Für sie: Fake-Wanderschuhe von Gucci
Der Herbst naht, und damit die modisch gefürchtete Übergangszeit. Plötzlich ist alles kompliziert, denn der Zwiebellook, also textile Lagen, die man je nach Temperatur ab- oder anlegen kann, ist eine Kunst für sich. Aber nicht verzagen, in diesem Herbst wird endlich alles einfacher. Angesagt ist jetzt nämlich genau der Look, den man noch im letzten Jahr mit ungeputzten Zähnen überwarf, um mal schnell mit dem Hund in morgendlichen Nebelschwaden um die Ecke oder zum Bäcker zu hüpfen.
Ja, das Outfit, in dem man auf keinen Fall gesehen werden wollte, ist das neue heiße Ding! Beispiele: beulige Jogginghose mit Blazer vom Gatten drüber, oder riesige Netflixing-Strickjacke über wadenlangem Blumenkleid. Beides kombiniert mit den Schuhen, die eben gerade im Gang rumstanden, die leicht beschmutzten Trekkingtreter vom Wochenende zum Beispiel. Und genau die sollte die Frau jetzt nicht nur in den Bergen, sondern überall tragen, wie man hier am aktuellen Modell von Gucci sieht: Hightech-Wanderschuhe sind die neuen Sneakers!
Schon klar, der neue Hang zu Funktionskleidung auf dem Laufsteg ist ironisch gemeint. Da aber bekanntlich die Frau eigentlich nur auf dem Weg zum Bäcker zeigt, wer sie wirklich ist, lässt sich hier auch eine gewisse Tendenz zu gelebter Wahrhaftigkeit entdecken. Heißt: Wer sich jetzt noch traut, seine Wanderschuhe nicht instagramtauglich mit ironischen Tennissocken und nackten Beinen, sondern gleich mit Strumpfhosen zu kombinieren, der ist endlich ganz bei sich angekommen.
(Julia Werner)
Das Wort modisch konnte man in den letzten Jahren oft mit martialisch ersetzen. Vom Kettenhemd bis zur Nasa-Ausrüstung, von Urban Warrior bis zum Bergsteiger suchten sich die Designer ihre Inspiration und das schlägt sich mittlerweile auch in der Alltagsmode nieder. Rucksäcke sind aus Neopren, Jacken sehen aus, als könnte man eine Seilwinde daran befestigen und aus den ewigen Halbschuhen werden wieder richtige knöchelhohe Schuhe. Boots sind jedenfalls nicht mehr nur was für den Winter, sondern sogar zur kurzen Hose tragbar und insgesamt wirken die Urbanisten, als würden sie mit der Rolltreppe direkt ins Basislager fahren.
Was die neue Bergstiefelmode angeht, so ist die Begeisterung nachvollziehbar, denn von Schuhen mit hohem Schaft geht ein solider Rückhalt aus und das Gefühl, fest auf dem Boden der Tatsachen zu stehen. Wenn man früher, als man noch lasche Cotton-Sneakers trug, zum Zwecke einer echten Bergbesteigung in die alten Wanderstiefel stieg, verlieh einem der ungewohnt feste Halt ja schon eine ganz unbegründete Zuversicht. Diese Illusion ist auch im Asphaltalltag angenehm, die meisten Neo-Stiefel sind ja nicht wirklich geländegängig.
Im Falle dieses neuen Boot-Sneaker-Hybrids von Veja kommen aber tatsächlich innere Werte dazu - das junge französische Label hatte als eines der ersten eine vegane Kollektion und lässt seine Schuhe fair und mit hohen Ökostandards fertigen. Da kann man also guten Gewissens die samstägliche Bezwingung der Biosupermarkt-Gemüseabteilung angehen.
(Max Scharnigg)