Stylisten der Stars:Hollywoods begehrteste Anziehhilfen

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An diesem Wochenende heißt es wieder: "And the Oscar goes to . . . !" Nur die Kategorie "Bestes Styling" sucht man weiter vergeblich. Das ist überaus bedauerlich - denn eigentlich sind es die Stylisten, die die Stars im Wettrüsten um die besten Roben zum Funkeln bringen. Eine Vorstellung der aktuell angesagtesten Stylisten Hollywoods.

Marlene Sørensen

Wenn am Sonntag in Los Angeles die Academy Awards verliehen werden, geht eine Berufsgruppe in den Dankesreden mal wieder leer aus: die Stylisten. Ihre Arbeit kann man jedoch die ganze Nacht bewundern. Oder belächeln, je nachdem. Den wahren Glanz bei den Oscars verbreiten nicht die 20 Jahre alten Zoten von Billy Crystal, der zum neunten Mal moderiert - sondern die irrwitzig teuren Roben und blitzenden Colliers, die von den Stars mit der Disziplin von Dressurpferden vorgeführt werden.

Die wenigsten Menschen wissen, in welchem Film Kate Bosworth (rechts, mit Partner Michael Polish) eine Hauptrolle spielt - dafür ist ihre Garderobe in aller Munde. (Foto: Getty Images for Burberry)

Karrieren beginnen heutzutage schon vor der eigentlichen Preisverleihung - auf dem roten Teppich. Wie die von Michelle Williams, die nach ihrem Erscheinen 2006 vor dem Kodak Theatre, wie es damals noch heißen durfte, nicht mehr wie eine Teenieseriendarstellerin behandelt wurde, sondern wie ein Filmstar. Nicht nur Kritiker, auch Studiobosse und Regisseure merken sich die Outfits so genau wie die letzten Einspielergebnisse. Kein Wunder also, dass Stars das Anziehen an Profis delegieren. Eine Schauspielerin kann dabei weiter so tun, als spielten die Kleider keine tragende Rolle, sie ist schließlich Künstlerin mit Substanz (daher auch keine Erwähnung der Anziehhilfen in Dankesreden). Am Ende des Tages überweist sie dem Stylisten bis zu 10.000 Dollar Gage für seinen Geschmack, seine Kontakte und seine Praktikanten, die mindestens 50 Designerkleider exklusiv zur Auswahl heranschaffen. Manche Modemacher, heißt es, bieten sogar kostenlose Schönheits-OPs an, wenn eine Nominierte ihr Label trägt, bestenfalls die Oscar-Gewinnerin. Da ersetzt ein einziger Schnappschuss eine Millionen-Dollar-Werbekampagne.

Das Wettrüsten um die besten Roben begann in den 90er Jahren mit Stylisten wie Phillip Bloch. Ernst wurde es, nachdem Nicole Kidman in einem chartreusefarbenen Couturekleid von Dior zu den Oscars erschien. Das Kleid sieht auch nach heutigen Modestandards noch umwerfend aus. Überredet hatte sie dazu L'Wren Scott, die später erst Geliebte von Mick Jagger und dann selbst Designerin wurde. Dass manche Stylisten heute so berühmt sind wie ihre Kundinnen, ist allerdings Rachel Zoes Verdienst. Die Frau mit den Maßen eines Essstäbchens erfand zunächst Paris Hiltons Ex-Busenfreundin Nicole Richie neu, arbeitete sich zu Anne Hathaway und Cameron Diaz hoch - und spielte ihren eigenen Look dabei immer weiter in den Vordergrund.

Zoe hat inzwischen ein Mode-Imperium mit eigener TV-Show, aber ihre Macht schwindet; Hollywood verlangt nach individuelleren Looks als Zoes ewiger Glamourgöttin. Gut für die anderen Stylisten, die sich jetzt austoben können. Und so besteht Hoffnung, dass man am Sonntag Interessanteres sehen wird als bloß wieder paillettenbesetzte Bustierkleider. Wer sich von einem der folgenden Stylisten einkleiden lässt, hat jedenfalls realistische Chancen, in den Best-Dressed-Listen aufzutauchen. Vielleicht sind auch ein paar Katastrophen dabei. Dann wäre es eine wirklich gute Show.

