5G:Es funkt

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Die Mobilfunkfrequenzen sind versteigert - für mehr Geld als erwartet. Wohin fließt das jetzt? Und wie geht es mit dem Netzausbau weiter? Das Wichtigste zum Ergebnis der 5G-Auktion.

Von Valentin Dornis und Veronika Wulf

Neue Technik: Arbeiter installieren in Bern eine Antenne für das 5G-Funknetz. (Foto: Peter Klaunzer/dpa)

Die längste deutsche Mobilfunkauktion ist beendet. Mehr als zwölf Wochen und knapp 500 Runden hat es gebraucht, bis die Bundesnetzagentur die begehrten Frequenzen für das superschnelle Internet vergeben hat.

Wie sieht das Ergebnis aus?

Die vier teilnehmenden Netzbetreiber haben insgesamt knapp 6,6 Milliarden Euro für die Mobilfunkfrequenzen gezahlt. Die wurden in 41 Frequenzblöcken versteigert. Davon bekam die Deutsche Telekom die meisten ab: Der frühere Staatsmonopolist ergatterte 13 Blöcke und zahlte dafür mit 2,17 Milliarden Euro auch den höchsten Preis. Zwölf Blöcke für 1,88 Milliarden Euro gingen an Vodafone, Telefónica (O2) bekam neun Blöcke für 1,42 Milliarden Euro. Die restlichen sieben Blöcke sicherte sich Drillisch (1&1) für 1,07 Milliarden Euro, der Neuling neben den etablierten Betreibern. Die Tochtergesellschaft des rheinland-pfälzischen Konzerns United Internet verfügt bisher über kein eigenes Netz, sondern nutzt die Antennen der Konkurrenz.

Was bedeutet der Einstieg von Drillisch für Markt und Verbraucher?

Experten gehen davon aus, dass durch den vierten Anbieter Drillisch ein Preiskampf auf dem Mobilfunkmarkt entsteht. Dadurch würden zwar die Mobilfunkunternehmen möglicherweise weniger Gewinn machen. Andererseits könnten die Verbraucher davon profitieren: Der Konkurrenzkampf könne dazu führen, dass etwa Handyverträge billiger angeboten werden als bisher, sagte VWL-Professor Vitali Gretschko von der Denkfabrik ZEW. Das sieht Jens-Uwe Theumer vom Preisvergleichsportal Verivox ähnlich: Drillisch habe "alle Möglichkeiten, dem deutschen Mobilfunkmarkt mit modernen, kundenorientierten Preismodellen neue Impulse zu geben".

Warum wurden die Lizenzen versteigert?

Der Staat hofft, mit einer Versteigerung die Lizenzen möglichst effizient zu vergeben. Theoretisch bieten die Unternehmen nur für die Blöcke, die sie haben wollen. Und sie bieten maximal so viel, wie ihnen diese Lizenzen wert sind. Eine staatliche Auktion kann man sich allerdings nicht wie bei Ebay vorstellen, sie ist viel komplexer und muss gut geplant werden. Man spricht auch vom "Auktionsdesign", in dem sehr viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Das fängt bei den Zielen an: Nicht immer ist der höchste Erlös das beste Ergebnis. Es kann sinnvoller sein, andere Ziele zu definieren. Zum Beispiel für möglichst alle Frequenzblöcke einen Bieter zu finden oder die Teilnehmer zu einem flächendeckenden Netzausbau zu verpflichten. Das drückt zwar den Preis, weil es für die Firmen mehr Aufwand bedeutet. Aber wenn es gut läuft, profitieren die Bürger trotzdem davon.

Wofür braucht man 5G überhaupt?

Der 5G-Funk ist um ein Vielfaches schneller als bisherige Mobilfunkstandards. Das kann man sich gut anhand eines Hollywoodfilms vorstellen: In guter Qualität kann er innerhalb von einer Sekunde heruntergeladen werden. Deshalb hofft vor allem die Industrie, von 5G zu profitieren, zum Beispiel beim autonomen Fahren oder bei vernetzten Fabriken. Die Frequenzbänder können außerdem virtuell aufgeteilt werden, sodass verschiedene Anforderungen gleichzeitig erfüllt werden können: hier möglichst viele Daten in Echtzeit austauschen, dort ein paar nicht so zeitkritische und datenintensive Informationen verschicken. Normale Handynutzer werden 5G wahrscheinlich erst in fünf Jahren richtig nutzen können, allerdings dürften sie die enorme Geschwindigkeit im Alltag auch selten benötigen.

Was macht die Regierung mit den Einnahmen?

Die knapp 6,6 Milliarden Euro werden nicht in den Bundeshaushalt fließen. Das betonte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach der Versteigerung noch einmal. Das Geld werde, wie in der großen Koalition vereinbart, für die digitale Infrastruktur verwendet. Mit 70 Prozent des Erlöses soll der Festnetz-Breitbandausbau gefördert werden, damit auch dünn besiedelte Regionen besser versorgt sind. Mit den restlichen 30 Prozent sollen schnelleres Internet und neue Technik an Schulen bezahlt werden.

Wie sehen jetzt die nächsten Schritte aus?

Die Netzwerkbetreiber müssen nun einige Auflagen erfüllen, die ihnen die Bundesnetzagentur auferlegt hat. Bis Ende des Jahres 2022 sollen sie mindestens 98 Prozent der Haushalte in allen Bundesländern mit mobilem Internet mit wenigstens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) ausstatten. Auch alle Autobahnen sollen über mindestens 100 Mbit/s verfügen, die Verzögerung beim Zugriff darf höchstens zehn Millisekunden betragen. Die gleiche Datengeschwindigkeit soll an Bahngleisen mit mehr als 2000 Fahrgästen pro Tag gewährleistet sein. Zudem sollen insgesamt 1500 Basisstationen gebaut werden. Davon 500 mit dem Ziel, schlecht versorgte Gebiete zu erschließen, wobei dort auch der 4G-Standard ausreicht. "Es liegt nun in der Hand der Unternehmen, die Frequenzen zügig zu nutzen und die damit verknüpften Versorgungsauflagen zu erfüllen", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann.

Warum beschweren sich nun die Mobilfunkbetreiber?

Schon vor und auch während der Auktion gab es Beschwerden über die hohen Auflagen, diverse Unternehmen zogen sogar dagegen vor Gericht - bisher erfolglos. Nach dem Ende der Versteigerung beklagen manche Netzbetreiber nun, dass ihnen das gezahlte Geld anderswo fehle. "Das Ergebnis hätte wesentlich günstiger ausfallen können", so Dirk Wössner, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom. "Das Geld fehlt den Netzbetreibern jetzt für den Netzausbau." Mit dem Auktionserlös hätte man etwa 50 000 neue Mobilfunk-Standorte bauen und Funklöcher schließen können. Vodafone Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter sprach mit Blick auf das Auktionsergebnis sogar von "riesigen Schäden für Digital-Deutschland". Auch Politiker sehen den Preis kritisch, etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer. Er betonte: "Das führt zu einem langsameren Ausbau des Mobilfunkes." Mit dem Geld sollte der Bund nun ein Förderprogramm für den Mobilfunkausbau im ländlichen Raum auflegen, "sonst bleibt Deutschland eine Funkloch-Nation", forderte der Grüne.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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