Kolumne "Eigener Herd":Grün, gesund - und ein Genuss

Lesezeit: 3 min

Frisch zubereitet ist Spinat am leckersten und gesündesten. Doch Dosenspinat und Tiefkühl-Blubb sind meist besser als ihr Ruf. (Foto: imago classic/imago images/GeorgeDolgikh)

Spinat wird das ganze Jahr über geerntet, aber derzeit ist er besonders gut. Außerdem gibt kaum ein Gemüse, das so vielseitig ist, ob als Quiche, Salat, Knödel, Pizzabelag oder japanische Beilage.

Von Titus Arnu

Wenn Lebensmittel "Baby" mit Vornamen heißen, kommt man sich beim Essen immer etwas grausam vor. Mit Baby-Calamari, Baby-Mozzarella und Baby-Spinat hat man irgendwie Mitleid, wenn man reinbeißt. Baby-Calamari sind besonders kleine Tintenfische, auf Italienisch Calamaretti, Baby-Mozzarella ist ein Käsekügelchen, Baby-Spinat ist besonders zartes Kleingemüse. Dafür ist im Frühjahr die beste Zeit.

Spinat kann man eigenlich das ganze Jahr über ernten.: Im Hochsommer ausgesätes Gemüse bis November, winterharte Sorten wie "Matador", "Monnopa" und "Winterriese" schon ab März. Und der frühe Spinat, ausgesät im März, lässt sich ab Mai pflücken. Junger Spinat ist besonders zart, er enthält viel Vitamin C und wenig Kalorien. Dass Spinat Superkräfte verleiht, ist übrigens ein Mythos, der teils auf den Seemann Popeye, teils auf einen Kommafehler bei der Berechnung des Eisengehalts zurückgeht. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung enthält 100 Gramm frischer Spinat im Durchschnitt 3,4 Milligramm Eisen, weniger als Linsen oder Bohnen.

Es ist ein Mythos, dass Kinder Spinat hassen

Dass alle Babys Spinat hassen, ist allerdings ebenfalls ein Mythos. Es soll Kleinkinder geben, die das Gemüse, zu grünem Brei gemixt, nicht effektvoll ausspucken, sondern mit Genuss in sich hineinlöffeln und liebevoll "Napsi" nennen. Schwangeren liefert Spinat Folsäure, aufpassen sollten sie nur bei aufgewärmtem Spinat und Sorten mit hohem Nitratgehalt und blühendem Spinat, das ist für werdende Mütter nicht gesund. Sportler können mit jungem Spinat legales Doping betreiben, er enthält besonders viel Kalium und Magnesium.

Als Heilpflanze wurde der Spinat früher innerlich gegen Blähungen und Verstopfung angewendet, äußerlich gegen Akne und Verbrennungen. In Europa war Spinat aber bis zum Mittelalter wahrscheinlich unbekannt. Er stammt aus Persien, Araber brachten die Pflanze im 8. Jahrhundert nach Spanien mit. Der Spinat verdrängte bald anderes grünes Blattgemüse wie die "Gartenmelde" und den "Guten Heinrich" aus deutschen Gärten. Richtig populär wurde er eigentlich erst, als in den 1950er-Jahren Tiefkühlgemüse aufkam. Rahmspinat poppte als schnelles, gesundes Alltagsgericht auf, besonders in Verbindung mit Ei - Popeye lässt grüßen.

Dosenspinat und Tiefkühl-Blubb sind meist besser als ihr Ruf. Aber seine besten gesundheitlichen und geschmacklichen Eigenschaften entfaltet der Spinat natürlich, wie fast jedes Gemüse, im frisch geernteten Zustand. Babyspinat ist so zart, dass man ihn nicht häckseln und kochen muss, man kann ihn sehr gut roh essen, zum Beispiel als Salat mit Gorgonzola und Walnüssen. Dazu passt ein Dressing aus frischem Zitronensaft, Balsamico und Walnussöl.

(Foto: N/A)

Das japanische Gericht "Horenso Gomaae", eine würzige Vorspeise oder Beilage, holt ebenfalls das Beste aus jungem Blattspinat heraus. Gerösteter Sesam und helle Sojasauce verleihen dem Gemüse eine nussige Note. Für vier Personen 500 Gramm Spinat blanchieren, in einem Sieb mit kaltem Wasser abschrecken. 2 EL Sesamsamen ohne Fett anrösten. Für die Sauce 2 EL Sesampaste mit 2 EL heller Sojasauce, etwas Zucker, 1 EL Miso-Paste und 4 EL heißem Wasser glattrühren. Den Spinat in der Sauce wenden, mit Salz abschmecken und mit geröstetem Sesam bestreuen.

Ein Gericht, das auch Spinat-Skeptiker überzeugt, hat sich in unserer Familie seit frühesten Napsi-Tagen bewährt: Spinat-Gnocchi. Der Trick dabei ist, das Gemüse nicht als gesunde Grünbeilage, sondern gut verpackt als italienische Hauptspeise zu verkaufen, mit viel Butter und Parmesan als fairem Ausgleich zum Gesundheitsfaktor. Für die Zubereitung dieses Wohlfühlessens braucht man etwas Zeit, vor allem wenn man frischen Blattspinat verwendet. Aber die Mühe lohnt sich.

Spinat-Gnocchi heißen in Italien bis heute "Priesterwürger"

Die besten Rezepte für Spinat-Gnocchi kommen aus der bäuerlichen Küche Norditaliens, jede Familie hütet dort ihr eigenes Napsi-Geheimnis. Im Trentino heißen die grünen Knödel Strangolapreti (Priesterwürger). Eine seltsame Bezeichnung, die auf eine Legende zurückgeht, nach der ein hungriger Priester beim Wandern in einem Gasthaus einkehrte und dort so hastig Spinat-Gnocchi in sich hineinstopfte, dass er sich verschluckte und starb. Die Strangolapreti werden mit altbackenem Brot gemacht, das in Milch aufgeweicht wurde.

Einfacher und verschlucksicher (auch für Babys) sind Spinatgnochi mit Mehl (am besten Wiener Griessler). Ein Kilo frischen Spinat mit gehackten Zwiebeln nach und nach in einer großen Pfanne mit Deckel andünsten, abkühlen lassen. Mit vier Eiern, 400 Gramm Mehl, 150 Gramm geriebenem Grana Padano mischen, mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Mit zwei Löffeln Nocken formen, in siedendem Salzwasser nach und nach garen. Mit geschmolzener Butter, noch mehr Parmesan und angerösteten Salbeiblättern servieren.

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