[] Cher Coulter: Nennen Sie einen Film, in dem Kate Bosworth die Hauptrolle spielt. Irgendeine Rolle? Tja. Dafür wird Bosworths Garderobe in der Modepresse so ehrfürchtig besprochen wie das Schauspiel einer Meryl Streep im Feuilleton. Unvergessen ihr nur fast blickdichtes Kleid von Calvin Klein auf der Vanity-Fair-Oscar-Party 2006. Das ist die Arbeit von Cher Coulter, die auch Kirsten Dunst berät. Ihr Geheimnis: Die Kundin so nachlässig glamourös anzuziehen, dass diese für ihren eigenwilligen Stil gelobt wird. Und Coulter bekommt als Dank: eine Schmucklinie mit Kate Bosworth.

[] Petra Flannery: Unter all den Sternchen, die inzwischen eine Anziehhilfe beschäftigen, liefern Flannerys Kundinnen großes Kino. Ihr Geheimnis: Mut haben, Kritik ignorieren. Die rothaarige Emma Stone steckte sie in ein kaugummipinkes Ensemble von Lanvin, "Black-Swan"-Darstellerin Mila Kunis in erwachsene Spitze. Das flieder-lila-violette Givenchy-Couturekleid, das Zoë Saldaña zur Oscar-Verleihung 2010 trug, beschrieb ein Kritiker als "ein Plastikblumen speiender Vulkan". Gut so: Diese Kleider liefern auch Jahre später noch Gesprächsstoff.

[] Leslie Fremar: Ihren Durchbruch hatte sie mit Reese Witherspoons Ich-bin-wieder-Single-Kleid bei den Golden Globes 2007, kurz nach deren Trennung von Kollege Ryan Phillippe. Bevor Fremar Stylistin wurde, war sie die Assistentin von Anna Wintour bei Vogue. Es hält sich seitdem hartnäckig das Gerücht, Fremar sei die Vorlage für die Vorzimmerkrähe Emily im Film "Der Teufel trägt Prada" (Zitat: "Ich bin nur noch eine Magendarmgrippe von meinem Wunschgewicht entfernt"). Geschadet hat das ihrer Karriere nicht. Ihr Stil: unerschrocken. Sie verkuppelte Schauspielerin Jennifer Connelly mit Balmain, als das Pariser Luxuslabel noch ein Geheimtipp war und kleidete Maggie Gyllenhaal in Dries van Noten, bevor andere Stylisten den Namen überhaupt aussprechen konnten.

[] Kate Young: Ihren eigenen Stil beschrieb Kate Young einst als "Mutti trinkt". Ihre hochkarätigen Kundinnen versetzt sie eher in Champagnerlaune. Youngs Geheimnis: ihr Adressbuch. Sie stylt auch Modenschauen und hat damit Erstrecht auf die Ware. So konnte die damals hochschwangere Natalie Portman für die Nacht ihres Oscargewinns 2011 zwischen maßgeschneiderten Kleidern von Victor & Rolf, Azzaro und Rodarte wählen. Namen sind Kate Young allerdings schnuppe. Zuletzt steckte sie Michelle Williams in eine bodenlange Robe von - H&M. Cheers!

[] Elizabeth Saltzman: Sie sorgt dafür, dass überbezahlte Personal Trainer nicht umsonst arbeiten. Ihr Leitsatz: Wenn du's hast, zeig es. Und so legte sie die gestählten Körperzonen ihrer Freundin Gwyneth Paltrow frei, zuerst mit einem Mikromini von Stella McCartney, dann mit einem bauchfreien Pucci-Zweiteiler. Nicht unbedingt modisch wegweisend, aber sehr sexy. Saltzmans Netzwerk - sie ist "International Social Editor bei Vanity Fair - garantiert jedem Sixpack einen Stammplatz auf allen Best-Dressed-Listen.

