Eiscreme:"Vegan oder nicht vegan? Im besten Fall schmeckt man das nicht"

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Sommersorte: Hibiskus-Limette mit etwas Bergamotte-Öl. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Pflanzenbasiertes Eis war noch nie so gut und so vielfältig. Doch wie wird es auch ohne Sahne cremig, was macht eine gute Sorte aus, und welche Rezepte eignen sich für zu Hause? Ein Gespräch mit der Münchner Eismacherin Lucy Allary.

Von Maria Sprenger

Joghurt-Waldbeere mit Sesam-Crunch, Vanille-Karamell-Brownie, Milchreis-Zimt, Geröstete Pistazie oder Strawberry-Milkshake - für ihren Eisladen in der Münchner Innenstadt ("Eisbrunnen") kreiert Lucy Allary laufend neue pflanzenbasierte Sorten, zudem hat sie mit "Die vegane Eis-Bibel" (Christian-Verlag) gerade ein umfassendes Buch zum Thema vorgelegt. Im Interview erklärt sie, warum vegane Eiscreme geschmacklich sogar vielfältiger ist als Milcheis und gibt Tipps für die Zubereitung zu Hause.

Lucy Allary experimentierte zwei Jahre lang mit Zutaten, bis sie von ihren veganen Eisrezepten überzeugt war. (Foto: Mathias Allary)

SZ: Wie sehr unterscheidet sich veganes Eis geschmacklich von nicht veganem Eis?

Lucy Allary: Im besten Fall schmeckt man nicht, ob ein Eis vegan ist oder nicht vegan ist. In unserer Eisdiele werben wir nicht damit, dass jede Sorte vegan ist. Die meisten Kunden wissen das nicht, kommen aber regelmäßig später zu uns und wollen wissen, was wir anders machen, weil ihnen das Eis so gut geschmeckt hat. Wenn sie erfahren, dass es sich um veganes Eis handelt, sind sie oft erstaunt.

Sie werben nicht damit, dass es sich um veganes Eis handelt?

Nein, wir haben lediglich "plant-based creamery" unter dem Namen stehen. Ich möchte, dass die Leute unvoreingenommen und mit den gleichen Ansprüchen wie an jede Eisdiele zu uns kommen.

An Ihrem Buch, aber auch in Ihrem Laden fällt zunächst mal die Vielfalt auf, Sie bieten auch unkonventionelle Sorten an.

Wir arbeiten viel mit Tees und Infusionen, da gibt es zum Beispiel Limetten-Hibiskus-Sorbet mit Bergamotte oder Safran-Eis. Aber auch Zitronen-Minz-Sorbet, Mousse-au-Chocolat-Eis, Strawberry-Milkshake-Eis und geröstetes Pistazieneis haben wir.

Also eben nicht nur Sorbets, die ja grundsätzlich keine Milchprodukte enthalten.

Sorbets sind für viele eine beliebte vegane Option, aber pflanzliches Eis kann auch sehr cremig sein. Sahne ist nicht das Geheimnis cremigen Eises. Wenn man Sahne einfriert, wird sie steinhart. Viel wichtiger ist das Verhältnis von Fett, Wasser, Trockenmasse und Zucker. Heutzutage können wir alle Konsistenzen, Texturen und Geschmacksrichtungen von tierischen Produkten vegan nachbilden, mindestens so cremig wie das traditionelle Pendant, wenn nicht sogar cremiger.

Bietet veganes Eis die gleiche Vielfalt wie traditionelles?

Sogar noch mehr. Bei traditionellem Eis verwenden wir in der Regel Sahne und Kuhmilch. Im pflanzlichen Bereich haben wir eine viel größere Vielfalt, wir können wählen zwischen Soja-, Hafer-, Erbsen-, Dinkel-, Lupinen-, Mandel-, Cashew- und Kokosmilch und den dazugehörigen veganen Sahnen. Jede Milch hat eine andere Zusammensetzung und einen anderen Geschmack.

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Und welche davon eignet sich am besten für die Herstellung von Eis?

