Er ist billig, er ist süß und meist nicht mehr als eine schlichte Plörre. Das sagt Primo Franco, und die Rede ist vom Prosecco, der in Deutschland verkauft wird. Daher weiß Franco auch schon, was gleich wieder passieren wird. Der italienische Winzer hat soeben auf einer Weinmesse seinen Stand aufgebaut und schon kommen die ersten Besucher zum Probieren.
Es ist jedes Mal dasselbe Spiel: Sie nippen, ziehen anerkennend die Augenbrauen hoch und sagen: "Das ist gut. Was ist das?" "Prosecco", antwortet Primo Franco grinsend, und verlässlich staunen die Leute über die feine Perlage des Weins, die feinen und frischen Aromen von grünen und weißen Früchten, den lang anhaltenden Geschmack und überhaupt die ganze Köstlichkeit dieses Schaumweins.
Tatsächlich ist das Staunen nicht verwunderlich, denn Franco gehört zu den Besten seines Fachs. Der Geschmack, den viele Deutsche mit Prosecco verbinden, ist aber vor allem von besonders billiger und süßer Ware geprägt. Nun ist Zucker im Wein zunächst gar nichts Schlechtes. Er erfüllt aber nur dann seinen Zweck, wenn ihm eine ordentliche Säure entgegensteht. Nur dann wirkt die Süße nicht pappig, sondern schmeichelt dem Gaumen. Leider nutzen Hersteller einfacher Weine sie aber dazu, Qualitätsmängel zu übertünchen. Prosecco ist hierfür ein ideales Beispiel.
Dass es richtig guten Prosecco gibt, scheint kaum noch einer zu wissen. Franco hat eine klare Meinung dazu, wer die Schuld daran trägt: "Der schlimmste Feind des Prosecco sind die italienischen Restaurants", sagt er. Und Enrico Valleferro, Exportmanager der renommierten Kellerei Adami, stimmt ihm zu. Für Prosecco muss ein Gastronom sich nicht anstrengen. "Wenn er nur Prosecco auf die Karte schreibt, dann verkauft er im Jahr einige Tausend Flaschen. Völlig egal, was es ist, die Leute kaufen es. Natürlich nimmt er deshalb einen günstigen."
Das ist schön für den Gastronomen, für die Erzeuger von hochwertigem Prosecco ist es ärgerlich. "Prosecco verkauft sich so gut, dass er nicht erklärt werden und der Wirt auf seiner Karte nicht spezifisch werden muss", ergänzt Valleferro. Ob da also ein High-End-Tropfen oder ein Billigwein ausgeschenkt wird, erfährt der Gast nicht - will es in der Regel aber auch gar nicht wissen.
Ein guter Prosecco kostet schon zehn bis zwölf Euro
Prosecco ist ein Schaum- oder Perlwein aus der Rebsorte Glera, der in Norditalien hergestellt wird, vor allem in der Provinz Venetien. Es wird unterschieden zwischen den Weinen aus dem Kerngebiet um die Dörfer Conegliano und Valdobbiadene und der Region drumherum. Wo ein Wein herkommt, erkennt man in Italien an den kleinen Etiketten am Flaschenhals. Braun und mit DOCG beschriftet ist die Kernregion, blau und mit den Buchstaben DOC ist die Umgebung.
In der DOCG-Region Conegliano-Valdobbiadene sind die Produktionsvorschriften strenger, zudem die Weinberge steiler, die Böden besser, die Rebstöcke älter und das Klima unterschiedlicher. Etwas vereinfacht gesagt, kommt dort der gute Stoff her. Kostenpunkt pro Flasche: zehn bis zwölf Euro, auch beste Ware ist im Vergleich zu gehobenen Weißweinen also eher günstig. Der andere Prosecco steht dann für weniger als drei Euro bei den Discountern. Prosecco ist allgegenwärtig und sein Ruf im Keller. Kaum einer weiß um die Qualitäten dieses Anbaugebiets.
"Es ist typisch für große Appellationen, dass sie alle Preise haben, von billig bis teuer", sagt Winzer Primo Franco. "Aber im Gegensatz zu Bordeaux oder Champagner wird das Image des Prosecco nicht von den teuren Weinen bestimmt, sondern von den billigen." Etwa 450 Millionen Flaschen werden davon jedes Jahr produziert. Aus der anspruchsvolleren DOCG-Region kommen gerade mal 90 Millionen.