Für sie: Lady in Red
Seit Rihanna den Schwangerenbauch vor zwei Jahren als neues Mode-Accessoire einführte, werden nackte baby bumps in den sozialen Medien reflexartig als feministische Heldentaten gefeiert. Und das, obwohl seit ungefähr 1989 niemand mehr seine Schwangerschaft in weiter Umstandsmode versteckt. Jetzt sind wir aber so weit, dass man gar nicht mehr normal angezogen auf dem roten Teppich aufkreuzen darf, wenn man schwanger ist. Unbedingt muss etwas von der Freudenkugel zu sehen sein, sonst ist die Frau ein Loser. Gerade erst wieder passiert bei der Verleihung der Emmy Awards.
Das kindschwere Sternchen Suki Waterhouse wählte dieses rote Haute-Couture-Kleid von Valentino, das schon auf dem Laufsteg nicht zu den absoluten Meisterwerken des italienischen Labels gehört hatte: obenrum Latz, notdürftig am Rücken mit einem schmalen Band fixiert, damit die Brüste jederzeit Gefahr laufen, seitlich herauszufallen und so einen Aufreger zu produzieren; untenrum weiter Rock mit supertief angesetztem, die Poritze geradeso verbergenden Bund sowie einer Art Geschenkschleife kurz über dem Schritt. Der Witz dieser Robe liegt darin, dass Taille und Hüftknochen so freigelegt werden, dass sie zum Teil des Kleids werden. Für sie, erzählte Waterhouse auf dem roten Teppich gar nicht so glücklich aussehend, sei dieses Kleid extra umkonstruiert worden. Der Latz wurde nach unten breiter gemacht, aber irgendwie erinnert das Ganze von vorn so mehr an eine hängende Bierplauze. Was wiederum nicht schlecht ist, weil so eine, von Valentino inszeniert, dann wirklich mal ein feministisches Statement wäre.
Für ihn: Der Leatherman
Also, was haben wir hier? Zum einen den Schauspieler Tyler James Williams, der in der ein oder anderen mittelwichtigen Serienrolle auch hierzulande zu sehen war. Zum anderen ein furchteinflößendes Lederzeug von Dolce & Gabbana, das man irgendwie auch schon mal gesehen hat. War es in den 1980er-Jahren an Grace Jones? Oder in einem Film aus der "Mad Max"-Reihe? Oder einem Michael-Jackson-Video?
Es wirkt jedenfalls nicht ganz zeitgemäß, aber das ist man in der allgemeinen Retro-Goldgräberstimmung der Mode ja durchaus gewohnt. Herr Williams reihte sich mit dem ungewöhnlichen Abendanzug auch nur in das inoffizielle Motto der Emmy-Gala ein, das offenkundig lautete: Schräges Zeug. Bei den Herren auf dem roten Teppich herrschte jedenfalls eine große Verwirrung, was jetzt eigentlich mit Blazer, Anzugjacke und Co. anzustellen sei. Die wenigsten schafften es diesmal, im klassischen Sinne gut auszusehen, obwohl die diesbezüglichen Standards der Herrenmode ja jetzt nicht so kompliziert und seit hundert Jahren annähernd gleich sind. Aber die aktuellen Modethemen Oversized, Schalkragen, doppelreihige Blazer und Smoking sind zum jetzigen Zeitpunkt wohl derart parallel hochgekocht, dass alles durcheinandergeht. Im Falle des lederlastigen Herr Williams ist das weit überzogene Revers, die seltsame Taschenanordnung und die allgemeine Ähnlichkeit mit einem Bronze-Standbild irgendwie nicht ganz vorteilhaft. Und was das Ding beim Hinsetzen wohl für Geräusche macht? Anfrage ist raus.