Werder Bremen:Weiter so, nur ganz anders

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Pressekonferenz mit Saisonanalyse: Florian Kohfeldt. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Kompetenz behalten, Teamfähigkeit stärken: Werder will nach dem knappen Klassenverbleib mit denselben Leuten weitermachen - aber nicht dieselben Fehler machen.

Von Ralf Wiegand, Bremen

All diejenigen, sagte Marco Bode, die glaubten, es gebe nur die Alternative "Weiter so" oder "Köpfe rollen", "all diejenigen werden wir heute nicht glücklich machen können". Der Aufsichtsratsvorsitzende war einer von fünf Verantwortlichen des SV Werder Bremen, die sich am Freitag fast zwei Stunden lang den Medien stellten, um zu erklären, warum nach der schlechtesten Saison der Vereinsgeschichte an der Weser alles bleibt wie bisher - und doch alles anders werden soll. "Fehler kann man machen", sagte Bode, "man muss nur zusehen, dass man nicht ständig die gleichen macht."

Seit der knapp überstandenen Relegation gegen Heidenheim war offen, ob es personelle Konsequenzen nach einer Saison geben würde, die den viermaligen deutschen Meister beinahe zum zweiten Mal nach 1980 in die zweite Liga geführt hätte. Vor allem die Position von Florian Kohfeldt schien offen zu sein - nicht, weil der Verein sich von seinem Trainer hätte trennen wollen, sondern weil er als Kandidat von Hoffenheim gehandelt wurde. Er habe aber nie mit anderen Klubs gesprochen, versicherte Kohfeldt. "Rückspiel überstehen, Bier trinken, Rückflug, schlafen, ein Gespräch mit Frank Baumann", dann sei nach dem 2:2 in Heidenheim klar gewesen, dass er bleibt, sagte Kohfeldt. Auch der Geschäftsführer Fußball, eben jener Frank Baumann, dem riskante Transfers verletzungsanfälliger Spieler vorgehalten werden, darf bleiben.

Seit Dienstag hätten intensive Gespräche in allen Gremien und mit allen Verantwortlichen stattgefunden, um die Gründe für die "historisch schlechte Saison" (Baumann) zu ermitteln. Heraus kam ein bunter Strauß von Ergebnissen, solchen, die für jeden sichtbar waren - etwa der unheimlichen Verletzungsmisere der Hinrunde - und solchen, von denen man bisher nichts wusste. So habe man im Team um das Team zwar auf maximale Fachkompetenz geachtet, sagte Kohfeldt, "auf der Strecke blieb aber die Teamfähigkeit". Interne Streitigkeiten hätten viel Energie absorbiert. Kohfeldt übernahm die Verantwortung für eine falsche Trainingssteuerung in der Vorbereitung, Baumann räumte das Versäumnis ein, zu wenig dominante Typen im Kader zu haben, die dem Trainer auch mal die Meinung der Mannschaft offen ins Gesicht sagen - wie Max Kruse in der vorletzten Saison. Auch das Saisonziel sei in der Öffentlichkeit zu spät korrigiert worden. Intern, sagten Kohfeldt und Baumann, sei der Abstiegskampf schon nach dem 2:2 gegen Freiburg am 10. Spieltag auf der Agenda gewesen, extern aber später thematisiert worden. "Da hätte man die Sinne früher schärfen können", so Kohfeldt.

Der SV Werder plant nun Veränderungen im Kader und in allen Abteilungen, die dem Profifußball zuarbeiten. In der medizinischen Betreuung der Mannschaft habe sich schon etwas verändert, nach dem Re-Start der Bundesliga habe es langwierige Verletzungen wie in der Hinrunde, in der zeitweise zwölf Spieler gleichzeitig ausfielen, nicht mehr gegeben. Diese Verletzungen hätten eine Art Kettenreaktion ausgelöst, die Trainingsqualität habe gelitten, die Athletik, das Spielverständnis, am Ende das Selbstvertrauen einzelner Spieler. Auch seinen Trainerstab will Kohfeldt verändern. Dazu werden auch aus finanziellen Gründen (Werder erwartet Einbußen von 30 Millionen Euro wegen der Corona-Krise) wohl mehrere Stammspieler gehen, Milot Rashica und Davy Klaassen gelten als erste Kandidaten für Wechsel.

© SZ vom 12.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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