Wladimir Klitschko bleibt Weltmeister:Eher Ringen als Boxen

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Gewonnen, ohne den Gegner k.o. zu schlagen: Wladimir Klitschko. (Foto: dpa)

Am Ende ist es nur ein Pflichtsieg, das Spektakel ist ausgeblieben. Wladimir Klitschko ärgert sich nach dem Kampf in Moskau sogar über sich selbst, weil er Alexander Powetkin nicht k.o. schlagen kann. Für diesen letzten Schlag steht ihm seine gewöhnungsbedürftige Taktik im Weg.

Von Saskia Aleythe, Moskau

Zweieinhalb Stunden nach dem Kampfende tritt Wladimir Klitschko in den Konferenzraum der Moskauer Olympiahalle. Die Wange unter dem linken Auge ist mit einem Veilchen versehen, er setzt sich und wirkt mehr erschöpft als zufrieden nach seinem deutlichen Sieg über Alexander Powetkin. Während Klitschko seine Gedanken zum Kampf mitteilt, bleibt der Platz seines Gegners leer: Powetkin ist da bereits im Krankenhaus.

Powetkin hat viel weggesteckt in diesem Kampf, so viel, dass er die vollen zwölf Runden überstehen konnte gegen Klitschko. Das haben nicht viele Gegner des Ukrainers geschafft, in 64 Profikämpfen lediglich sieben. Ein wenig schmälerte das die Enttäuschung des Russen, "er ist weltweit der beste Boxer", würdigte Powetkin Klitschko noch im Ring. Seine eigenen Stehaufmännchen-Qualitäten verursachten bei Powetkin allerdings etliche Demolagen im Gesicht, schon im Ring quoll sein rechtes Auge zu.

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:Doch der Russe bleibt stehen

Viel Boxen und wenig Show: Weil der Russe Alexander Powetkin einfach nicht K.o. gehen will, muss Schwergewichts-Weltmeister Wladimir Klitschko zwölf Runden arbeiten. Da bleiben für George Foreman und die pfeifenden Zuschauer nur Nebenrollen. Der Kampf des Jahres als Spielfilm.

Von Saskia Aleythe, Moskau

"Ich habe schon geglaubt, dass ich den Kampf vorzeitig beenden kann", gab Klitschko nach dem Kampf zu. Sieben Mal fand sich Powetkin auf dem Ringboden wieder, in 26 Profikämpfen war ihm das zuvor kein einziges Mal passiert. Davon waren zwar einige Stolperern und Schubsern geschuldet, doch in der siebten Runde musste er gleich drei Mal angezählt werden - und kämpfte trotzdem noch fünf Runden weiter. "Das hat mich überrascht", sagte Klitschko, "ich habe in seinen Augen gesehen, dass er bis zur letzten Sekunde kämpfen will und auf den Lucky Punch hofft." Geglückt ist er dem Russen nicht. Bei weitem nicht.

Powetkin ist einer, der unfassbar viel Einstecken kann, im Austeilen aber kaum bedrohlich wird. Seine Nehmerqualitäten beeindruckten den Kontrahenten. Es schien fast so, als wollte Powetkin diese durch eine grotesk löchrige Deckung beweisen, der "russische Ritter" war ohne Schild und Visier in den Ring getreten. Für Klitschko lautete daher das Motto des Abends: Jeder Jab ein Treffer. Dass Powetkin immer wieder aufstand, nervte Klitschko zwar zunehmend, mehr aber auch nicht. Sein Sieg war auch ohne den finalen Niederschlag den gesamten Kampf über nicht in Gefahr.

Das Veilchen an Klitschkos Auge war zwar ein Zeichen dafür, dass auch Powetkin Treffer setzen konnte, zumeist jedoch auf den Körper, und dass diese auch nicht gänzlich unschädlich bleiben. Aber zwischen Treffen und K. o.-Schlagen ist der Unterschied dann doch gewaltig. Powetkin fehlte sichtbar die Schlagkraft, um Klitschko gefährlich zu werden.

Insgesamt trafen in Moskau zwei Kämpfer aufeinander, die das Boxen über gewisse Strecken wie Ringen aussehen ließen. Während Powetkin die Nahdistanz suchte, versuchte Klitschko, den Russen von sich zu drücken. Eventuell war diesem Wettklammern auch der Umstand geschuldet, dass Klitschko den von der siebten Runde an stark wankenden Gegner nicht K. o. schlagen konnte. "Ich hatte mir gewünscht, den Kampf früher zu beenden", gab sich Klitschko selbstkritisch: "Ich war aber zu angespannt."

Powetkins Kämpferherz belohnten die Zuschauer nach dem Kampf mit lautem Jubel. Er wolle nun noch mehr trainieren, um besser zu boxen, sagte er noch im Ring, drehte eine Ehrenrunde und verließ dann das Scheinwerferlicht. Staatspräsident Wladimir Putin war nicht zum Kampf erschienen, sein reservierter Platz blieb leer. Tröstlich dürfte für Powetkin sein, dass er mit etwa 4,31 Millionen Euro nun nicht unerheblich reicher ist, Klitschko kassierte sogar 12,88 Millionen Euro.

Auf den Ukrainer wartet nun wohl ein Kampf gegen Sauerland-Boxer Kubrat Pulev. Der wäre mit einer Größe von 1,94 Meter und 110 Kilogramm Wladimir physisch fast ebenbürtig. Doch auch für ihn hieße es "Hoffen auf den Lucky Punch" - und das ist nichts, was Klitschko derzeit Angst bereiten könnte.

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