WM-Bilanz der deutschen Leichtathleten:Kostproben der Nachhaltigkeit

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Sieben WM-Medaillen, drei davon aus Gold - eine stolze Bilanz für den Deutschen Leichtathletik-Verband. Und auch wenn dem Sportdirektor am Ende ein bisschen der Gaul durchgegangen ist: Dem Erfolg von Südkorea wohnt eine wichtige Botschaft inne.

Thomas Hahn, Daegu

Am Ende ist Thomas Kurschilgen, dem Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, vielleicht doch ein bisschen der Gaul durchgegangen bei seiner Hymne aufs eigene WM-Team. Da hat er vor lauter Rücksichtnahme nämlich auch noch dem neunten Platz der Stabhochspringerin Silke Spiegelburg etwas Positives abgewinnen können. Wer aber die EM-Zweite Spiegelburg kennt, kann sich schwer vorstellen, dass sie einem neunten Platz viel Positives abgewinnen kann. Legt der DLV also wieder den Weichzeichner über alles, was sich tut in seinen Reihen?

Polizeimeister-Anwärter Weltmeister im Kugelstoßen David Storl: Er ist  in seine Sportart hineingewachsen. (Foto: AP)

Man muss in der Tat aufpassen, dass man in Zeiten des Hochs nicht auch den Blick auf die Schwächen verliert. Auf der anderen Seite ist sicher auch ein Faktor des aktuellen DLV-Erfolgs, dass die Leistungssport-Führung ein hohes Maß an Identifikation bei ihren eigenen Athleten stiftet. Und dazu gehört eben auch, keinen zum Verriss freizugeben, der einfach nur knapp unter den Erwartungen geblieben ist. Sieben WM-Medaillen, drei davon aus Gold - das ist in der Tat eine stolze Bilanz. Richtige Aussetzer waren selten, die meisten schienen zum Höhepunkt in Bestform zu sein, dazu haben junge Werfer wie Matthias de Zordo oder David Storl die ersten goldenen Kostproben ihres Talents abgeliefert. Da kann man Kurschilgen seine gute Laune schwerlich verdenken.

Chance für die Laufdisziplinen

Zumal diesem Erfolg eine wichtige Botschaft innewohnt. Mancher Leistungssport-Planer hat einst laut vom Sichtungssystem der DDR geschwärmt, das auf dem Prinzip beruhte, jeden Jugendlichen zu vermessen und dann auf die verschiedenen Sportarten zu verteilen. Diese Sichtungspraxis ist in einem freien Land zum Glück nicht möglich, hier wächst die Jugend in ihre Sportarten hinein, und gerade wenn man die Biographien der Weltmeister de Zordo und Storl betrachtet, hat man den Eindruck, dass dieses Prinzip zumindest nicht weniger Erfolg verspricht.

Der DLV vertraut der allgemeinen Sporterziehung in den Vereinen, bevor er Talente zu Disziplin-Spezialisten macht. So können nachhaltige Spitzensport-Karrieren entstehen, das ist ein gutes Konzept. Es ist auch die Chance für die vielen Laufdisziplinen, von denen Thomas Kurschilgen in Daegu gar nicht erst gesprochen hat, weil sie in Deutschland so brach liegen, dass kein Vertreter den Sprung ins WM-Team schaffte.

© SZ vom 05.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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