3-D-Druck:Wie der 3-D-Druck die Welt verbessern soll

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Bauteile aus einem 3-D-Drucker: Immer mehr Konzerne machen sich die Vorteile der neuen Technologie zunutze. (Foto: Catherina Hess)
  • Immer mehr Branchen machen sich die Vorteile des 3-D-Drucks zunutze, beispielsweise die Automobilindustrie oder die Medizintechnik.
  • Am meisten profitiert momentan die Luftfahrt von der neuen Technologie - sie könnte durch diese auf lange Sicht sogar umweltfreundlicher werden.

Von Sebastian Jannasch

Es sieht aus wie in einer Backstube. In den ofengroßen Kästen knistert und brummt es, hinter dem Sichtschlitz blitzt es gleißend gelb auf. Wie Plätzchen werden in den Maschinen Konturen aus einem Pulver geformt. Doch im Münchner Forschungszentrum von BMW werden keine Leckereien hergestellt, sondern Bauteile fürs Auto: Halterungen für Warnblinker und Parkbremsen ebenso wie Motorbestandteile werden in dieser Anlage nicht wie üblich gegossen, gestanzt oder gefräst, sondern Schicht für Schicht gedruckt.

Schon seit Jahren forscht der Konzern daran, wie sich ein digitales 3-D-Modell innerhalb von Stunden in fertige Autoteile umwandeln lässt. Inzwischen hat die 3-D-Technologie die Serienreife für kleinere Stückzahlen erreicht: Seit 2012 sind mehr als 10 000 gedruckte Bauteile in Rolls-Royce-Fahrzeugen verbaut worden. Aber nicht nur Autohersteller, vor allem Luftfahrtingenieure und Medizintechniker setzten inzwischen standardmäßig auf Produkte aus dem Drucker. Nun befindet sich die Technologie an der Schwelle, die gesamte industrielle Massenfertigung umzukrempeln.

Die Luftfahrt profitiert am meisten von der 3-D-Druck-Technologie

3-D-Drucker galten lange als Spielerei, mit der sich Hobbytüftler zu Hause Ersatzknöpfe für den Herd oder Blumentöpfe basteln können. Zu aufwendig, zu langsam, zu teuer erschien es, industrielle Bauteile per Drucker formen zu lassen. Doch neue Maschinen und Druckverfahren machen den 3-D-Druck attraktiv für die Industrie: In der Automobilindustrie kommt der 3-D-Drucker bisher vor allem bei der Entwicklung neuer Modelle zum Einsatz. Prototypen neuer Designs können in kürzester Zeit ausgedruckt und anschließend im Fahrzeug getestet werden, ohne dass teure Werkzeuge benötigt werden. 2010 setzte BMW den 3-D-Druck erstmals bei einer Kleinserie ein: Aus Aluminium gedruckte Wasserpumpenräder rasen seitdem in DTM-Motorsportwagen über Rennstrecken.

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In Zukunft sollen noch mehr Bauteile aus dem Drucker kommen, auch bei den Breiten-Modellen. "Bereits jetzt nutzen wir die Technik in der Serienfertigung einiger Modelle. Das ist aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zum Einsatz in der Großserie", sagt Udo Hänle, zuständig für die Produktionsstrategie bei BMW.

Bei Daimler werden in Zukunft Ersatzteile für Lkw additiv gefertigt, wie Experten den professionellen 3-D-Druck nennen. Audi nutzt 3-D-Drucker bereits, um Werkzeuge für die Produktion herzustellen. Mittelfristig sei es denkbar, serienmäßig Alu-Karosserieteile zu drucken. Auch in der Medizintechnik ist der Druck längst etabliert. Inzwischen gibt es kaum noch einen Hersteller von Hörgeräten oder Zahnkronen, der nicht darauf setzt.

