Vor dem Start der Formel-1-Saison:Der nervöse Mr. Ecclestone

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Neue Teams, neue Regeln und die Rückkehr von Michael Schumacher: Die Formel 1 startet stark gewandelt in die neue Saison - und weckt große Erwartungen.

Elmar Brümmer

Selbst dem, der am meisten davon hat, dass sich die ganze Formel-1-Welt seit Wochen nur noch fragt, ob der neue Schumi tatsächlich ganz der alte ist, wird es so kurz vor dem Saisonstart etwas flau im Magen.

Bernie Ecclestone, der Vermarkter der Formel 1, fragt sich vor dem Großen Preis von Bahrain, mit dem am Sonntag die Formel-1-Saison 2010 beginnt, was das Comeback anrichten wird: "Nichts beunruhigt mich mehr als die Frage, ob diese WM das halten kann, was sich alle davon versprechen. Einen größeren Hype als im Moment können wir nicht haben." Alles hängt davon ab, ob Schumachers Mercedes schnell genug ist. Aber wer kann das schon vorhersagen in dieser "Formel anders"?

Zum Start ins 60. Formel-1-Jahr wird es in Bahrain einen Autokorso mit allen noch lebenden Weltmeistern geben. Zum zweiten Mal nacheinander wird dabei eine "neue Formel 1" ausgerufen: Drei neue Teams treten an, das Nachtanken wurde verboten, die Punkte-Vergabe geändert, und Michael Schumacher kehrt nach drei Jahren Rennpause zurück.

Welchen Einfluss das alles aber auf die etablierte Hackordnung hat, ist schwer abzusehen. Vier Wochen Testfahrten haben nicht gereicht, um einen klaren Favoriten zu finden. Ferrari und Red Bull haben zwar konstant vorn gelegen, aber Mercedes und McLaren konnten nachziehen. Keiner der Beteiligten will sich festlegen, zumal bei den Probefahrten das Sauber-Team, Force India und ToroRosso regelmäßig überraschten. Nimmt man nur die schnellsten Runden als Maßstab, dann lagen zuletzt bis zu zehn Rennwagen innerhalb von einer Sekunde. Das klingt nach Massen-Zieleinlauf, aber so wird es kaum werden.

Das neue Reglement verlangt eine Umorientierung. Dass nach 16 Jahren die Tankstopps wieder verboten sind, führt dazu, das plötzlich auch Durchschnittszeiten wichtig werden. Das Spritvolumen im Heck steigt von 120 auf bis zu 230 Liter, die länger gewordenen Autos wiegen am Start nun 780 Kilogramm. Vor allem aber verändert sich die Balance der Boliden mit abnehmender Spritmenge über die 300-Kilometer-Distanz gewaltig - was ein deutlich anderes Fahrverhalten mit sich bringt, und auch zur unterschiedlichen Beanspruchung von Reifen und Bremsen führt.

Einige Unsicherheitsfaktoren

Einen weiteren Unsicherheitsfaktor haben die Regelhüter dadurch eingebaut, dass die Qualifikation für die Startplätze am Samstagnachmittag mit leeren Tanks gefahren wird. Das sind dann wirklich Unterschiede wie Tag und Nacht. Wer also die beste Kompromissformel findet, hat die besten Siegchancen. Im Vorteil wird sein, wer den effizienteren Achtzylinder im Heck hat. Wer zu gewagt kalkuliert, geht das Risiko ein, auf der Piste auszurollen.

Boxenstopps, die gelegentlich beste Unterhaltung auf manchen Rennstrecken, wird es auch weiter geben. Denn es bleibt dabei, dass jeder Fahrer im Rennen Reifen aus zwei unterschiedlichen Gummimischungen benutzen muss. Unter den Piloten werden die Reifenflüsterer im Vorteil sein, die langsamer fahren als sie könnten, um die Reifen nicht zu früh zu verschleißen.

Siege sollen sich auch wieder mehr lohnen, womit 2010 eine weitere Revolution stattfindet. Da 24 Autos am Start sind, gibt es erstmals seit 2003 ein neues Punktesystem. Der Punkteschlüssel 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1 für die ersten zehn soll die Bilanz der kleineren Teams aufhübschen. Die ersten Sieger der Saison sind die, für die das Erreichen des Saisonstarts schon ein Ziel war.

Vier neue Rennställe waren gemeldet, nur US F1 hat sich als Luftnummer entpuppt und in der vergangenen Woche mangels Kapital die Segel streichen müssen. Das Hispania Racing Team wird mit einem vollkommen ungetesteten Rennwagen unter der Führung des als Retter verpflichteten Ingolstädters Colin Kolles auf die Piste gehen.

Das Team des Serben Zoran Stefanovic, der bereits vor Wochen das Restmaterial von Toyota nach Bahrain hatte verschiffen lassen und Jacques Villeneuve für Stefan Grand Prix einsetzen wollte, wurde vom Automobilweltverband Fia aus Angst um einen weiteren Imageverfall nicht zugelassen.

Seriös finanziert, aber noch deutlich hinter den anderen Teams zurück, präsentieren sich die beiden Newcomer Virgin Racing und Lotus. Virgin, mit Timo Glock am Steuer, bringt ein komplett virtuell entwickeltes Formel-1-Auto ins Fahrerlager, das aber beim Test mehr stand als fuhr. "Ich hoffe, dass die neuen Teams nicht zur Gefahr werden", unkt Ferrari-Pilot Felipe Massa und sagt eine Zwei-Klassen-Gesellschaft voraus: "Das ist weder gut für die Formel 1, noch für die neuen Teams. Sie werden leiden."

© SZ vom 09.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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