Kolumne "Eigener Herd":Ein perfekter Wintersalat

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Krautsalat ist stabil, er hält ein paar Küchenexperimente aus. (Foto: mauritius images / foodcollectio)

Kohl ist ein Lieblingsgemüse der deutschen Küche und fast ein Alleskönner. Doch warum machen wir dann so wenig daraus? Wie wäre es mal mit: Datteln, Nüssen und krossem Speck auf Balsamico-Kraut?

Von Marten Rolff

Kein Gemüse hat die deutsche Küche mehr geprägt als Kohl, was den Deutschen einst den Spottnamen "Krauts" einbrachte. Interessant ist nur, wie wenig sich diese Kohldominanz auf die Vielfalt der Gerichte ausgewirkt hat, bis heute werden jeder Kohlsorte ein bis zwei Paraderollen zugeschrieben, die sie dann auf ewig spielen muss. Für Grünkohl ist der Eintopfpart zu Kassler und Würsten vorgesehen, Rotkohl gibt stets den süßwürzigen Sidekick im Ensemble mit Wild, Braten oder fettem Geflügel, und Weißkohl kommt vor allem als Sauerkraut auf die Teller. Darüber hinaus darf Kohl bei uns Rouladen umhüllen oder in (oft zu) saurer Lake die Salatbuffets befüllen, in aufwendigeren Inszenierungen spielen Speckwürfel oder Kümmel dabei eine Statistenrolle.

Natürlich können all diese Gerichte großartig schmecken, doch bleibt die Frage, warum wir uns gerade bei unserem beliebtesten Wintergemüse so schwertun, ein paar zusätzliche, modernere Facetten herauszuarbeiten. Speziell im Salat eignet sich Kohl, ob Weiß-, Rot-, Grün- oder Spitz-, gut für ein bisschen kulinarisches Improvisationstheater, denn er ist vergleichsweise günstig, gut zu portionieren, gesund und lange haltbar, und er fällt (abgesehen vom Spitzkohl) nicht zusammen wie viele Blattsalate. Vor allem aber wird seine geschmackliche Robustheit oft zu Unrecht als "grob" beklagt, sie kann nämlich auch ein Vorteil sein, eine rustikale, geduldige Leinwand für fast jede Form von Salatexperiment. Roher Kohl besteht souverän neben Salzigkeit, Süße und Säure (und neben allem zusammen), und Kräuter und Gewürze verfeinern ihn, ohne ihn zurückzudrängen. Balsamico-Vinaigrette verschiebt ihn ins Mediterrane, in einer Bowl mit Teriyaki-Soße - vielleicht zu Naturreis, Kernen, lauwarmer Hühnerbrust oder Tofu - wird Kraut zum herzhaft-gefälligen Hauptgang.

Kohl braucht eine Dressing-Massage

Um Weiß- oder Rotkohl für Salat vorzubereiten, schneidet man ihn mit einem Gemüsehobel oder einem guten Messer möglichst fein, "massiert" ihn kurz ein mit wenig Salz (etwa 1/2 TL auf 200 g) und lässt ihn dann 10 Minuten ruhen und mürbe werden. Auch rohen Grünkohl (ohne Mittelteil der Blätter) darf man gerne für Salat ein wenig massieren, wie ein Signature-Rezept des schleswig-holsteinischen Gasthauses "Zur Erholung" zeigt. Dafür wird der Grünkohl mit viel püriertem Dressing aus Balsamico, Rapsöl, Gemüsebrühe, grobem Senf, Zwiebel, Knoblauch, getrockneten Feigen, Salz, Pfeffer und Zucker regelrecht geknetet und dadurch gefällig und komplex zugleich. Serviert wird der Salat mit Granatapfelkernen und gebratenen Quitten.

Besonders schöne Krautsalatrezepte finden sich auch in Meike Peters' neuem Kochbuch "Noon" (Prestel). Sie kombiniert etwa 225 g mit Salz vorbereiteten Weißkohl (siehe oben) mit 60 g magerem, fein gewürfeltem Speck, der in Olivenöl sehr kross gebraten und am Ende mit einem Schuss Balsamico abgelöscht wird. Alles zusammen als Soße unter den Salat heben und mit Meersalz, Pfeffer und Olivenöl abschmecken. Der Clou aber sind 2 in Streifen geschnittene große Datteln dazu. Auch geröstete Haselnüsse passen toll.

Rohen gesalzenen Rotkohl (280 g) kombiniert Peters übrigens mit Scheiben einer in Salzwasser mit Lorbeerblatt gar gekochten Rote-Bete-Knolle, zerbröckeltem Blauschimmelkäse (60 g), ein paar Thymianblättern und 1 geviertelten Kaki-Frucht. Am Ende badet alles in einem Dressing aus je 1 EL Balsamico in dunkel und hell, 3 EL Olivenöl, 1/2 TL Honig, Salz und Pfeffer. Wer keine Kaki hat: Eine reife, in Scheiben angebratene Birne tut es auch. Im südindischen Kerala kombiniert man Rotkohl für Salat übrigens gerne mit Orangen. Erfrischend sommerlich!

Das braucht man dazu

- 225 g Weißkohl

- 1/2 TL Salz,

- 2 große Datteln

- 60 g mageren Speck (fein gewürfelt)

- Balsamico-Essig

- gutes Olivenöl

- Meersalz

- Schwarzer Pfeffer

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