Am meisten profitiert derzeit aber die Luftfahrt von der Drucktechnik. Im Flugzeugbau macht man sich den Hauptvorteil der 3-D-Technologie zunutze: Durch den scheibchenweisen Aufbau lassen sich Formen kreieren, die mit herkömmlichen Fräs- und Gusstechniken nicht möglich wären. Geometrisch komplexe, der Natur nachempfunden Wabenstrukturen können entstehen, die etwa Hohlräume oder gebogene Kanäle für eine bessere Kühlung enthalten. So werden Bauteile leichter. "In der Luftfahrt zählt jedes Gramm", sagt Peter Sander, verantwortlich für Zukunftstechnologie bei Airbus. Durch die Herstellung im Drucker könne ein Drittel bis die Hälfte des Gewichts einzelner Teile reduziert werden.

Würde man das Gewicht aller Flugzeuge, die bis 2034 weltweit ausgeliefert werden, jeweils um nur ein einziges Kilo reduzieren, brächte das laut Airbus in dem Zeitraum Einsparungen von 46 000 Tonnen Kerosin und 119 000 Tonnen CO₂. Außerdem fällt beim 3-D-Druck fast kein Abfall an: Ein Bauteil wird nicht aus Rohlingen herausgearbeitet, sondern Material nur dort platziert, wo man es braucht. In einer Studie warnt das Freiburger Öko-Institut zwar davor, dass die derzeit geringe Auswahl an Materialien, die mit 3-D-Druckern kompatibel sind, deren Nachfrage erheblich steigern könnte, teilt aber die Sicht, dass durch Leichtbau, weniger Lagerung und kürzere Transportwege die Umwelt profitieren kann.

In einigen Airbus-Modellen werden bereits serienmäßig gedruckte Luftdüsen, Abdeckklappen und Kerosinrohre aus Titan eingesetzt. In Zukunft will Airbus weltweit an Wartungsstandorten 3-D-Drucker stationieren, um kaputte Teile schnell ersetzen zu können. Für alle Branchen gilt, dass die gedruckten Bauteile die gleichen Anforderungen an Stabilität und Zuverlässigkeit erfüllen müssen wie herkömmliche Bestandteile.

Einspritzdüse von GE zeigt das Potenzial der Technologie auf

Beim amerikanischen Konzern General Electric (GE) ist dank 3-D-Technologie Goldgräberstimmung ausgebrochen: Mit additiver Fertigung gelang es dem Unternehmen, eine Einspritzdüse für Flugzeugtriebwerke zu formen, die bisher aus 20 Einzelteilen zusammengesetzt wurde. Die gedruckte Düse ist leichter, robuster und hilft durch ihre optimierte Struktur, Treibstoff zu sparen. Pro Flugzeug und Jahr soll das Airlines Einsparungen von 1,6 Millionen Dollar einbringen. Nun stauen sich bei GE milliardenschwere Bestellungen, sagt Güngör Kara von der Firma EOS. Das Unternehmen aus dem Münchner Umland ist einer der weltweit führenden Hersteller von 3-D-Druckern. Die Einspritzdüse hat GE mit EOS-Geräten entwickelt.

Für EOS-Manager Kara ist die Einspritzdüse ein Paradebeispiel für künftige Anwendungen des 3-D-Drucks. Viele Unternehmen wollten mit der Technologie vor allem Kostensenken senken. Der wahre Mehrwert liege aber darin, komplexe Produkte herzustellen, die bisherige Teile und Funktionen vereinen und so die Effizienz erhöhen. EOS ist nach eigener Aussage mit fast allen Dax-Unternehmen in Gesprächen.

Denn die deutsche Industrie hat das Potenzial der 3-D-Technologie erkannt: In den kommenden fünf Jahren will laut einer Umfrage der Beratung EY ein Viertel der Firmen aus relevanten Branchen wie der Auto-, Luftfahrt- und Maschinenbauindustrie, Endprodukte per Drucker herstellen. Noch ist der Markt klein: Nur etwa eine Milliarde Euro setzen deutsche Unternehmen mit gedruckten Produkten um. Das wird sich ändern, glaubt Bernhard Langefeld, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. "Die Vielzahl an Innovationen sowie die große Marktnachfrage lassen in den kommenden Jahren Wachstumsraten von 30 Prozent und mehr erwarten."

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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