[] Ryan Hastings: Das Geheimnis von Ryan Hastings, der die Newcomer Rooney Mara, Mia Wasikowska und, äh, Robert Pattinson einkleidet: Er ist das Geheimnis. Der Mann hat keinen Agenten, er gibt keine Auskünfte oder Bilder heraus und versteckt sein Gesicht konsequent unter einer schwarzen Baseballmütze. Angeblich passt seine eigene Garderobe in einen Rucksack. So bleibt mehr Platz im Gepäck für die Kleider seiner Schützlinge. Wichtigste Kundin: Rooney Mara, die er für die PR-Tour zum Film "Verblendung" vom Mädchen mit Lisbeth-Salander-Bastelscherenhaarschnitt in eine Lady verwandelt hat. Der Look: kantig, kühl, viel Schwarz-Weiß, noch mehr Givenchy. Lange dürfte es Hastings nicht mehr gelingen, anonym zu bleiben.

[] Tiina Laakkonen: Vor der Oscarsaison 2010 hielt man die kleine Carey Mulligan für ein talentiertes Püppchen. Und danach für eine ernstzunehmende Charakterdarstellerin. Wie das? Laakkonen - ausgebildet bei Chanel und Lanvin - hielt sich nicht mit pastellfarbenen Kleidern auf, sondern reichte sofort den harten Stoff: Prada, Vionnet, Prabal Gurung. Kleider für eine Erwachsene. Zur Oscar-Verleihung erschien Mulligan in einem Kleid von Prada mit Miniatur-Messern. Ein Scherz? Seither sticht sie die Konkurrenz jedenfalls reihenweise aus. Ihre nächste Rolle: Daisy in Baz Luhrmanns "Der große Gatsby".

[] Elizabeth Stewart: Stewart sagt über ihre Kundinnen: "Der Tag der Oscars ist wie ihr Hochzeitstag. Sie sollen das Gefühl haben, wir haben jedes mögliche Kleid anprobiert." Wohl kein Zufall, dass sie eine schillernde Kundenkartei vorzuweisen hat- mit Namen wie Jessica (Chastain), Cate (Blanchett), Amanda (Seyfried), Freida (Pinto). Wiedererkennungswert: Farbe, gerne einheitlich von Kopf bis Fuß - wie 2012 das zartpinke Balenciaga-Kleid von Jessica Chastain auf den Critics' Choice Awards.

[] Jessica Paster: Als Rachel Zoe nach Hollywood kam, soll sie gesagt haben: "Ich will die nächste Jessica Paster sein." Paster hat das Styling für die Filmpreis-Saison so unverzichtbar gemacht wie eine Detox-Saftdiät. Als sie die damals unbekannte Cate Blanchett 1999 in einer spektakulären Galliano-Robe mit Netzstickerei zu den Oscars schickte, wusste jede Schauspielerin unter der Sonne Kaliforniens: Ich brauche eine Paster! Dass die nichts von ihrem Einfluss verloren hat, sieht man an ihren vielbeschäftigten Kundinnen wie Emily Blunt und Kate Beckinsale. Ihre jüngste, Schauspielerin Dakota Fanning, 18, wird von Marc Jacobs hofiert.

[] Karla Welch: Karla Welch und Kollegin Kemal Harris von Kemal + Karla sind die jungen Wilden, sie ziehen Zooey Deschanel und sogar Hipster-Ikone Chloë Sevigny an. Ihr Stil: eine Mischung aus Omas Rumpelkammer und Garagenband. Schlangengrüne Pailletten, Lederminis, Marabufedern - alles ist erlaubt. 2011 steckten sie die 14-jährige Hailee Steinfeld in ein bonbonbunt gestreiftes Prada-Kleid. Die italienische Designerin Miuccia Prada war von dem Look so hingerissen, dass sie die kalifornische Nachwuchsschauspielerin sofort als Werbegesicht für ihre jüngere Modelinie Miu Miu engagierte. Bei den Oscar-Partys im letzten Jahr trug Steinfeld zu ihrem Marchesa-Kleid rote Chucks. Welch süße Idee.

© SZ vom 25.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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