jahre als Finanzchef mit: Stefan Kirsten. (Foto: Sven Simon/imago)

Der Immobilienkonzern steht seit Monaten unter Druck, die Aktie ist immer weniger wert. Jetzt soll Immobilienmanager Stefan Kirsten als Verwaltungsratschef die Wende für den Großvermieter bringen.

Von Stephan Radomsky

Offenheit. Die will Stefan Kirsten gleich an Tag eins demonstrieren. Erst seit knapp drei Stunden ist er Mitglied und Chef des Verwaltungsrats beim schwer angeschlagenen Immobilienkonzern Adler, da lädt er am Mittwoch schon zur Telefonschalte. Kirsten, 61, will reden, erklären, was los ist und wie es weitergeht. Alles mit einem Ziel: Vertrauen schaffen.

Denn Misstrauen hatten sie bei Adler in den vergangenen Monaten schon genug. Seit dem Spätsommer kennt der Aktienkurs des S-Dax-Konzerns eigentlich nur eine Richtung: abwärts. Damals fing erst die Finanzaufsicht Bafin an, sich für das verschachtelte Unternehmen zu interessieren. Wenig später erschien dann noch ein vernichtender Report des berüchtigten Shortsellers Fraser Perring. Das Management habe, so sein Vorwurf, die Bilanz aufgebläht, außerdem sei im Schutz des unübersichtlichen Konzerngeflechts Geld aus übernommenen Firmen abgezogen worden. Bei Adler widersprach man heftig und ging auch juristisch gegen Perring vor. Teilweise sogar mit Erfolg.

Nur, es nützte wenig. Perring ist nicht irgendwer. Der Brite hatte unter anderem bereits Anfang 2016 schwere Vorwürfe gegen Wirecard erhoben. Nicht alles davon stimmte - wenn Perring Alarm schlägt, hören Anleger aber trotzdem zu. Auch bei Adler. Zwischenzeitlich hat die Aktie im vergangenen Jahr mehr als zwei Drittel an Wert verloren. Auch dass der Konzern an die 30 000 seiner zuvor rund 70 000 Wohnungen verkaufte und damit knapp 2,5 Milliarden Euro erlöste, half höchstens kurzzeitig. Zu tief sitzt offenbar das Misstrauen der Anleger, ob an den Vorwürfen vielleicht doch etwas dran ist.

Rund 40 000 Wohnungen hat der Immobilienkonzern Adler noch im Bestand, so wie hier in Berlin. Knapp 30 000 Einheiten hat er in den vergangenen Monaten verkauft. (Foto: Achille Abboud/imago images)

Adler sei "sicher ein sehr schwieriger Fall", sagt Kirsten nun am Mittwoch in der eilig einberufenen Telefonschalte. Das Unternehmen sei, gerade angesichts der heftigen Anwürfe, nicht gerade damit aufgefallen, "dass man besonders viel kommuniziert hätte". Auch deshalb habe Adler einen solch "tief greifenden Vertrauensverlust erlitten".

Den will Kirsten nun beheben. Neben der Auseinandersetzung mit den Vorwürfen Perrings und der Bafin-Prüfung, werde eine umfassende Kommunikation deshalb im Zentrum seiner Arbeit stehen. "Wenn wir etwas haben, dann werden wir darüber berichten." Das gelte auch für den Sonderbericht, den die Wirtschaftsprüfer von KPMG gerade verfassen. Dessen Ergebnisse würden "selbstverständlich" veröffentlicht - wie genau und wann, wisse er allerdings auch noch nicht. Der erste Termin mit den KPMG-Leuten sei später am Tag angesetzt.

Mit denen kann Kirsten direkt in die Details gehen, wie das große Geschäft mit Häusern und Wohnungen läuft, weiß er. 2011 stieg der gebürtige Berliner als Finanzvorstand bei der damaligen Deutschen Annington ein, baute den Immobilienkonzern um und übernahm den Rivalen Gagfah. Aus beiden formten er und der damalige Annington-Chef Rolf Buch Vonovia, den größten Vermieter in Europa. Buch wurde Chef, Kirsten Finanzvorstand - und Vonovia Dax-Mitglied. 2018 verließ Kirsten den Konzern, auf eigenen Wunsch, wie es offiziell hieß. Allerdings machten auch Berichte die Runde, Buch habe Kirsten hinausgedrängt. Er sei zu selbstbewusst geworden.

Das Selbstbewusstsein kann er im neuen Job brauchen. Und zumindest am ersten Tag wirkt es: Plus acht Prozent schafft die Adler-Aktie bis Mittwochnachmittag, auf deutlich über elf Euro. Kirsten dürfte es freuen, auch privat. Schließlich ist der neue Verwaltungsratschef selbst auch Aktionär: Etwa 50 000 Aktien besitze er, erzählt er. Ganz offen.

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