Kolumne "Eigener Herd":Und nun zur Kernfrage

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Um die Schale beim Knacken der Walnuss nicht zu zerstören, ist Fingerspitzengefühl gefragt. (Foto: IMAGO/Kateryna Kolesnyk/IMAGO/Shotshop)

Walnüsse haben eine zart bittere Note, aber genau das macht sie in der Küche unentbehrlich. Ob im Salat, im Gebäck, zu Käse oder in der Pastasoße - diese Nuss macht so gut wie jedes Rezept aufregender.

Von Titus Arnu

Schon lange bevor Energieriegel erfunden waren, hielt die Natur den perfekten Snack bereit: die Walnuss. Geschützt durch eine harte Schale, im getrockneten Zustand monatelang haltbar, gut in der Hosentasche zu verstauen, fett- und proteinreich - die kleine Kraftkugel ist ein ideales natürliches Dopingmittel auf langen Wanderungen. 100 Gramm Walnüsse haben einen Brennwert von 650 Kalorien, mehr als die gleiche Menge Pizza oder Schokolade. Römische Soldaten hatten deshalb Nüsse und Trockenfrüchte im Marschgepäck - auf diesem Weg gelangten die Früchte des Echten Walnussbaums (Juglans regia) wohl auch aus dem Mittelmeerraum auf die Nordseite der Alpen.

Die historische Alpenüberquerung der Walnuss hatte, so wie die meisten kulinarischen Migrationsbewegungen, segensreiche Folgen. Ihre Begegnung mit Nudeln und Käse brachte delikate Gerichte wie Walnuss-Ricotta-Tagliatelle hervor. In Kombination mit Mehl, Butter, Ei, Zucker und Honig wird die Engadiner Nusstorte daraus, einer der besten und energiereichsten Kuchen der Welt. Und was wären Früchtebrot, Lebkuchen und Käseplatte ohne Walnüsse? Traurige, kraftlose Mahlzeiten wären es.

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Was man beim Ernten von Walnüssen braucht, ist allerdings nicht Kraft, sondern Geduld. Es nützt nichts, den Baum zu schütteln, zumal Walnussbäume sehr groß und mächtig sein können. Man muss warten, bis die Nüsse vom Baum fallen, erst dann sind sie reif. Dann gilt es, flinker als Eichhörnchen und Krähen zu sein und die Nüsse von den grünen Schalen zu befreien. Die gesammelten Nüsse müssen ein paar Tage lang warm und trocken lagern, am besten auf der Fensterbank oder am Ofen, damit sie nicht schimmeln und faulen. Getrocknete Nüsse sind in der Schale bis zu zwei Jahre haltbar, wenn sie luftig, kühl und dunkel aufbewahrt werden.

Geschälte Walnüsse werden dagegen schnell ranzig, deshalb schmecken frisch geknackte Nüsse immer besser als welche aus der Tüte. Das Knacken kann außerdem einen positiven Effekt auf das Gemüt haben, mit der richtigen Einstellung und einer Tasse Tee dazu ist es eine kontemplative Tätigkeit. Beim Hantieren mit Walnüssen kommt man leicht in einen meditativen Zustand. Und die Form des Kerns kann einen ins Grübeln bringen: Sieht die Nuss nicht aus wie ein eingeschrumpeltes Gehirn? Gilt sie deshalb als Brainfood?

(Foto: N/A)

Bei den Römern galt die Nuss als Symbol der Fruchtbarkeit und spielte bei vielen Hochzeitsbräuchen eine Rolle. Kein Wunder, dass die Nuss im Mittelalter verteufelt wurde. Katholische Mönche warnten davor, dass auf jedem Blatt des Walnussbaums ein Teufel wohne, der mit Hexen unter den Bäumen Liebesorgien feiere. Sogar der Schatten der Bäume galt als gesundheitsschädlich. Kreative Kleriker deuteten die Früchte des Echten Walnussbaums schließlich in eine göttliche "Christnuss" um, die den Kern der religiösen Erkenntnislehre symbolisiere. Halleluja!

Oft steckt im Aberglauben ja ein kleiner Wahrheitskern. Paracelsus empfahl die Walnuss als Mittel gegen Geisteskrankheiten, heute gilt sie immerhin als Nervennahrung und Superfood. Die Nüsse enthalten Omega-3-Fettsäuren, Vitamin E, Ballaststoffe, Magnesium, Zink und Kalium und eignen sich dadurch als gesunde Bissen für zwischendurch. Studien zufolge reduzieren Nüsse das LDL-Cholesterin und verbessern die Blutfettwerte, außerdem sind sie wegen ihres hohen Proteingehalts gut für den Muskelaufbau. Fazit: Die Dinger sind supergesund, nicht umsonst klingt Walnuss so ähnlich wie Wellness. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt den täglichen Verzehr einer Handvoll Nüsse. Kaum eine Zutat lässt sich in so vielfältigen Formen in die Ernährung einbauen: geröstet, gesalzen, gezuckert, gemahlen, am Stück, als Mus, als Öl, als Zutat in Desserts, Gebäck, Salaten, Pasta, Käse, Fleisch- und Fischgerichten.

In Kombination mit Käse läuft die Walnuss zur Hochform auf

In Deutschland werden Walnüsse von Mitte September bis Ende Oktober geerntet . Im frischen Zustand schmecken sie leicht herb bis süßlich, der Kern ist in diesem Zustand eher weiß. Je älter die Nuss ist, desto dunkler wird sie, und der Geschmack tendiert immer mehr ins Bittere. Die Kombination mit Käse ist besonders reizvoll, wenn der Crunch gehackter Nüsse auf die cremige Textur von Weichkäse trifft - zum Beispiel in Gestalt eines nussigen Pasta-Gerichts, das schnell gemacht ist und immer hervorragend schmeckt: Tagliatelle mit Ricotta und Walnüssen.

Für vier Person 400 Gramm Nudeln in sprudelnd kochendem Wasser bissfest garen. In der Zwischenzeit 250 Gramm Ricotta, 200 ml Sahne, 50 g Walnusskerne und 50 g Parmesan in einen Mixer geben und fein pürieren. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Petersilie hacken und untermischen. Nudeln mit der Ricotta-Nuss-Creme mischen, ein paar Esslöffel vom Kochwasser unterheben, bis die Sauce cremig ist. Mit 50 g gehackten Walnusskernen bestreuen und sofort servieren.

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