Alexander Zverev:Das Gefühl von Kontrolle

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Auch zum Sitzen gut geeignet: Alexander Zverev schätzt Wimbledons Rasen. (Foto: Clive Brunskill/Getty)

Alexander Zverev, der in Wimbledon noch nie über das Achtelfinale hinauskam, fühlt sich inzwischen wohl beim Rasenturnier.

Von Barbara Klimke, London

Daniil Medwedew, 27, hat nach seiner Ankunft in Wimbledon von den Petunien geschwärmt. "Jede Blume", sagte er anerkennend, "scheint am richtigen Platz zu stehen - und in der richtigen Farbe." Medwedew, der als Russe im letzten Jahr nicht hatte antreten dürfen in London wegen des Ukraine-Überfalls seines Landes, hat diesmal den Gastgebern und ihren Gärtnern artig Komplimente gemacht.

Viele der 128 Tennisspieler, die bis zum 16. Juli den Wimbledonsieger der Männer ausspielen, sind voll des Lobes für das Rasenturnier. Bei Alexander Zverev, 26, indes fällt die Eloge bisher nicht so blumig aus. Selbstverständlich sei dies ein bedeutender Teil der Tennisgeschichte, sagte er vor seinem Auftaktmatch gegen den 27-jährigen Niederländer Gijs Brouwer, das für Dienstag angesetzt ist, "hier wurden die größten Momente erschaffen". Andererseits, so argumentierte er, sei das Lieblingsturnier eines Spielers oft dasjenige, "das man gewinnt". Im All England Club ist er bekanntlich noch nicht als Sieger vom Platz gestiefelt. Bei den anderen Grand-Slam-Turnieren in Melbourne, Paris und New York erreichte er jeweils das Halbfinale, bei den US-Open sogar das Finale (2020 gegen Dominic Thiem). "Aber hier war ich nie weiter als in der vierten Runde bis jetzt", bilanzierte er.

Das soll sich ändern, und die Vorzeichen sind laut Zverev nicht schlecht: "Ich fühle mich auf Rasen so gut, wie ich mich selten gefühlt habe", sagte er am Sonntag. "So wie ich Tennis spiele, so wie ich den Ball im Schläger fühle, und so wie ich bislang hier die Trainingssätze spiele, das stimmt mich positiv." Beim westfälischen Rasenturnier in Halle schlug er sich kürzlich bis in die Vorschlussrunde, und die schwere Bänderverletzung im Fuß, die er sich im vorigen Jahr in Paris zugezogen hatte, ist offenbar so gut verheilt, dass er verkünden kann: "Ich habe das Gefühl, ich habe Kontrolle über das Spiel." Auch wenn er sich bei 1,98 Meter Länge angesichts flach von der Grasnarbe abspringenden Bälle körperlich gegenüber der Konkurrenz ein wenig im Nachteil sieht.

Sein erster Gegner, der in Texas geborene niederländische Qualifikant Gijs Brouwer, ist mit 1,91 Metern nicht viel kürzer, wird in der Weltrangliste aber nur auf Position 153 geführt. Duelliert haben sie sich noch nie; aber Brouwer sei ein Linkshänder und Serve-and-Volley-Spieler - so wie sein eigener Bruder Mischa, der als Berater und Sparringspartner fungiert. Im weiteren Turnierverlauf könnte Zverev auf den Italiener Matteo Berrettini oder den spanischen Weltranglistenersten Carlos Alcaraz treffen. "Mein Los ist nicht einfach", sagte er. "Wenn ich gut spiele, kann ich gegen alle gewinnen, aber das gilt für alle anderen auch." Er wird wohl noch einige Resultate abwarten müssen, ehe er von Blumen schwärmt.

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