Volleyball:Konsolidiert im Mittelfeld

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Obwohl Eric Burggräf und die Herrschinger Volleyballer wussten, was kommt, taten sie sich gegen Aufsteiger Freiburg schwer. (Foto: Reuhl/Fotostand/Imago)

Auch in ihrer zehnten Erstliga-Saison setzen Herrschings Volleyballer darauf, aus ihrem überschaubaren Budget Maximales herauszuholen. Dafür haben sie einige junge deutsche Spieler verpflichtet. Außerdem kehren sie für weniger attraktive Heimspiele in ihre alte Heimat Nikolaushalle zurück.

Von Katrin Freiburghaus

Es wirkte wie ein Ausflug in alte Zeiten, als Max Hauser die Sponsoren am Donnerstag im Stammlokal am Ammersee begrüßte, sowohl Auskunft zur Umbenennung der Spielhalle als auch zum Fitnessstand der Mannschaft gab und schließlich gemeinsam mit dem Hallensprecher die Team-Präsentation der Herrschinger Erstliga-Volleyballer moderierte. Lange hatte der 39-Jährige bei den WWK Volleys in der Außendarstellung den Alleinunterhalter gegeben. Nach seinem ersten Jahr als Geschäftsführer, in dem hinter den Kulissen kaum ein Stein auf dem anderen blieb, hatte es nun endlich ruhiger werden sollen. "Aktuell passiert das Gegenteil", räumte er ein, "und es ist ganz ehrlich ein bisschen viel."

Die gute Nachricht: Es handelte sich tatsächlich um einen Ausflug und keine Dauerlösung. Dass Trainer Thomas Ranner einen Monat vor dem Ligaauftakt bei Aufsteiger Karlsruhe fehlte, lag daran, dass er als Teil des Trainerstabs der deutschen Volleyballer in Brasilien um das Olympiaticket spielt. "Nationalmannschaft geht vor", sagte Hauser. Individuelle Entwicklung zu ermöglichen, das gehört also weiterhin zum Herrschinger Gesamtpaket. Der Klub hat sich auch deshalb in der oberen Tabellenhälfte zwischen Konkurrenten mit deutlich größeren finanziellen Mitteln etabliert, weil er ambitionierten Trainern und Spielern mit Potenzial gewisse Freiheiten einräumt. So professionell die Strukturen der Herrschinger im zehnten Erstliga-Jahr verglichen mit den Anfängen sind, so wenig hat sich an der Grundidee geändert, aus einem überschaubaren Budget möglichst viel für alle herauszuholen.

Niemand von Herrschings Volleyballern wird mehr per Anhalter zum Auswärtsspiel fahren

Niemand wird mehr per Anhalter zum Auswärtsspiel fahren, doch die Grenzen der Professionalität sind am Ammersee nach wie vor in beide Richtungen dehnbar. Gesellschafter und Diagonalangreifer Jonas Kaminski etwa hat kürzlich seine eigene Chiro-Praxis eröffnet und trainiert nur viermal pro Woche, Mittelblocker Norbert Engemann arbeitet bei der Polizei. Auch in anderen Bereichen spiegelt der auf 15 Spieler vergrößerte Kader das auf Entwicklung ausgelegte Konzept. So ist er laut Hauser nicht deutlich teurer als im Vorjahr, weil "es die Möglichkeit gab, junge deutsche Spieler zu holen". Diagonalangreifer Filip John und Zuspieler Eric Burggräf kamen aus der zweiten Reihe in Düren. "Die bekommen hier eine neue Rolle und Verantwortung", sagte Hauser, "meine Erfahrung ist, dass das jungen Spielern sehr gut tut." Ein relativ stabiler Beweis für diese These ist das aktuelle Zuspieler-Duo des deutschen Meisters Berlin: Johannes Tille und Leon Dervisaj spielten einst in exakt dieser Konstellation in Herrsching.

Für den Außenangriff holte Herrsching Theo Timmermann aus Königs Wusterhausen, der zu den besten Aufschlagspielern der Liga zählt und dem Hauser eine Führungsrolle zutraut. Letztere ist nach dem Karriereende von Libero Ferdinand Tille noch zu füllen, ein Kandidat ist dessen Nachfolger Leonard Graven, der seinem Status als Super-Talent längst entwachsen ist. Dennoch strahlte Tille als international erfahrener Profi eine natürliche Autorität aus, die sich nicht im Schnelldurchlauf lernen lässt.

Vielleicht auch deshalb klang Hausers sportliche Zielsetzung fast defensiv. Von einer guten Saison könne man sprechen, "wenn wir unter die ersten Sechs kommen", sagte er, für eine "sehr gut" müsse es das Halbfinale werden, um sich wieder für den internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Wie realistisch das ist, mochte Co-Trainer Michael Mattes noch nicht beurteilen, die eigene Leistungsfähigkeit schätzt er allerdings höher ein als in der vergangenen Saison. "Die Differenz zwischen Potenzial und Outcome war noch nie so groß wie letztes Jahr", sagte er: "Dieses Auf und Ab erwarte ich von der aktuellen Mannschaft nicht, weil viele Leute ein stabileres Grund-Level haben."

Unverändert bleibt die Zielsetzung, in der Münchner Rudi-Sedlmayer-Halle, die nun BMW Park heißt, einen Zuschauerschnitt von 2000 zu erreichen. Die Chancen dafür sind gestiegen, denn der Klub hat mit der Volleyball-Bundesliga (VBL) ausgehandelt, für drei weniger prestigeträchtige Heimspiele gegen Aufsteiger in seine zu kleine Nikolaushalle zurückkehren zu dürfen. "Man kann sich so mehr auf die Highlight-Spiele fokussieren und sie besser bewerben, das ist auch eine finanzielle Frage und hat eigentlich nur Vorteile", sagte Hauser. Dass die VBL das genauso sah, darf Hauser als Erfolg für Herrschings Modell der dehnbaren Grenzen werten.

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