Grundsätzlich würde ich immer die Barista-Variante eines Pflanzendrinks nehmen, weil sie einfach cremiger ist. Ansonsten ist es vor allem eine Geschmacksfrage. Man sollte die Grundzutaten auf jeden Fall probieren, bevor man anfängt, Eis daraus zu machen. Sonst besteht die Gefahr, dass einen das Ergebnis enttäuscht. Pauschale Antworten sind hier schwierig, weil jeder Pflanzendrink eine andere Zusammensetzung hat, die dann auch die Konsistenz beeinflusst. In meinen Rezepten gebe ich immer den gewünschten Fettanteil an.

Was ist am wichtigsten, damit gutes veganes Eis auch zu Hause gelingt?

Die Herstellung von cremigem Eis erfordert ein gewisses Verständnis für das Zusammenspiel von Wasser, in Form von Früchten oder pflanzlichen Milchalternativen, Trockenzutaten wie Nussmus sowie Fetten wie Kokosöl oder veganer Sahne. Eine ausgewogene Balance ist wichtig, um das richtige Mundgefühl zu erzielen. Die Wahl der Trockenzutaten spielt dabei eine entscheidende Rolle. Je mehr Nussmus ich zum Beispiel verwende, desto härter wird das Eis. Das kann ich aber durch die Wahl des Zuckers ausgleichen. Sorbets wiederum sind in der Regel sehr weich, weil sie wenig Trockenmasse enthalten. In jedem Fall gelingt veganes Eis aber auch zu Hause, auch bei Anfängern.

Welche Rolle spielt der Zucker? Inwiefern beeinflusst er die Cremigkeit des Eises?

Verschiedene Zuckerarten haben unterschiedliche Eigenschaften, neben der Süßkraft geht es vor allem um die gefrierhemmende Wirkung. Je höher die ist, desto schneller wird das Eis nach dem Auftauen wieder weich und cremig. Ich versuche, so wenig Süße wie nötig mit maximaler Cremigkeit zu vereinbaren. Traubenzucker hat zum Beispiel eine sehr hohe gefrierhemmende Wirkung, bei vergleichsweiser geringer Süßkraft. Auch mit Rohrzucker, Agavendicksaft oder Reissirup lässt sich veganes Eis gut süßen. Man kann veganes Eis auch nur mit Rohrzucker herstellen, aber ich würde nie Traubenzucker eins zu eins damit ersetzen, dann würde das Eis viel zu süß. Und cremiger wird das Eis auf jeden Fall mit Traubenzucker. Man findet ihn in gut sortierten Supermärkten oder im Internet.

Cremiger dank Traubenzucker: Joghurt-Waldbeeren-Eis mit Sesam. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Sie schreiben in Ihrem Buch, dass auch Salz sehr wichtig bei der Eisproduktion sei.

Als natürlicher Geschmacksverstärker kann Salz Aromen intensivieren und hervorheben. Vor allem bei Nusssorten wie geröstetem Pistazien- oder Kürbiskerneis kann eine Prise Fleur de Sel das Eis zu etwas Besonderem machen.

Wenn ich die Masse probiere, die ich in die Eismaschine gebe, weiß ich dann genau, wie das Eis am Ende schmecken wird?

Nein, der Gefrierprozess beeinflusst den Geschmack eines Eises, er reduziert ihn. Wenn zum Beispiel mit Lavendel aromatisierte Sojamilch vor dem Gefrieren genauso schmeckt wie gewünscht, fehlt es ihr in Wirklichkeit noch an Intensität. Die Basis sollte idealerweise einen Tick intensiver schmecken als gewünscht.

Wichtig für die Konsistenz von Eis seien auch die Bindemittel, schreiben Sie.

Sie sind dafür verantwortlich, die Konsistenz und Textur des Eises zu verbessern. Bei nicht-veganem Eis wird häufig Eigelb verwendet, bei veganem Eis reichen Guarkernmehl oder Johannisbrotkernmehl völlig aus. Die bekommt man oft im Bio-Supermarkt. Sie binden das Wasser im Eis, vermeiden Kristalle und verleihen ihm die gewünschte Cremigkeit und Geschmeidigkeit. Wer kein Guarkernmehl oder Johannisbrotkernmehl zu Hause hat, kann auch Speisestärke als Bindemittel verwenden. Da besteht allerdings die Gefahr, dass ein leicht mehliger Geschmack zurückbleibt. Außerdem muss Speisestärke zunächst in Pflanzenmilch aufgekocht werden, ehe sie ihre bindende Wirkung entfaltet, das bedeutet mehr Zeitaufwand.

