Eigener Herd:Klein, aber oh wie fein

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Marktstand mit Pfifferlingen am Münchner Viktualienmarkt. (Foto: Florian Peljak)

Einst galten Pfifferlinge als Arme-Leute-Essen, heute werden sie in der Spitzengastronomie mit Schafsmilch und Pferdemuschel serviert. Besonders gut schmecken die kleinen Pilze nach wie vor, wenn sie so einfach wie möglich zubereitet werden

Von Titus Arnu

Der kleine Pfifferling war früher allgegenwärtig, sogar in der Weltliteratur. So möchte etwa Don Carlos im gleichnamigen Drama von Friedrich de La Motte Fouqué auf "Lauras berühmte Schönheit keinen Pfifferling verwetten". Dabei waren Pfifferlinge früher in so großen Mengen verfügbar, dass sie kaum etwas wert waren. Der gelbliche Speisepilz, den man ab Anfang Juli bis Ende Oktober sammeln kann, galt schließlich als Arme-Leute-Essen.

Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Die Pfifferlinge sind bei uns rar geworden. Schuld sind der saure Regen, das Ozonloch und die Gier der Hobbysammler. Pfifferlinge lassen sich nicht züchten wie Champignons, man muss sie mühsam von Hand sammeln und säubern. Deshalb haben sie sich vom fast wertlosen Lebensmittel zum begehrten Waldgold entwickelt. Ein Kilo kostet je nach Qualität und Herkunft zehn bis zwanzig Euro. Die meisten Pfifferlinge, die man in Deutschland kaufen kann, kommen aus Osteuropa, vor allem aus Litauen, Polen und Russland. Frische Pfifferlinge duften fruchtig, waldig, würzig und sollten gelb, fest und saftig aussehen. Wenn die Stiele innen weiß bis beige und die gelben Hüte nicht verfärbt sind, sind sie einwandfrei.

Der Name geht auf den leicht pfeffrigen Geschmack zurück

Sand und kleine Pflanzenteile zwischen den Pilzen sind dagegen unbedenklich und unvermeidlich. Und damit stellt sich die erste Glaubensfrage: Wie soll man Pfifferlinge säubern? Fachleute raten vom Waschen ab, denn Wasser macht die Pilze matschig. Besser ist es, sie mit einem Pinsel oder Papier trocken abzureiben, eine fitzelige Kleinarbeit. Ein Trick, der helfen soll: Pilze in einen Gefrierbeutel füllen, zwei Esslöffel Mehl dazu geben und ausgiebig schütteln. Das Mehl bindet den Sand. Anschließend ganz kurz mit Wasser abbrausen und auf Küchenpapier abtropfen lassen.

(Foto: N/A)

Der Pfifferling heißt je nach Region auch Schwammerl, Reherl, Eierpilz, Gähling, Goasrehling, Nagerl, Röllchen, Schweinsfüßerl, Zechling oder Zederling. Besonders hübsch klingt die italienische Variante: Finferli. Der Name Pfifferling geht auf den leicht pfeffrigen Geschmack der etwas älteren Pilze zurück. Am mildesten schmeckt er ganz jung und frisch. So vielfältig wie die Namen für den Pfifferling sind die Zubereitungsarten. Sei es kurz angebraten auf Salat, im Omelette, in Suppen, mit Nudeln, Knödeln, als Risotto oder in Saucen - die würzigen Pilze passen zu vielen Gerichten. Und sie sind extrem gesund: Pfifferlinge enthalten relativ viele Ballaststoffe, Vitamin A und D, Eisen, Kalium und Betacarotin. Allerdings speichern sie Schwermetalle und radioaktive Stoffe - aus diesem Grund rät die WHO, höchstens 250 Gramm Pfifferlinge pro Woche zu verzehren.

Kräuter wie Thymian sollen seinen Geschmack nur unterstreichen

Das typisch würzige Aroma kommt am besten zur Geltung, wenn man die Pilze möglichst simpel zubereitet. Aber wie genau? Hier kommen wir zur zweiten Glaubensfrage in Sachen Pfifferling: Soll man zum Anbraten Butter, Olivenöl oder Butterschmalz nehmen? Oder soll man sie, wie der Sternekoch Alexander Herrmann es in einer Kochsendung vorgeführt hat, ganz ohne Fett in eine Pfanne geben, weil dadurch vermieden wird, dass die schwammartigen Pilze das Fett aufsaugen? Auf jeden Fall nur kurz anrösten, vorsichtig salzen und pfeffern, fertig. Kräuter und andere Zutaten sollten den feinen Geschmack nur unterstreichen und nicht überdecken. Frischer Thymian oder Petersilie passen gut.

Weil Pfifferlinge so perfekt kombinierbar sind, kann man aus ihnen wahlweise ein extrem einfaches oder ein extrem ausgefallenes Gericht zubereiten. Der fränkische Sternekoch Felix Schneider etwa serviert in seinem Restaurant "Sosein" Pfifferlinge, die er selbst im Wald gesammelt hat, auf denkbar elaborierte Weise: Tomate mit Paprika, Asche, Schafsmilch und Pfifferlingsschaum. Auch Tim Mälzer hat eine recht exzentrische Pilz-Vorspeise kreiert: Pfifferlingssalat mit gratinierter Wassermelone und Burrata. Das Kopenhagener Restaurant Noma setzt seinen Gästen ein Ragout aus Pferdemuschel, eingelegten Pfifferlingen und Pflaumen vor.

Gut und schön, aber ich würde keinen Pfifferling darauf verwetten, dass viele Hobbyköche so etwas zu Hause nachmachen. Wenig falsch gehen kann dagegen beim einfachsten aller Pilzrezepte: gebratene Pfifferlinge auf geröstetem Brot. Für vier Portionen: 400g Pfifferlinge, 1 Zwiebel, 1 EL Olivenöl oder Butter, 2 EL Balsamico, 10 g Zucker, frischer Thymian, Salz, Pfeffer, mehrere Scheiben Ciabatta. Zubereitung: Pfifferlinge putzen, Zwiebeln würfeln, Fett in der Pfanne erhitzen. Zwiebeln andünsten, bis sie goldgelb sind, dann Pilze dazugeben. Zucker und Balsamico hinein, Pfanne schwenken und Pilze karamellisieren lassen. Salzen, pfeffern, am Schluss gehackten Thymian dazugeben. Brot mit Olivenöl in einer Pfanne rösten, nach Wunsch mit einer Zehe Knoblauch einreiben und Pilze darauf anrichten.

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