Essay über den Dackel:Lange nicht gesehen

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Wow, einfach nur wow! (Foto: picture-alliance/ dpa)

Das große Zeitalter des Dackels ist seit den Achtzigerjahren vorbei; was aber nicht bedeutet, dass der Dackel schon aus dem Rennen ist. Er hat nur den Besitzer gewechselt und ist zurück auf dem Trottoir. Gut so!

Von Hilmar Klute

Fast jeden Abend sitzt die Frau mit dem Dackel auf einem Mauervorsprung in der Straße mit den vielen Cafés. Manchmal kann man beobachten, wie die beiden das Trottoir entlangspazieren, der Dackel läuft so, als herrsche starker Seegang. Er trägt ein ungewöhnlich ausgefallenes Fellkleid: schwarz mit milchig weißen Sprengseln, als wäre er durch das Atelier von Jackson Pollock gedackelt. Ich wollte die Frau immer mal ansprechen, aber was soll ich sie fragen? Warum der Dackel ein solches Muster im Fell hat? Eine Laune der Natur - die Antwort kann man sich selbst geben. Der Dackel scheint noch verhältnismäßig jung zu sein; er läuft mal nach links, mal nach rechts, er hat vielleicht noch keine Vorstellung von der geraden Linie, auf der ein guter Hund durch das Leben geht. Vermutlich weiß er auch nicht, dass er am relativen Ende einer großartigen Tradition steht. Denn das große Zeitalter des Dackels ist seit den Achtzigerjahren vorbei; was aber nicht bedeutet, dass der Dackel schon aus dem Rennen ist. Er hat nur den Besitzer gewechselt und vielleicht die Kulisse, vor welcher er seine immer noch faszinierende Gangart übt. Aber eins nach dem anderen.

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