Australisches Alkohol-Experiment:Kampf dem Kater

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Bier schmeckt vielen - der Kater danach den wenigsten (Foto: N/A)

Wissenschaftler aus Australien haben ein neues Getränk entwickelt, das jetzt von Medien weltweit als "No-Hangover Beer" gefeiert wird. Die Begeisterung bei Freunden der feuchtfröhlichen Abendgestaltung ist groß. Doch kann man mit der Erfindung tatsächlich katerfrei bleiben?

Von Felicitas Kock

Ist das nun der wahrgewordene Traum aller Feierbiester und Biergartenliebhaber? Australische Wissenschaftler haben eigenen Angaben zufolge ein Bier so verändert, dass es rehydrierend wirkt - dem Wasserverlust im Körper also entgegenwirkt. Die internationalen Medien jubilieren. Die Rede ist vom "No-Hangover Beer", von einem alkoholischen Getränk, das keinen Kater verursachen soll.

Doch wer jetzt frohlockt und sich vorstellt, wie er am Morgen nach einer durchzechten Nacht munter aufsteht, dabei aussieht wie ein junger Gott und sich so frisch fühlt, als habe er in einem Bergsee gebadet, der sei gewarnt: So einfach ist die Sache mit der fiesen Miezekatze nicht.

"Der Wasserverlust ist nur ein kleiner Teil des ganzen Katerspuks", sagt Professor Florian Eyer, Leiter der klinischen Toxikologie am Klinikum rechts der Isar in München, "sonst wäre es ja auch damit getan, nach dem Alkoholgenuss noch zwei Liter Wasser zu trinken." Der Zustand nach dem Rausch werde durch viele verschiedene Faktoren bedingt, insgesamt handle es sich um ein "medizinisch sehr komplexes" Gebiet. So werden die Schleimhäute durch den Alkoholgenuss gereizt, es kommt zu einer Verschiebung im Bereich des Gleichgewichtsorgans, die Übelkeit und Erbrechen verursachen kann - und bei Vieltrinkern kann das schlechte Gefühl am Tag nach dem Alkoholgenuss auch eine Entzugserscheinung sein. Jeder Mensch reagiert anders auf Alkohol und selbst Stimmungen können sich auf die Heftigkeit der Symptome niederschlagen. Wer aus Frust trinkt, leidet am nächsten Morgen oft stärker.

Erst Rad fahren, dann trinken

Auch Christian Dahncke von der Paulaner-Brauerei in München hält wenig von dem Experiment der Australier. "Die Entstehung eines Katers ist nach wie vor noch nicht zu hundert Prozent geklärt", sagt der Braumeister. Wichtig sei von Seiten der Hersteller auf jeden Fall eine lange Lagerung des Bieres, um höhere Alkohole - auch Fuselöle genannt - abzubauen. Diese entstehen bei der Gärung und ihre Abbauprodukte könnten laut Dahncke ebenfalls einen Einfluss darauf haben "wie laut der Kater schreit".

Das australische Team um den Wissenschaftler Ben Desbrow vom Griffith Health Institute in Queensland interessierte sich bei seinem Versuch vor allem für Biertrinken nach dem Sport. Viele Menschen würden gerne Bier zu sich nehmen, nachdem sie sich körperlich verausgabt hätten. Man habe deshalb herausfinden wollen, wie man die Risiken verringern könne, die mit dem Alkoholkonsum einhergingen, so Desbrow. Die Testgruppe war vergleichsweise klein - nur sieben männliche Freiwillige mussten für das Experiment erst eine Runde Fahrrad fahren, dann trinken. Zur Auswahl standen ein normal starkes und ein leichtes Bier, sowie jeweils eine Version, bei der der Elektrolytgehalt der Biere durch die Zugabe von Natrium verändert worden war.

Warnung vor der Anreicherung mit Natrium

Das Ergebnis: Nach dem Genuss des leichten, mit Natrium angereicherten Biers, blieb der Wasserhaushalt sehr viel ausgeglichener als nach dem Genuss der normal starken Biere. Nur: Einen signifikanten Unterschied zum nicht veränderten Light-Bier scheint es nicht zu geben. Am Ende könnte also auch alles mit dem reduzierten Alkoholgehalt zusammenhängen.

Florian Eyer warnt sogar vor dem veränderten Bier: "Wenn ein Getränk mit Elektrolyten, also etwa Natrium und Kalium angereichert wurde, kann das bei manchen Menschen auch gesundheitliche Probleme hervorrufen", sagt der Professor. In Deutschland könne so ein Bier wohl gar nicht erst in den Handel gelangen.

Kopfschmerzen - ein vergleichsweise kleines Übel

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Und so lautet die ernüchternde Nachricht: Die meisten Menschen, die viel Bier trinken und dabei nicht auf alkoholfreie Alternativen zurückgreifen wollen, müssen am nächsten Tag mit einem Kater rechnen. Eine wirksame Kur oder Vorbeugung gibt es nicht. Um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, empfiehlt der Bundesverband Deutscher Internisten zwar, am Ende eines durchzechten Abends mehrere Gläser Mineralwasser zu trinken. Am Morgen kann unter Umständen eine salzige Brühe verlorene Elektrolyte ersetzen. Doch die Rehydrierung ist eben nicht alles. Bei heftigem Schädelbrummen empfiehlt sich eine Schmerztablette. Wesentlich Potenteres hat die Wissenschaft bis heute nicht zu bieten - und ist auch nicht unbedingt daran interessiert.

Denn, und das sollte bei dem ganzen Katzenjammer nicht vergessen werden: So ein Kater ist auch eine mächtige Warnung des Körpers vor zu hohem Alkoholkonsum. Menschen, die von den morgendlichen Symptomen kaum geplagt werden, neigen laut Wissenschaftlern häufiger dazu, ernste Alkoholprobleme zu entwickeln.

Und Alkohol wiederum soll an der Entstehung von mehr als 80 verschiedenen Leiden beteiligt sein. Da sind einige Stunden Kopfweh, Übelkeit und Konzentrationsschwäche eindeutig das kleinere Übel.

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