Adidas:Im freien Fall

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Keine Käufer, kaum Umsatz, kaum Gewinn: Wie hier in Berlin sind derzeit mehr als 70 Prozent der Adidas-Läden weltweit geschlossen. Der Konzern will stattdessen nun seinen Onlinehandel weiter ausbauen. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Der Gewinn des Sportartikel­herstellers fällt bis Ende März um 97 Prozent. Und Konzernchef Kasper Rorsted rechnet mit einer weiteren Verschärfung der Situation.

Von Caspar Busse, München

Im August 2016 hat Kasper Rorsted, 58, den Vorstandsvorsitz von Adidas übernommen, seitdem ging es praktisch nur bergauf. Der Umsatz des hinter Nike zweitgrößten Sportartikelanbieters der Welt stieg und stieg, der Gewinn auch, der Aktienkurs erreichte Rekorde, Rorsted selbst gehörte zu den beliebtesten Managern. Doch die Corona-Krise bereitete dem ein abruptes Ende. Plötzlich ist auch Adidas in der Krise, mit Rorsted als oberstem Krisenmanager.

Wie schlimm die Lage ist, zeigte sich am Montag, als der Däne die aktuellen Zahlen präsentierte. Der Umsatz ist um ein Fünftel eingebrochen. Der Gewinn ging sogar um 97 Prozent zurück und lag nur noch bei 20 Millionen Euro. Im zweiten Quartal erwartet Adidas noch heftigere Einbrüche, dann wird mit einem dreistelligen Millionenverlust gerechnet. "Mehr als 70 Prozent unserer Stores weltweit sind weiterhin geschlossen", sagte Rorsted. Derzeit seien nur Geschäfte in China und Korea offen, in Europa gebe es aktuell lediglich 20 Standorte, die Kunden empfangen. Dass sich die Lage schnell entspannen werde, davon geht Rorsted derzeit nicht aus.

Alle Einzelhändler leiden derzeit, auch große Ketten wie Hennes & Mauritz, auch Adidas-Konkurrenten wie Puma, Nike oder Under Amour. Adidas-Chef Rorsted war aber schon früh in die Kritik geraten, als der Konzern ankündigte, vorerst keine Mieten mehr für die Ladenlokale zu zahlen. Das sorgte für große Empörung und sogar für Boykott-Aufrufe im Internet. Rorsted entschuldige sich daraufhin öffentlich, Adidas zahlt nun die Mieten, im Gegensatz zu vielen anderen Einzelhandelsketten. Gleichzeitig gab Adidas bekannt, dass die Dividendenzahlung ausgesetzt wird und geplante Aktienrückkäufe gestoppt werden. Der Vorstand verzichtet auf einen Teil der Bezüge.

Der Konzern aus Herzogenaurach hatte sich dann einen Milliardenkredit besorgt, garantiert größtenteils über die staatseigene KfW. "Kein Zweifel, wir brauchten den Kredit", räumte Rorsted am Montag mit Blick auf die milliardenschweren Mittelabflüsse angesichts der Umsatzeinbrüche ein. Derzeit stünden Adidas nun Mittel in Höhe von 4,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Unternehmen habe zuvor vergeblich versucht, sich über eine Anleihe am Kapitalmarkt Geld zu verschaffen. Dies sei nicht machbar gewesen, so Rorsted, deshalb sei der staatlich garantierte Überbrückungskredit notwendig gewesen. Der 15 Monate laufende KfW-Kredit solle so schnell wie möglich abgelöst werden - "am besten, indem das Geschäft anzieht", sagte Rorsted. Wann das sein wird, kann der Vorstandschef derzeit aber auch nicht sagen. Eine Prognose wagte weder er noch sein Finanzvorstand Harm Ohlmeyer. Die ursprüngliche Planung hatte der Konzern wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bereits zurückgezogen. Die Adidas-Aktie gab am Montag etwa zwei Prozent auf 203 Euro ab. Kurz vor der Krise lag das Papier noch bei etwa 317 Euro. Analysten hatten damit gerechnet, dass Adidas in den ersten drei Monaten etwas glimpflicher davonkommen werde. Sie hatten "nur" einen operativen Gewinnrückgang um 80 Prozent erwartet.

Rorsted zeigte sich trotzdem überzeugt, dass kurz- und mittelfristig der Trend zu mehr Sport und zu mehr sportlichem Outfit intakt bleibe. Deshalb werde es auch künftig Nachfrage nach Sportbekleidung, -ausrüstung und -schuhen geben, gerade wenn die Leute wieder raus könnten, würden Adidas-Produkte wieder gefragt sein. Es wird aber erwartet, dass nach einem Abflauen der Krise die Lager erst einmal voll mit Ware sind und die Preise unter Druck kommen. Entlassungen seien bei den 60 000 Mitarbeitern derzeit nicht geplant.

Zudem soll der Onlinehandel weiter unterstützt werden. Allein im März legten die Bestellungen über das Internet direkt bei Adidas um 55 Prozent zu, dazu kommen die Onlineaktivitäten der Adidas-Partner im Einzelhandel. Adidas-Kunden haben seit Ausbruch der Pandemie vermehrt Artikel bestellt, die entweder zum Sporttreiben zu Hause geeignet sind wie Yogamatten oder bequem sind, wie die Adilette. Der Badeschuh-Klassiker habe dreistellige Zuwachsraten erfahren. 2019 hatte Adidas einen direkten Online-Umsatz von drei Milliarden Euro gemacht. Die gesamten Erlöse von Adidas lagen 2019 bei 23,6 Milliarden Euro.

© SZ vom 28.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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