Zur Herstellung von Eis ist ein Mixer oder Rührstab wichtig, aber auch eine grammgenaue Waage, weil manche Zutaten wie Öle oder Bindemittel in sehr geringen Mengen verwendet werden. Darüber hinaus halten Sie eine Eismaschine für unverzichtbar. Warum kann man Eismasse nicht einfach so einfrieren?

Die Eismaschine ist das Herzstück der Eisherstellung! Und die besten Ergebnisse gibt es bei Maschinen mit Kompressor, denn bei ihnen wird die Eismasse schneller und tiefer unter null Grad gekühlt. Die schnelle Kühlung ist wichtig, damit die wässrigen Komponenten keine Gelegenheit haben, Eiskristalle zu bilden. Aus diesem Grund ist die Eisherstellung ausschließlich im Gefrierfach, bei der das Eis alle halbe Stunde per Hand umgerührt wird, zwar machbar, aber eben nicht empfehlenswert.

Wie lange hält sich selbstgemachtes veganes Eis im Gefrierfach?

Bei luftdichter Verpackung und einer konstanten Kühlung bis zu ein Jahr. Allerdings empfehlen wir, das Eis möglichst frisch zu genießen, da der Geschmack von einigen Aromen im Laufe der Zeit an Intensität verlieren kann.

Was ist im Moment Ihre Lieblingssorte?

Die nenne ich "Tausendundeine Nacht". Das ist ein mandelbasiertes Eis, gewürzt mit Kardamom und Orangenblütenwasser.

Und welche Geschmacksrichtungen planen Sie gerade?

Demnächst wird es bei uns auch Salbei-Eis geben. Außerdem würde ich gern eine Sorte mit Goldpomeranze entwickeln, das ist eine spezielle Bitterorange, die nur in Passau kultiviert wird.

Zitronen-Minz-Sorbet

Zitronen-Minz-Sorbet. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Zutaten:

170 g Zucker

35 g Traubenzucker

1,6 g Bindemittel

230 ml Zitronensaft

15 g frische Minzblätter

Zubereitung: Zucker und Traubenzucker in eine Schüssel geben. Bindemittel mit einer Feinwaage abwiegen und dazugeben. Alles gründlich miteinander vermengen. 550 ml heißes Wasser zugießen und gründlich mit einem Schneebesen rühren, bis der Zucker sich auflöst und ein Sirup entsteht. Sirup im Kühlschrank abkühlen lassen. Zitronensaft mit dem Schneebesen in den abgekühlten Sirup rühren. Minzblätter dazugeben und mit dem Pürierstab oder der Küchenmaschine mixen. Sorbet-Mischung in die Eismaschine füllen und entsprechend den Herstellerangaben gefrieren lassen. Das cremige Sorbet in ein vorgekühltes, luftdicht verschließbares Gefäß füllen und im Gefrierfach bei mindestens -18°C über Nacht gefrieren lassen.

Serviertemperatur: -16°C. Das Sorbet kann nach ein paar Minuten Antauen serviert werden.

Geröstetes Pistazien-Eis

Pistazien-Eis. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Zutaten:

Eis

80 g Zucker

80 g Traubenzucker

3 g Salz

1,6 g Bindemittel

540 ml Sojadrink

170 g geschmacksneutrale pflanzliche Sahne (31% Fett)

40 g heller Agavendicksaft

Fleur de Sel zum Garnieren

Pistazien-Pesto

500 g geröstete Pistazienkerne

1 TL geschmacksneutrales Öl

Zubereitung: Für das Pistazien-Pesto Pistazienkerne bei 165 Grad Ober-/Unterhitze oder 150 Grad Umluft im vorgeheizten Ofen 10-15 Minuten rösten und danach abkühlen lassen. Anschließend pürieren, bis ein grobes Pesto daraus wird. Gegebenenfalls 1 TL neutrales Öl in den Mixer dazugeben. Für das Eis Zucker und Traubenzucker in einen Topf geben (2 Liter Fassungsvermögen). Salz und Bindemittel mit einer Feinwaage abwiegen und dazugeben. Alles gründlich mit einem Schneebesen mischen. Pflanzendrink, Sahne und Agavendicksaft zugeben und kräftig mit dem Schneebesen verrühren, damit keine Klümpchen entstehen. 100 g Pistazien-Pesto einrühren, unter ständigem Rühren kurz aufkochen und vollständig im Kühlschrank abkühlen lassen. Cremeeis-Mischung in die Eismaschine füllen und entsprechend den Herstellerangaben gefrieren lassen. Das cremige Eis in ein vorgekühltes, luftdicht verschließbares Gefäß füllen und im Gefrierfach bei mindestens -18°C über Nacht gefrieren lassen.

