Volleyball:Zum Kreischen

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Wo geht die Reise hin? Das fragt sich nicht nur Diagonalspielerin Kimberly Drewniok, die keinen einfachen Stand im deutschen Spielsystem hat. (Foto: Pawel Piotrowski/Newspix/Imago)

Die deutschen Volleyballerinnen verpassen das WM-Viertelfinale in Lodz klar, die 2:3-Niederlage gegen Polen steht sinnbildlich für ihre Leistungsschwankungen. Die Frage ist: Schafft der neue Trainer Vital Heynen es, das richtige System für die Olympia-Qualifikation zu finden?

Von Sebastian Winter, Lodz/München

Auch wenn ihr Aus bei der Weltmeisterschaft schon besiegelt war durch die Zwischenrunden-Niederlage gegen die Dominikanische Republik, durften die deutschen Volleyballerinnen am Samstag noch ein letztes Mal ins Rampenlicht. Der Schlussakt gegen die Gastgeberinnen aus Polen, vor 9000 kreischenden Zuschauern in der Atlas-Arena von Lodz, war der stimmungsvolle Höhepunkt bei diesem Turnier für die DVV-Auswahl um den neuen Trainer Vital Heynen und Kapitänin Jennifer Janiska. In Polen gilt Volleyball als Nummer zwei hinter Fußball, und dass die spannende Partie 2:3 (24:26, 25:20, 18:25, 28:26, 10:15) aus Sicht von Heynens Mannschaft endete, passte zum gesamten Auf und Ab der jüngsten Zeit. Wieder hatte sie einen knappen Satz und den Tiebreak verloren. "Wir müssen lernen, ein bisschen besser damit umzugehen", sagte Janiska: "Aber es war eine Erfahrung für uns alle, vor so einer Kulisse zu spielen. Wir wollten die Stimmung aufsaugen, uns gut verabschieden. Das ist uns, glaube ich, gelungen."

Die Zwischenrunde war schon ihr offizielles Ziel gewesen, insgeheim hatten sie sich vor dem Turnier ins Viertelfinale geträumt. Nun stehen drei Siege und sechs Niederlagen bei dieser WM in ihrer Bilanz - vor allem die unnötigen Pleiten gegen Kanada und die Dominikanische Republik schmerzen sie noch immer. "Wir können auf diesem Level mithalten, aber diese ein, zwei Prozent fehlen. Ich bin selbst noch auf der Suche, bin ich nun zufrieden oder nicht", bilanzierte Trainer Heynen.

Kapitänin Janiska möchte nach erschöpfenden Wochen nur noch ins Bett

Heynen hatte im Frühjahr die herausfordernde Aufgabe angenommen, zum ersten Mal überhaupt Hallenvolleyballerinnen zu trainieren - nach 15 Jahren als Männertrainer, in denen er unter anderem Deutschland zu WM-Bronze und Polen zu WM-Gold geführt hatte. Bei den deutschen Volleyballerinnen punktete der 53-jährige Belgier in der Kennenlernzeit und während der Nations League im Sommer als großer Kommunikator, er ließ den Spielerinnen zugleich viele Freiräume, entwickelte kreative Aufwärmspielchen, um ihnen den Spaß an ihrem Sport zurückzugeben, der in den vergangenen Jahren etwas verloren gegangen war. Und er setzte auf ein neues System, auch bei dieser WM. Mit drei Außenangreiferinnen anstelle der üblichen zwei Außenangreiferinnen/eine Diagonalspielerin sollten die Deutschen flexibler in der Annahme und unberechenbarer im Angriff werden.

Dieser im Frauenvolleyball bislang kaum erprobte Ansatz gelang bislang nur zum Teil. Die fehlende Konstanz war die größte Schwäche im deutschen Team, und nicht nur Diagonalspielerin Kimberly Drewniok, die oft auf der Bank saß, dürfte sich fragen, wie ihre künftige Rolle in der Nationalmannschaft aussieht. Fest steht jedenfalls, dass Heynen auf dem schweren Weg zur Olympiaqualifikation sein bestes System erst noch finden muss.

Am Ende wurde Kapitänin Janiska noch gefragt, auf was sie sich am meisten freue jetzt nach der siebenwöchigen Vorbereitung in Kienbaum bei Berlin und den beiden WM-Wochen? Sie antwortete so kurz wie prägnant: "Auf mein Bett."

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