WM der Floristen in Berlin:Hysterie um Blumen

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"Something Powerful": Die finnische Blumenbinderin Pirjo Koppi landete auf der Berliner Floristen-WM auf dem dritten Platz. (Foto: Alex Heinl/dpa)

Die Weltmeisterschaft der Floristen ist nach Jahrzehnten wieder in Deutschland. Entsprechend groß ist die Hysterie. Doch nur wer 100 Prozent persönlich ist, der fällt hier auf.

Von Friederike Zoe Grasshoff, Berlin

Für was die Blume nicht alles herhalten muss: Am Valentinstag wird sie millionenfach in Plastik eingewickelt und soll dann noch gut aussehen, unter Paaren ist sie Medium großer Gefühle oder noch größerer Verzweiflung und auf dem Friedhof hat sie die undankbare Aufgabe, zwischen schwarzen Anzügen das Leben zu bejahen. Welch gute oder schlechte Botschaft sie auch immer überbringen muss; auf der Blume lasten hohe Erwartungen.

Treffen dann auch noch 26 Floristen, 150 akkreditierte Journalisten und Hunderte Fans aufeinander, um auf der Weltmeisterschaft der Floristen das Allerallerbeste aus der Blume herauszuholen, so steigert sich Erwartung in Hysterie.

In der Arena am Spreeufer schwenken Frauen mit Blumenkränzen im Haar kleine Papier-Flaggen, Männer postieren sich mit Spiegelreflexkameras vor den Werkstätten der Floristen. Zwei Moderatoren schreiten mit Headsets durch die Reihen und zählen Countdowns herunter, der DJ legt Elektro auf. Und die Fans? Hängen vor den Absperrungen aus weiß-rotem Plastikband, jeder Dritte ein iPad vorm Gesicht. WM in Deutschland.

WM nach 33 Jahren wieder in Deutschland

Diese spezielle WM, die Meisterschaft der Blumenkünstler, wurde allerdings seit 33 Jahren nicht mehr in Deutschland ausgetragen, gibt es in der hiesigen Branche ja auch nicht unbedingt Anlass zum Feiern: wenig Geld, viel Arbeit, kaum Nachwuchs. Sei's drum: Von Donnerstag bis Samstag haben Floristen aus 26 Ländern um den Weltmeistertitel gekämpft.

Unter Zeitdruck mussten die Teilnehmer drei Objekte erschaffen, die Vorbereitungen liefen über Monate: "100 Prozent organisch", "100 Prozent handgebunden", "100 Prozent persönlich". Und da ein wenig Spontaneität auf so einem Wettbewerb nicht fehlen darf, setzte der Veranstalter auch eine Überraschungs-Einheit aufs Programm: Aus nichts als einem Metallgestell, Reagenzgläsern, Steckschaum, Draht und Nelken sollte ein kleines Kunstwerk entstehen - in anderthalb Stunden. Der Kampf um die Blumen ist ein harter Kampf.

Der deutsche Teilnehmer an der Floristen-WM, Jürgen Herold. (Foto: dpa)

"Something Powerful"

Besuch am Stand der finnischen Teilnehmerin Pirjo Koppi, hier lässt sich besonders gut beobachten, wie sich Überraschung und "100 Prozent persönlich" zueinander verhalten. Ihr Stand ist gefragt, kein Wunder. Die Frau ist ein einziges Arrangement: pinkes Hemd, pinke Blümchen-Haarspangen, rosa Lidschatten. In Socken steht sie auf dem kleinen Podest und steckt Nelken in ein um 45 Grad verbogenes Metallgestell.

Ob das eine Kanone mit Friedensblumen sei, passend zum Wettbewerbsmotto Freiheit? "No, no", sagt Koppi, Schweiß auf der Stirn. Was denn dann? "Something powerful." Und was hat es mit diesem anderen Objekt auf sich, dieser riesigen pinken Kugel? Na ja, das sei eben ein Ei - und 100 Prozent persönlich. Am Ende landet Finnland mit Koppi auf einem herausragenden dritten Platz. Nach Südkorea und Großbritannien.

Es geht um die irrste Konstruktion

Wer 100 Prozent persönlich ist, der fällt auf. Im französischen Atelier steht ein riesiger, mit Speiselinsen bedeckter Holzpilz, die Floristin aus Malaysia hat ein Dickicht aus Duschschläuchen eingeschifft und der deutsche Teilnehmer Jürgen Herold erzählt im hart erkämpften Fünf-Minuten-Interview, dass er in diese WM zehn- bis elftausend Euro "reingebuttert" habe. Auf dieser Weltmeisterschaft geht es nicht nur um ein paar Blüten oder Sträuße. Es geht um die irrste Konstruktion, die beste Show, das größte Ei. Wie gesagt: Für was die Blume nicht so alles herhalten muss.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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