Flugverkehr:Ein bisschen Luxus

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Ausgerechnet die schwer angeschlagene Air Berlin und ihr Billigableger Niki bieten auf ihren Flügen in Europa nun eine Business Class an - mit Willkommensgetränk. Für die Economy-Gäste heißt es dagegen bei der Verpflegung künftig: bitte zahlen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Gewinnwarnungen der großen europäischen Fluggesellschaften sind erst ein paar Tage alt: Lufthansa, IAG, die Muttergesellschaft von British Airways, Air France-KLM - sie alle beklagen, dass die Buchungen vor allem im lukrativen Transatlantikgeschäft wegbrechen, dass es massive Überkapazitäten gibt, die allen das Geschäft und die Preise verhageln. Und im Europaverkehr ist die Nachfrage so schwach, dass der Billigflieger Easyjet selbst in der Hochsaison mit Rabattaktionen Kunden locken muss. Höchste Zeit also, Kapazitäten herauszunehmen und zu sparen, wo es nur geht. Nur für die finanziell schwer angeschlagene Air Berlin gilt das offenbar nicht: Erst vor wenigen Tagen kündigte das Unternehmen an, das Angebot auf den Nordatlantikstrecken um fast 50 Prozent auszuweiten. Und kaum hat die Konkurrenz die Nachricht verdaut, kündigte die Fluggesellschaft die nächste Neuigkeit an: Sie wird auf innereuropäischen Strecken eine Business Class einführen.

"Wir befinden uns am Anfang eines tief greifenden Wandlungsprozesses, an dessen Ende eine neue, erstarkte Air Berlin stehen wird", sagt Vorstandschef Stefan Pichler. Die Fluggesellschaft werde so "klar im Premium-Segment der europäischen Airlines" positioniert. Der Mittelsitz bleibt frei, es gibt ein "Willkommensgetränk" und Essen nach Wahl. In der Economy müssen die Gäste hingegen künftig für Getränke und Snacks zahlen.

Was Pichler da anpeilt, ist das Gegenteil des Programms, mit dem er vor gut einem Jahr bei Air Berlin angetreten ist. Damals betonte er in Interviews, vor allem der Ferienflugverkehr stehe für ihn im Vordergrund. Mittlerweile ist aber offenbar auch Pichler klar geworden, dass er nichts gegen die Interessen das größten Anteilseigners Etihad Airways (29,2 Prozent) ausrichten kann. Und so folgt er nun dessen Vorgaben. Etihad will in Europa Zubringer, die sich mit ihrem Streckennetz und der Produktstrategie an den (Premium-) Bedürfnissen der Golf-Airline orientieren. Im Gegenzug hält diese die tief defizitäre Air Berlin mit direkten und indirekten finanziellen Hilfen über Wasser. Wenig Interesse hat Etihad deshalb am Touristikgeschäft von Air Berlin mit den Mallorca-Flügen, obwohl das noch Geld abwirft. Es soll wohl verkauft werden. Der Rest könnte zusammen mit Alitalia in einem europäischen Etihad-Verbund landen, so heißt es in Branchenkreisen. Dem Vernehmen nach laufen Verhandlungen mit Lufthansa, die die Ferienstrecken bei ihrem Billigableger Eurowings integrieren will. Schließlich hat selbst der traditionell eher langsame Rivale erkannt, wo es noch Wachstum zu holen gibt: bei den Privatreisen und damit in der Economy Class.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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