Wintersport:Von den Skiern auf den Sattel

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Durch den Nebel von Andorra: Bei der Weltmeisterschaft im Skibergsteigen gewinnt Anton Palzer erst Silber und wird dann Siebter bei seinem Abschied als Profi von diesem Sport. (Foto: Maurizio Torri/OH)

Anton Palzer gewinnt Silber bei der WM im Skibergsteigen und beendet damit seine Karriere. Er wird ab April als Radprofi neben Peter Sagan und Emanuel Buchmann im Bora-Hansgrohe-Team starten.

Von Nadine Regel

Weinend lag Anton Palzer am Samstag in den Armen seiner Teamkollegen - aus "Wehmut und Dankbarkeit", wie er erzählte. Nach 13 Jahren hat er seine Karriere als Skibergsteiger bei der Weltmeisterschaft in Andorra beendet. Und weil eine angemessene Party pandemiebedingt nicht möglich war, verteilte der 27-Jährige an jeden Menschen, der ihn in seiner Karriere begleitet hat und anwesend war, ein Bier. Am Ende waren es fünf Kästen.

In Andorra hat der Ramsauer abermals gezeigt, dass er zu den besten Skibergsteigern der Welt gehört: In der Disziplin Vertical, dem schnellen Aufsteigen mit Fellen unter den Skiern, gewann er am Donnerstag Silber. "Einen schöneren Abschluss hätte ich mir gar nicht wünschen können", sagte Palzer nach seiner vorerst letzten Medaille in diesem Sport. Sein Weg führt ihn nun vom Schnee auf den Asphalt: Ab 1. April will er als Profi bei Straßenradrennen starten und gehört dann neben Peter Sagan und Emanuel Buchmann zum Bora-Hansgrohe-Team.

Dass am Samstag nicht noch eine Medaille zum Abschied hinzukam, dürfte vor allem an den Bedingungen gelegen haben. Denn die Sicht war so trüb, dass das Rennen in der Disziplin Individual vom Gelände auf die Piste verlegt wurde. Dabei ist das Einzelrennen im alpinen Terrain mit diversen Aufstiegen und Abfahrten eigentlich Palzers große Stärke. "Ich wollte bei der Abfahrt ohne Sicht nicht alles riskieren", sagt Palzer. So verlor er entscheidende Sekunden und wurde Siebter.

Insgesamt holt das deutsche Team fünf Medaillen bei der WM

Mit fünf Medaillen und Platz sechs im Nationenranking reihte sich das deutsche Team um Palzer hinter großen Skibergsteig-Ländern wie Italien, Frankreich und Österreich ein. Antonia Niedermaier, DAV Sektion Bad Aibling, errang gleich zwei Mal Gold in der U18-Wertung im Vertical und Individual. David Sambale vom DAV Immenstadt wurde Zweiter im Individual der U23. Finn Hösch (DAV München Bergland) holte Bronze beim Sprint der U18, bei dem auf einem kurzen Kurs verschiedene Disziplinen des Sports vereint werden.

"Ich bin top zufrieden", sagte Bundestrainer Thomas Bösl, obwohl der Abschluss am Samstag noch eine emotionale Wendung genommen hatte. Denn mit Palzer, sagte Bösl, verlöre der deutsche Skibergsteig-Sport ein Aushängeschild. Gleichzeitig freue er sich für Palzer, weil dieser jetzt eine "sau geile" neue Herausforderung vor sich habe. Die Nachwuchssportler stünden zudem schon in den Startlöchern, um in seine Fußstapfen zu folgen - was auch die WM gezeigt habe.

Für Palzer aber bedeutet Sport Leidenschaft und "das Skibergsteigen habe ich aber am Ende nur mehr als Beruf gesehen", erzählte er. Geschätzt hat er in seiner Karriere drei Millionen Höhenmeter auf Ski zurückgelegt. "Skibergsteigen ist der schönste Sport der Welt und er wird immer ein riesiger Teil meines Lebens bleiben", sagte er nun. Für ihn sei es aber Zeit für etwas Neues und mit dem Wechsel zum Radsport erfülle sich für ihn ein Lebenstraum.

"Meine gute Kondition muss ich nun nur noch auf die Straße bringen", sagt Palzer

10 000 Kilometer hat er im vergangenen Jahr auf zwei Rädern zurückgelegt. Das Trainingspensum eines Profis ist dreimal so hoch. Aber bis jetzt ist Palzer eben vor allem Skibergsteiger gewesen und nutzte das Radfahren als Training für den Wintersport. Denn die Einheiten in den Bergen waren diesen Winter herausfordernd. Im Gelände gab es nicht genügend Schnee, die Pisten wurden zumindest in Deutschland nicht präpariert. Österreich und seine Skigebiete blieben Palzer und den anderen deutschen Athleten mit all den Corona-Bestimmungen schlussendlich auch verschlossen. Aber weil es vor allem um Ausdauer geht, gab es ja Alternativen. "Wie man die trainiert, spielt fast keine Rolle", sagte Palzer. Im Wettbewerb gehe es vor allem darum, wer am schnellsten oben ist. Technik ist da zweitrangig; anders als zum Beispiel beim Langlaufen: "Meine gute Kondition muss ich nun nur noch auf die Straße bringen."

Seine Karriere beende er mit einem guten Gefühl, erzählte Palzer. Am Samstag dankten ihm viele für seine Verdienste und seine lustige Art, die den Sport in Deutschland geprägt habe. Das sei ihm vorher nicht so bewusst gewesen, weil man sich so etwas ja nicht jeden Tag sage. Sein erstes Radrennen ist die "Tour of the Alps" in Tirol, Südtirol und Trentino vom 19. bis 24. April. Ob ihn auch sein neuer Weg zu Erfolgen führen wird, wisse zum jetzigen Zeitpunkt niemand. Aber: "Immerhin", sagte Anton Palzer, "kann ich mir am Ende nicht vorwerfen, dass ich es nicht probiert hätte."

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