Wimbledon-Siegerin Bartoli hört auf:"Mein Körper kann nicht mehr"

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Karriereende kurz nach dem Höhepunkt: Marion Bartoli (Foto: dpa)

Ihr größter Triumph liegt gerade 39 Tage zurück: Wimbledon-Siegerin Marion Bartoli beendet ihre Karriere - unfreiwillig, weil die Strapazen für den Körper zu viel sind. Nun will die Französin etwas ganz anderes machen.

Von Philipp Schneider

Was hat Marion Bartoli nicht schon alles für Geschichten erzählt in ihrer langen Karriere, dort oben, auf jenem Podium, wo sich Tennisspieler nach ihren Spielen gerne für die Öffentlichkeit inszenieren, manche eindrucksvoll, mit schönen Worten und ganz viel Phantasie, so dass sich die Menschen noch lange daran erinnern. Marion Bartoli hat sehr gerne die fantastischsten aller Geschichten vorgetragen, nur kam es deshalb immer mal wieder vor, dass sich die Zuhörer fragten: Meint sie das jetzt ernst?

Einmal hat Bartoli zum Beispiel erzählt, dass sie im nächsten Leben gerne eine Katze wäre, danach hatte sie natürlich niemand gefragt. Warum auch? Bartoli, der ein Intelligenzquotient von 175 nachgesagt wird, hat auch mehrfach eingestanden, dass sie genau wisse, dass sie verrückt sei.

Zu der These passte ihre überaus eigenwillige Spielweise, Vorhand und Rückhand beidhändig geschwungen mit viel Kraft, dann ihr Aufschlag, ebenfalls druckvoll, doch dabei einer Bewegung folgend, dass sich der Zuschauer fragte: Meint sie das ernst? Als die Französin Bartoli am Mittwoch aber mal wieder auf das Podium trat und dann zu sprechen begann, nach einer Dreisatzniederlage in der ersten Runde des Turniers von Cincinnati gegen die Rumänin Simona Halep, da war plötzlich alles anders. Marion Bartoli begann nun ganz fürchterlich zu weinen. Was sie sagte, war ihr wichtig. "Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt für so etwas", sprach sie, "das war das letzte Match meiner Karriere, sorry."

39 Tage zuvor erst hatte Marion Bartoli aus Le Puy en Velay das Finale von Wimbledon gewonnen, deutlich, in zwei Sätzen gegen eine chancenlose Berlinerin Sabine Lisicki. Mit ihrem schwungvollen Stil, der manchmal sehr beängstigend ausschaut, hatte Bartoli den ersten Grand-Slam-Titel ihrer Karriere errungen - nachdem sie 47 Mal bei einem der großen Turniere angetreten war. Länger als Bartoli hatte noch keine Spielerin auf einen bedeutenden Sieg gewartet. Und jetzt, 39 Tage später, war sie ja noch immer nur 28 Jahre alt.

In keinem Alter mithin, in dem eine Tennisspielerin zwingend ihre Karriere beenden müsste. "Ich habe ganz deutlich gespürt, dass es der richtige Zeitpunkt ist. Mein Körper kann nicht mehr", sagte sie, denn wahrlich alles tue ihr weh. Die Achillessehne, die Schulter, der untere Rücken: "Nach spätestens einer Stunde Tennis kommen die Schmerzen." Davon war vor 39 Tagen allerdings noch nichts zu erahnen.

Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, erzählte sie, während die Tränen in ihren Augen zusammenliefen, auch wisse sie noch nicht, was sie nun mit ihrem Leben anzufangen gedenke. Bartoli hat ja nur Tennis gespielt bislang, acht WTA-Turniere gewonnen - und es nach ihrem Sieg in London bis auf Weltranglistenplatz sieben geschafft. "Darüber habe ich nicht so viel nachgedacht", sagte sie. "Es gibt so viele Dinge, die man im Leben tun kann außer Tennis spielen. Ich bin sicher, ich finde etwas." Es könnte ihr noch zugute kommen, dass sich Familie Bartoli bei spontanen Berufswechseln als recht findig erwiesen hat.

Ihr Vater, ein Arzt, hatte einst seine Praxis aufgegeben, um sich als Tennistrainer auf die Karriere seiner Tochter zu konzentrieren. Obwohl er kein Tennistrainer war. Er war es auch, der einige kuriose Trainingsmethoden entwickelte, die viel später eine Weltklassespielerin formten, deren Statur, einer Katze noch unähnlich, sich eher kräftig denn athletisch entwickelte.

Worauf sie besonders stolz sei, wurde Bartoli noch gefragt, und alle dachten nun 39 Tage zurück. Nicht aber Bartoli. Sie sagte: "Ich glaube, wenn man die Leute fragt, wie ist Marion Bartoli denn so, werden sie antworten: Sie ist ein netter Mensch."

© SZ vom 16.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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