WM-Qualifikation: Der Fußballkrieg:Spiel mit hohem Risiko

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Honduras und El Salvador haben gute Chancen auf die Teilnahme an der WM 2010. Ihre Partie ruft den "Fußballkrieg" vor 40 Jahren in Erinnerung.

Thomas Hummel

Vierzig Jahre nach dem so genannten Fußballkrieg erhält das Spiel Honduras gegen El Salvador wieder das Prädikat "höchste Sicherheitsstufe". Hugo Estrada, Gesandter der Fifa aus Guatemala, besichtigte das Estadio Olímpico Metropolitano in der Stadt San Pedro Sula und rief ein "Hochrisikospiel" aus. Man müsse alle Möglichkeiten der Prävention nutzen, um Vorfälle auf den Tribünen zu unterbinden, sagte Estrada. Für die Besucher aus El Salvador forderte der Fifa-Mann einen speziellen Sektor im Stadion.

Jubel in El Salvador: Das Nationalteam gewann gegen Mexiko 2:1, nun geht es zum brisanten Duell zum Nachbarn Honduras. (Foto: Foto: AP)

Seit vielen Jahren lag nicht mehr so große Brisanz über einem Duell der Nachbarstaaten in einem WM-Qualifikationsspiel (Donnerstag, 3.30 Uhr MESZ). In der Endrunde der Nord-/Mittelamerika-Gruppe liegt El Salvador nach vier von zehn Spieltagen und einem 2:1 gegen Mexiko auf Rang drei der Tabelle, der die Reise nach Südafrika garantiert. Honduras rangiert nur einen Platz dahinter, Platz vier berechtigt zu Entscheidungsspielen gegen den Fünften der Südamerika-Qualifikation.

Fifa-Señor Estrada wies deshalb darauf hin, man könne kaum vorhersehen, welche Emotionen sich da je nach Resultat entladen. Immerhin seien die Hoffnungen in beiden Ländern enorm, endlich wieder auf der Welt-Fußballbühne vertreten zu sein.

Bei aller Vorsicht: So schlimm wie 1969 wird es diesmal kaum kommen. Damals mündete die Partie in der Qualifikation für die WM 1970 in Mexiko in eine brutale Auseinandersetzung, die in den Geschichtsbüchern als Fußballkrieg firmiert. Ein ziemlich irreführender Name, denn mit Fußball hatte dieser Krieg nur so viel zu tun, als dass eine ohnehin aufgeladene Stimmung zwischen den Nachbarn durch die Partien noch aufgeladener wurde. Und dass kurz nach den Partien die Staaten einen kurzen, aber heftigen Krieg führten.

In den Sechzigerjahren waren bis zu 300.000 Salvadorianer über die Grenze nach Honduras gekommen, um Brachland in Besitz zu nehmen und zu bewirtschaften. Um innere Probleme zu überdecken, schürte die honduranische Militärregierung bald die Stimmung gegen die Einwanderer, verabschiedete eine Landreform und kündigte den Migrationsvertrag mit El Salvador. Die Immigranten sollten binnen 30 Tagen Honduras verlassen.

In diese 30 Tage fiel das Halbfinale der WM-Qualifikation zwischen den Auswahlteams beider Länder. Sowohl in Tegucigalpa wie in San Salvador kam es zu blutigen Kämpfen zwischen Zuschauern, die Fußballer von Honduras fuhren beim Auswärtsspiel im gepanzerten Fahrzeug ins Stadion. Da jeweils der Gastgeber gewann, musste ein dritten Spiel angesetzt werden, die Entscheidung fiel am 28. Juni in Mexiko-City, wo 2000 Polizisten die Lager trennten. Doch nachdem El Salvador das Spiel in der Verlängerung 3:2 gewonnen hatte, kam es in Honduras zu Übergriffen auf salvadorianische Immigranten. Zwei Wochen später marschierte die Armee El Salvadors im Nachbarland ein.

Zehntausende Honduraner flüchteten, binnen 100 Stunden starben etwa 3000 Menschen, 6000 wurden verletzt. Beide Seiten kämpften mit veralteten Propeller-Maschinen aus den USA, Honduras konnte den Feind nur mit bedeutender Hilfe der Zivilbevölkerung aufhalten. Auf Druck der Vereinten Nationen kam nach sechs Tagen ein Waffenstillstand zustande, am Ende mussten sich salvadorianische Soldaten und Immigranten zurückziehen. In dem kleinen Land wuchs der soziale Druck, der sich 1981 in einem elf Jahre andauernden Bürgerkrieg entlud.

Einen Streit um die Landesgrenzen im Golf von Fonseca legten Honduras und El Salvador erst 2006 bei. Zusammen mit Nicaragua einigten sie sich, das Gebiet gemeinsam zu entwickeln und beriefen eine trilaterale Kommission.

Während El Salvador aus dem "Fußballkrieg" als Verlierer hervorging, schaffte es das Team 1969 zum ersten Mal zu einer WM. Dort gelang den Mittelamerikaner allerdings nicht einmal ein Torerfolg. Als es 1981 wieder zu einem entscheidenden WM-Qualifikationstreffen zwischen Honduras und El Salvador kam, rechneten viele mit dem Schlimmsten. Doch es blieb ruhig, und beide Teams schafften den Sprung nach Spanien.

Dies alles hatte der Fifa-Beauftragte Hugo Estrada nicht im Sinn, als er in San Pedro Sula entschied, aus der Partie ein Hochrisikospiel zu machen. Eher schon, dass im vergangenen November gegen Mexiko an gleicher Stelle Gegenstände aufs Spielfeld flogen, und es einige Zuschauer gar bis auf das Spielfeld geschafft hatten. Mit einem wahrhaftigen Krieg hatte das aber nicht viel zu tun.

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