Werbekampagne mit schwulem Paar:Fortschritt bei Tiffany

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In der neuen Tiffany-Werbung dürfen sich zwei Männer verloben. (Foto: Quelle: Tiffany & Co.)
  • Der Juwelier Tiffany & Co. aus New York steht seit 178 Jahren für Traditionen und Werte.
  • Die neue Verlobungsring-Kampagne gibt sich jedoch ungewöhnlich modern: Ein Motiv zeigt ein homosexuelles Paar.

Von Jana Stegemann

Was es mit der Anziehungskraft der türkisfarbenen Schachtel auf sich hat? Seit mehr als 130 Jahren werden darin hochkarätige Verlobungsringe verschenkt. Mittlerweile gibt es in den gepolsterten Schachteln des Juweliers Tiffany & Co. zwar auch schnöden Silberschmuck (vor allem in Herz- und Schlüsselform) zu erwerben, doch das hat ihrer Popularität und Beliebtheit unter Frauen aller Altersklassen nichts anhaben können. Der Verkauf von Verlobungsringen macht in Japan beispielsweise mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes von Tiffany aus, in Europa etwa ein Viertel.

In den edlen Schwarz-weiß-Kampagnen des US-Schmuckhändlers aus New York, der seit 1837 für traditionelle Werte steht, war jahrzehntelang fast immer das gleiche zu sehen: eine lachende Frau, unverschämt gutaussehend, das Glück ins Gesicht gemalt. Ein attraktiver Mann, wahnsinnig vor Liebe - und ein Ring. Außerdem ein herzerwärmender Spruch, drumherum wahlweise Schneeflocken, Regen, eine Dachterrrasse, Kaminfeuer, Laub, Candle-Light-Dinner, ein Oldtimer ...

Die Szenarien der neuen "Will you?"-Werbekampagne, die der berühmte Fotograf Peter Lindbergh verantwortet hat, sind ähnlich - und brechen trotzdem das Rollenklischee aller bisherigen Kampagnen auf: Tiffany & Co. wirbt mit einem gleichgeschlechtlichen Paar. Die beiden Männer, die vertraut auf einer Treppe eines typischen New Yorker Hauseinganges sitzen, sollen nach Angaben einer Firmensprecherin auch im wahren Leben ein Paar sein. Neben dem Motiv prangt der Spruch: "Will you promise to never stop completing my sentences or singing off-key, which I'm afraid you do often? And will you let today be the first sentence of one long story that never, ever ends?" ("Versprichst du, nie aufzuhören meine Sätze zu vervollständigen oder schräg zu singen, was du leider häufig tust. Und wirst du zulassen, dass heute der erste Satz einer langen, langen Geschichte geschrieben wird, die nie endet?")

Miley Cyrus kommentiert auf Instagram

Es sei das erste Mal, dass Tiffany & Co. mit einem homosexuellen Pärchen werbe, sagte die Pressesprecherin einem CNN-Bericht zufolge. Mit der Fotostrecke wolle man zeigen, dass Liebe in einer Vielzahl von Formen möglich sei. Ein anderes Motiv der Kampagne ist ebenfalls ungewöhnlich und eine Anspielung auf ein Lebensmodell, das dem konservativ-kirchlichen Ideal entgegensteht: Es zeigt ein Paar am Tag seiner Hochzeit - inklusive des gemeinsamen Kindes. Vor allem in streng christlich geprägten Teilen der USA noch immer ein Aufreger.

Die Tiffany & Co.-Kampagne stößt auf große Zustimmung - auch bei Prominenten. So veröffentlichte Sängerin Miley Cyrus das Bild der Kampagne auf ihrer Instagram-Seite und lobte: "Danke Tiffany & Co., dass ihr so super cool seid. Geil!"

Mit seiner Kampagne ist der Juwelier im Vergleich zu vielen Bekleidungsunternehmen jedoch bereits etwas spät dran. 2011 zeigte das Label J.Crew einen seiner Designer nebst Partner im Katalog. Gap, Target und Banana Republic warben im Jahr darauf mit homosexuellen Paaren und das Traditionskaufhaus Barney's New York wirbt in seiner aktuellen Werbekampagne mit 17 Transgendern.

Käufer für Silberschmuck gesucht

Wie und was genau das altehrwürdige Traditionshaus zu dem ungewöhnlich modernen Schritt bewogen hat, lässt die Pressesprecherin offen. Fest steht jedenfalls, dass der Markt für Luxusschmuck nach wie vor stabil ist, Tiffany & Co. aber in den vergangenen Jahren deutlich weniger Silberschmuck - ein wichtiges Geschäftsfeld der Marke - verkaufen konnte.

Das hat vor allem mit einer alten Strategieentscheidung zu tun. Um die Jahrtausendwende störte es Vorstandschef Michael Kowalski, dass der Silberschmuck des Hauses bei Teenagern sehr beliebt war. Er sah das exklusive Image des Unternehmens in Gefahr. Also wurden auf Anweisung des Chefs die Preise kräftig angehoben. Heute, zehn Jahre später, fehlen Tiffany & Co. Kunden, die den hochwertigen Modeschmuck, der so gut wie nie rabattiert wird, kaufen.

Da kommt die mutmaßlich kaufkräftige Zielgruppe der homosexuellen Paare wohl gerade recht. Aussagekräftige Marktstudien über die tatsächliche Kaufkraft schwuler Paare liegen zwar noch nicht vor, trotzdem vermuten Branchenkenner ein hohes Konsumpotenzial.

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