Volleyball-EM:Schmettern für Orthmann

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Schmerzlich vermisst: Hanna Orthmann wird wegen ihrer Knieverletzung mehrere wichtige Turniere verpassen. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Deutschlands beste Volleyballerin kann bei der EM nicht mehr mitwirken, auch die Olympiaqualifikation im September in Polen wird sie verpassen. Ihre Kolleginnen versuchen, das Fehlen der Verletzten mit Teamgeist zu kompensieren.

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Unter dem Dach einer Sporthalle namens Castello im Düsseldorfer Süden hängt dieser Tage ein riesiges Bild der Volleyballerin Hanna Orthmann, auf dem sie euphorisch beide Fäuste ballt. Am Rande des Spielfelds übernahmen am Samstag den sogenannten Court-Service mit Ballverteilung und Wischdiensten zudem 22 junge Volleyballerinnen des SC Union Lüdinghausen, Orthmanns münsterländischem Heimatverein. Zum zweiten Gruppenspiel der deutschen Volleyballerinnen bei der Europameisterschaft war vorbereitet, um der Westfälin Orthmann vor fast 2500 Zuschauern in ausverkauftem Haus ein perfektes Heimspiel zu bereiten, doch die 24-Jährige saß in Zivil am Spielfeldrand und versuchte, gute Miene zum traurigen Spiel zu machen.

Hanna Orthmann kann bei dieser EM, deren Vorrundengruppe C in Düsseldorf gespielt wird, nicht mehr mitwirken, auch die Olympiaqualifikation im September in Polen wird sie verpassen. Die Außenangreiferin, die in diesem Sommer von einem Klub in Istanbul zu einem Verein im italienischen Novara wechselt, hat sich im ersten Spiel gegen Griechenland (3:0) am Donnerstagabend nach wenigen Minuten eine Knieverletzung zugezogen, die sie wohl länger außer Gefecht setzt. Als ihre Nationalteamkolleginnen auch das zweite Gruppenspiel mit 3:1 gegen Aserbaidschan gewannen, war Orthmann deshalb Zuschauerin. Sie hofft, dass sich die Mannschaft auch ohne sie für Olympia im Sommer 2024 in Paris qualifiziert und dass sie dann wieder mitspielen kann. Dieser tröstliche Gedanke hilft ihr durch die schwierige Zeit.

Für Bundestrainer Vital Heynen, der von Orthmann als einer "Schlüsselspielerin" und seiner "wichtigsten Angreiferin" spricht, war die Verletzung ein Schock - ebenso für das Team und dessen Kapitänin. Die Außenangreiferin Lena Stigrot verarbeitete den Schreck auch damit, dass sie gegen Aserbaidschan derart energisch spielte, als müsse sie zu ihrer eigenen Aufgabe zusätzlich auch noch sämtliche Aufgaben von Orthmann übernehmen. Man sah die 28 Jahre alte gebürtige Bad Tölzerin im Castello also Bälle annehmen, schmettern und blocken, und alles manchmal scheinbar binnen eines einzelnen Angriffs. "Ich wollte heute schmettern wie Hanna", sagte Stigrot hernach halb erleichtert, halb wehmütig.

Im letzten Gruppenspiel gegen die Türkei wird zu erkennen sein, wie sehr Orthmann fehlt

Gegen Aserbaidschan reichte es auch ohne Orthmann zu einem Erfolg, auch gegen Schweden an diesem Montag und gegen Tschechien am Dienstag dürfte das noch gelingen, aber gegen die Türkei im finalen Gruppenspiel am Donnerstag sowie anschließend in den K.o.-Spielen in Brüssel wird zu erkennen sein, wie sehr Orthmann der deutschen Auswahl fehlt. "Wir wollten den Sieg unbedingt, auch für Hanna", sagte die ebenfalls in Italien spielende Mittelblockerin Camilla Weitzel und nannte die heimische Kulisse als stark unterstützenden Faktor: "Wir sind von Spielen im Ausland gewohnt, dass volle Hallen gegen uns sind - aber das heute war ein Wahnsinnsgefühl."

In diesem starken Teamgeist nach dem Verlust von Orthmann suchen die deutschen Spielerinnen ihre Chance bei dieser EM. Als Gruppenzweite könnte Mitgastgeber Belgien im Achtelfinale eventuell ihr Kontrahent, das Heimatland des deutschen Bundestrainers. Gegen den Weltranglisten-Dreizehnten bestünde fürs deutsche Team (Nr. 11) eine realistische Chance aufs Viertelfinale.

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