Mousse-au-Chocolat-Eis

Mousse-au-Chocolat-Eis. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Zutaten:

400 ml Haferdrink (Barista)

50 ml ungesüßtes Kakaopulver

90 g Zucker

80 g Traubenzucker

3 g Salz

1,5 g Bindemittel

300 g geschmacksneutrale pflanzliche Sahne (31% Fett)

30 g heller Agavendicksaft

Zubereitung: Pflanzendrink mit dem Kakao aufkochen und dabei kräftig mit dem Schneebesen rühren. Zum Abkühlen zur Seite stellen. Zucker und Traubenzucker in eine große Schüssel geben. Salz und Bindemittel mit einer Feinwaage abwiegen und dazugeben. Alles gründlich mischen. Kakaomilch, Sahne und Agavendicksaft zu den Trockenzutaten geben und kräftig mit dem Schneebesen rühren, damit keine Klümpchen entstehen. Cremeeis-Mischung in die Eismaschine füllen und entsprechend den Herstellerangaben gefrieren lassen. Das cremige Eis in ein vorgekühltes, luftdicht verschließbares Gefäß füllen und im Gefrierfach bei mindestens -18°C über Nacht gefrieren lassen.

Serviertemperatur: -14°C. Dieses Eis darf, bevor es serviert wird, im Kühlschrank 10 Minuten oder bei Raumtemperatur 5 Minuten antauen.

Tipp: Diese Sorte kann nach Belieben mit den folgenden Zutaten verfeinert werden:

2-5 Tropfen Minzöl, 5-8 Tropfen Orangenöl oder Orangenschale, 7 g Ingwerpulver oder 15 g frischer Ingwer, 10 g getrockneter Lavendel (dem Pflanzendrink beim Aufkochen zugeben und abseihen)

Topping-Empfehlung: Nach Belieben passen zu diesem Eis sehr gut Fleur de Sel, Brownie-Stückchen und geröstete Haselnüsse.

Strawberry-Milkshake-Eis

Strawberry-Milkshake-Eis. (Foto: Christian Verlag/Caitlin Neitzke)

Zutaten:

400 g Erdbeeren

70 g Zucker

80 g Traubenzucker

1,5 g Salz

1,5 g Bindemittel

90 ml Sojadrink

350 g geschmacksneutrale pflanzliche Sahne (31 % Fett)

60 g heller Agavendicksaft

10 ml Zitronensaft

1 EL dunkler Balsamicoessig

Zubereitung: Erdbeeren waschen und die grünen Enden entfernen. Falls gefrorene Erdbeeren verwendet werden, diese unbedingt komplett auftauen. Zucker und Traubenzucker in eine Schüssel geben. Salz und Bindemittel mit einer Feinwaage abwiegen und dazugeben. Alles gründlich vermengen. Pflanzendrink und pflanzliche Sahne zu den Trockenzutaten geben und kräftig mit dem Schneebesen rühren, damit keine Klümpchen entstehen. Zuletzt Agavendicksaft, Zitronensaft und Balsamico unterrühren. Für ein besonders seidiges Ergebnis die Mischung im Mixer vor dem Einfüllen in die Maschine noch mal mixen oder den Rührstab verwenden. Cremeeis-Mischung in die Eismaschine füllen und entsprechend den Herstellerangaben gefrieren lassen. Das cremige Eis in ein vorgekühltes, luftdicht verschließbares Gefäß füllen und im Gefrierfach bei mindestens -18°C über Nacht gefrieren lassen.

Serviertemperatur: etwa -14°C, kann nach 5-10 Minuten Antauen bei Raumtemperatur serviert werden.

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