Nahaufnahme:Läuft und läuft

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"Wir müssen aufpassen, dass uns der Konzern nicht zerstört." Florian Gschwandtner. (Foto: dpa)

Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner hat noch große Pläne. Die App könnte bald melden, wann neue Schuhe fällig sind - natürlich welche von Adidas.

Von Caspar Busse

Zwei seiner Freunde waren Segler und hatten Boote auf dem Neusiedler See südlich von Wien, die beiden studierten zusammen mit Florian Gschwandtner Informatik an der Fachhochschule Linz. Per GPS verfolgten sie damals genau die Routen ihrer Segeltörns auf dem See und analysierten sie danach. Zurück in Linz wurde daraus eine Geschäftsidee: Kann dieses Verfahren nicht auch für den Freizeitsport genutzt werden? Gschwandtner gründete mit den Freunden im Jahr 2009 die Firma Runtastic und suchte erst mal Geld, ohne Erfolg. Deshalb schrieben die Studenten zunächst kleine Programme und Apps für österreichische Telekomfirmen, mit dem Erlös finanzierten sie ihre Firma. Schon nach 18 Monaten gab es Gewinne.

"Ich habe das Wort Start-up damals gar nicht gekannt", sagt Gschwandtner, 33, heute. Sie hätten einfach gemacht, und es wurde ein Erfolg: Die Lauf- und Fitness-App Runtastic, die sportliche Aktivitäten aufzeichnet und analysiert und die es inzwischen in 17 Sprachen gibt, wurde bis heute weltweit 180 Millionen Mal heruntergeladen. Bis zu 150 000 Downloads werden derzeit am Tag registriert. Rund 80 Millionen Nutzer haben sich bereits bei Runtastic registrieren lassen, vor allem in Westeuropa, in den USA und in China. Finanziert wird das alles vor allem durch Werbung.

Gschwandtner ist noch immer ganz begeistert, wenn er seine Geschichte erzählt. Er redet schnell und man hört, dass er aus Österreich kommt. Er wirkt sportlich, trägt ausgewaschene Jeans mit Löchern und ist schnell beim Du. Und er ist erfolgreich. Vor knapp einem Jahr haben er und seine Partner die Firma an den Sportartikelkonzern Adidas verkauft, die Nummer zwei hinter Nike. 220 Millionen Euro zahlten die Franken, es war die größte Übernahme seit dem Kauf der US-Marke Reebok.

Dabei war der Konzern aus Herzogenaurach nicht der einzige Interessent, es habe mehrere Angebote gegeben, erzählt Gschwandtner. Aber die Deutschen hätten Freiheiten garantiert, und Herzogenaurach ist nicht so weit von Linz entfernt. Zuvor lagen 50 Prozent an Runtastic bei Axel Springer, der Verlag war 2013 eingestiegen und hatte den Österreichern viele Türen geöffnet und beim Weiterverkauf einen ansehnlichen Gewinn erzielt.

Gschwandtner jedenfalls ist und bleibt Chef der Firma, wie er betont. Er und seine rund 170 Mitarbeiter am Firmensitz in Linz - aus insgesamt 32 Ländern, wie er stolz berichtet - wollen auch künftig relativ unabhängig von Adidas arbeiten. "Wir müssen aufpassen, dass uns der Konzern nicht zerstört", sagt Gschwandtner. Das sei gerade angesichts der schnellen digitalen Entwicklung wichtig. Denn Runtastic muss sich gegen Wettbewerber behaupten, auch gegen neue Produkte wie die Apple-Watch, die Apps wie Runtastic vielleicht irgendwann ersetzen könnte.

Adidas hegt große Hoffnungen und will mit Runtastic die Digitalisierung voranbringen. "Ich bin sehr beeindruckt von der Motivation des Teams", sagte Adidas-Chef Herbert Hainer, 61, zuletzt. Von Gschwandtner selbst ist er ebenfalls angetan. "Er hat bisher alle Erwartungen erfüllt", so Hainer. Demnächst wird Bilanz des ersten Jahres gezogen, dann soll es neue Projekte geben zwischen Adidas und Runtastic. Zum Beispiel könnte die App Sportler auf den nötigen Kauf neuer Laufschuhe hinweisen, natürlich von Adidas. In Planung ist ein Shoe-tracking und weitere neue Angebote, etwa aus dem Bereich Ernährung. Auch die Kundendaten sind für Adidas für eine digitale Konsumentenansprache interessant. Die Marke Runtastic soll aber auf jeden Fall erhalten bleiben.

Gschwandtner hat viele Ideen. Das Geld, das ihm der Verkauf gebracht hat, will er übrigens in Start-up-Unternehmen in Österreich stecken.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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