Zweite Bundesliga:Teuer aufsteigen

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Üppiges Gehalt, zuletzt aber sportlich wieder ein Faktor beim HSV: Stürmer Pierre-Michel Lasogga. (Foto: Axel Heimken/dpa)

Der Hamburger SV empfängt den Mitabsteiger aus Köln zum Zweitliga-Gipfel - und könnte danach Lokalrivale St. Pauli von der Spitze verdrängen.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Wenn am Montagabend das vielleicht spektakulärste Zweitliga-Duell der Historie zwischen dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln stattfindet, sind die Blicke auch auf Pierre-Michel Lasogga, 26, gerichtet: Der wiedererstarkte Torjäger (fünf Treffer in der Liga, vier im Pokal) lässt das erklärte Ziel des HSV, den sofortigen Wiederaufstieg in die erste Liga, trotz des Stotterstarts im Unterhaus realistisch erscheinen. Zudem stieg er wieder zum Liebling vieler HSV-Fans auf, auch weil er zur Fußball-Soap "Die Lasoggas", für die ihn die Bild-Zeitung ein Jahr lang filmisch begleitet hatte, flankierend gesagt hat: "Der Fußball entfernt sich immer mehr von den Fans. Ich will nicht nur mit Toren, sondern auch mit Nähe zurückzahlen."

Lasogga ist aber auch ein Beispiel dafür, warum die Hamburger mit ihrem Zweitliga-Rekordetat von 28,5 Millionen Euro allein für Gehälter (Köln ist da mit 24 Millionen Zweiter) auf schnelle Erfolge angewiesen sind. An dem Stürmer zeigt sich, wie großzügig der HSV in den vergangenen Jahren sein Geld an Profis und Berater verteilt hat. Mit einem von "Football Leaks" geouteten Jahreseinkommen von 3,4 Millionen Euro ist Lasogga der teuerste deutsche Zweitliga-Profi der Geschichte. Seine Mutter Kerstin, die den Fünfjahresvertrag als Beraterin vor vier Jahren aushandelte, sagt dazu nur: "Verträge sind dazu da, eingehalten zu werden." Schließlich habe der HSV den Sohnemann "unbedingt" gewollt - und niemand habe den Klub gezwungen, den Vertrag zu unterschreiben.

Aaron Hunt und Lewis Holtby haben nach dem Abstieg mit dem HSV auf Honorar verzichtet; anders als die beiden ist Lasogga sportlich allerdings nicht abgestiegen. Er war in der vorigen Saison an Leeds United ausgeliehen, weil der damalige HSV-Trainer Markus Gisdol ähnlich wenig vom Strafraumwühler Lasogga hielt als der zuletzt entlassene Christian Titz. Nun baut der HSV darauf, dass der Stürmer wieder seine Stärken ausspielt. Sportvorstand Ralf Becker betont, "dass er immer alles gegeben hat, auch in schwierigen Zeiten".

Ob Lasogga, der "sehr am HSV hängt", wie seine Mutter sagt, auch in der kommenden Saison für Hamburg auflaufen wird, ist dennoch fraglich. Selbst nach einem Wiederaufstieg müsste er einen deutlich bescheidener dotierten Vertrag unterschreiben. Die Zeit großer Gehälter und Transfers sei passé beim HSV, sagt Becker. Den mit mehr als 100 Millionen Verbindlichkeiten belasteten Klub erwartet laut Abendblatt erneut ein Minus von 20 Millionen Euro. Es geht daher das Gerücht, der HSV wolle doch wieder vermehrt mit Anteilseigner Klaus-Michael Kühne zusammenarbeiten, um ein für Frühjahr 2019 befürchtetes Finanzloch zu verhindern.

Der erneute Trainerwechsel von Titz zu Hannes Wolf macht womöglich auch aus Lasaoggas Sicht Sinn. Wolf sagte kürzlich, er wolle beim HSV "keine Revolution" machen, sondern nur an ein paar Schrauben drehen. Schon jetzt hat er Lasogga, der bei Titz meist auf der Bank saß, so gestärkt, dass dieser seine jüngsten Tore durch das "Vertrauen" des neuen Trainers erklärte. Tatsächlich hat Wolf nur einige Details verändert: Neben Lasoggas Beförderung (die nach vier torlosen Heimspielen nachvollziehbar war) hat er Torwart Julian Pollersbeck in den Strafraum zurückbeordert - bei Titz agierte er im Spielaufbau als eine Art Libero und zusätzlicher Feldspieler.

Wolf, der seine ersten beiden Spiele in Magdeburg und im Pokal in Wehen gewann, vertraut auch auf Holtby und Nachwuchs-Nationalstürmer Jann-Fiete Arp - trotz deren großer Näher zu Vorgänger Titz. Holtby sagte dazu seinerseits sehr professionell: "Es ist egal, wer hier gerade Trainer oder wer Putzfrau ist." Es zähle für ihn nur, zu gewinnen und alles zu geben.

Beim Spitzenspiel gegen Köln könnte Wolf zudem seine Vergangenheit helfen: Mit FC-Torjäger Simon Terrodde (damals 25 Saisontore) ist er 2017 mit dem VfB Stuttgart wieder in Liga eins aufgestiegen. Jetzt hofft die Mehrheit der über 50 000 Zuschauer im Volksparkstadion, dass Wolf auch weiß, wie man Terrodde (bisher 13 Saisontore) am besten stoppt. Dann könnte der Krisenklub Hamburger SV sogar Platz eins übernehmen - nachdem am Sonntag ausgerechnet der kleine Stadtrivale St. Pauli (2:1 in Bielefeld) die Tabellenführung übernommen hat.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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