Es dauert nie lang, bis die nächste Kränkung um die Ecke biegt und einem die Luft aus dem Ego lässt. Eine kurze Weile hatte sich das Gefühl aufgebaut, besonders zu sein, etwas Besonderes zu besitzen: ein Lastenfahrrad.
Vor ein paar Jahren war das. Kind Nummer eins saß angeschnallt in der Transportkiste zwischen Vorderrad und Lenker, dahinter der Vater an den Pedalen. Touristen fotografierten das Gespann. Das Kind strahlte, der Vater radelte in Richtung Kita oder Supermarkt, und die Blicke nährten seinen Stolz.
Das Lastenrad bahnte Kontakte an: "Haben Sie das selbst gebaut", lautete eine häufige Frage. "Nein, das ist von einem Hersteller aus Holland, das kann man kaufen", war eine Antwort, auf die dann eine Ausführung über die Vorteile dieses speziellen Fahrrads folgte.
"Ich ersetze ein Auto"
Erlebnisse wie diese nährten die Illusion, einer von wenigen zu sein, einer urbanen Mobilitätselite anzugehören. Es machte ja nicht nur Spaß, mit dem Lastenrad durch die Stadt zu rollen, sondern es drängten sich auch reihenweise Gründe auf, weshalb es richtig und wichtig war, den Alltag damit zu bestreiten; alles Argumente aus der Weltrettungs-Kategorie, als sei man so etwas wie eine Art Asphalt-Vegetarier.
Umweltfreundlich. Platzsparend. Leise. Klimaschonend. Die Zukunft der Mobilität. Auf manchen Modellen steht es sogar auf die Seiten der Transportbox gedruckt: "Ich ersetze ein Auto."
Dann die Kränkung: Auf den Radwegen rollten andere Lastenräder, dreirädrige Varianten von Christiania Bikes; die sportlicheren Bullitt-Modelle, mit Scheibenbremsen, Kettenschaltung und Rennrad-Typen auf dem Sattel. Vor der Kinderkrippe standen nun zwischen Kinderwagen und Fahrradanhängern mit wackelnden Warnwimpeln auch Lastenräder. Die klassischen Holland-Modelle von Bakfiets; die weniger eckigen von Babboe.