Zweite Liga:Rückzug der Raute

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Gott sei Dank, es hat geklappt: Nürnbergs Trainer Robert Klaus umarmt vor Freude den ehemaligen Club-Spieler Hanno Behrens. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Nürnbergs Trainer Robert Klauß verändert sein Spielsystem, der Club schlägt Hansa Rostock mit 1:0.

Von Sebastian Leisgang

Thomas Schaaf ist in Mannheim geboren worden, er gehört aber zu Bremen wie die Stadtmusikanten, Werder und die Weser. Man hat zwar schon eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört, aber wenn die Erinnerungen nicht trügen, dann war Schaaf derjenige, der Werder nicht nur eine deutsche Meisterschaft und den Pokalsieg verschafft hat - er hat den Verein auch ins Finale der Europa League geführt, bevor er dann abgestürzt ist und mittlerweile in derselben Liga spielt wie Ingolstadt, Sandhausen und der Hamburger SV.

Robert Klauß ist in Eberswalde geboren. Schwer zu sagen, ob er mittlerweile schon zu Nürnberg gehört wie der Plärrer, Drei im Weggla und der Club, man kann aber davon ausgehen, dass er den Valznerweiher mittlerweile auch ohne Navigationsgerät findet. Klauß hat dem 1. FC Nürnberg in der vergangenen Saison ein recht geruhsames Jahr verschafft, was beim Club in etwa so hoch einzuordnen ist wie eine Meisterschaft mit Werder. Auch Nürnberg spielt zwar in einer Liga mit Ingolstadt, Sandhausen und dem Hamburger SV, mit einem Absturz hat das aber ziemlich wenig zu tun. Die Mannschaft ist momentan so erfolgreich, dass sich Klauß vor gut einer Woche dazu veranlasst sah, darauf hinzuweisen, dass es keinen Grund gebe, vom Europapokal zu träumen - geschweige denn von einem Finale in der Europa League. Wahrscheinlich ist es nicht allzu viel, was den eher konservativen Schaaf und den sehr innovativen Klauß verbindet, aber eine Sache wäre da doch: Schaaf, 60, hat Werder mit einer sagenumwobenen und fast schon sagenhaften Mittelfeldraute groß gemacht. Und Klauß, 36, ist gerade dabei, den Club mit einer eingespielten und manchmal spielfreudigen Mittelfeldraute wieder etwas größer zu machen.

Man musste sich am Freitagabend also ziemlich wundern, als Schiedsrichter Robin Braun die Partie zwischen Nürnberg und Rostock freigab. Klauß hatte seine Mannschaft zwar in einem 4-4-2 auf den Platz geschickt, er war aber vom Schaafschen Glaubensbekenntnis abgerückt und hatte seine Mittelfeldspieler zum ersten Mal in dieser Saison nicht in einer Raute anfangen lassen.

Der Club spielte mit zwei Sechsern, die zu Schaafs großen Trainerzeiten noch Staubsauger hießen

Als Nürnbergs Trainer später gefragt wurde, was ihn dazu bewogen habe, das System umzustellen, da sagte er ein paar Sätze, die Schaaf mit Sicherheit anders formuliert hätte. Klauß meinte etwa, dass es seinem Team zugute gekommen sei, dass es im Mittelfeld in Person von Lino Tempelmann und Fabian Nürnberger "aus einer etwas tieferen Sechserposition nach vorne verteidigen" konnte und "im Ballbesitz ein bisschen mehr Variationen" gehabt habe. Deshalb spielte der Club also mit zwei sogenannten Sechsern, die zu Schaafs Zeiten noch "Staubsauger vor der Abwehr" genannt wurden und Namen trugen wie Dieter Eilts und Peter Niemeyer.

Mit dem veränderten System spielte Nürnberg zwar alles andere als gut, blieb aber auch im achten Spiel ungeschlagen und setzte sich mit dem 1:0 im ersten Drittel der Tabelle fest. Zufrieden war Klauß trotzdem nicht. "Wir wissen, dass es eines unserer schwächsten Saisonspiele war", gestand Nürnbergs Trainer und nannte den Vortrag seiner Mannschaft "in Summe nicht souverän". Was aber heißt es, wenn der Club mittlerweile selbst dann gewinnt, wenn er eines seiner schwächsten Saisonspiele macht?

Er lasse sich "nicht locken", sagte Klauß und wollte sich dann nicht dazu durchringen, den Satzanfang "Wer solche Spiele gewinnt" zu vollenden. In der Vorsaison sei seiner Mannschaft trotz eines beträchtlichen Vorsprungs angedichtet worden, sie stecke im Abstiegskampf. Das, meinte Klauß, sei ebenso unzutreffend gewesen wie Euphorie in der gegenwärtigen Lage. Aber, und das ist sehr wohl zutreffend: Beim Club ist in dieser Saison mehr drin als nur ein geruhsames Jahr.

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