Volleyball:Abgeschlagen in Europa

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Szene mit Seltenheitswert: Der Dreierblock mit Georg Grozer (links hinten) steht gegen den Niederländer Gijs Jorna. (Foto: Nicola Mastronardi/Ipa Sport/Imago)

Die deutschen Volleyballer verlieren ihr EM-Achtelfinale gegen die Niederlande knapp, auch Topscorer Georg Grozer kann ihnen nicht helfen. Die DVV-Auswahl bangt nun mehr denn je um die Olympia-Qualifikation.

Von Sebastian Winter, Bari/München

Es dauerte, bis Johannes Tille eingeschlafen war in der Nacht auf Sonntag, tausend Gedanken kreisten durch seinen Kopf. Und so bewahrheitete sich eine der ersten Aussagen von Bundestrainer Michal Winiarski, nachdem Zuspieler Tille mit den deutschen Volleyballern kurz vor Mitternacht im Achtelfinale der Europameisterschaft ausgeschieden war, nach einer bitteren 2:3 (20:25, 23:25, 25:22, 25:18, 12:15)-Niederlage gegen die Niederlande. Die Nacht werde "schwierig für alle" hatte Winiarski prophezeit. Auch deshalb, weil sich die Deutschen sicher waren, das kleine Nachbarland bezwingen und ins Viertelfinale ziehen zu können.

Schließlich waren die Niederlande in den Neunzigern mal eine internationale Größe gewesen, WM-Zweiter 1994, Olympiasieger 1996, Europameister 1997, das schon. Aber sie tasten sich erst so langsam wieder ans damalige Niveau heran. Von den Deutschen waren sie in der Vorbereitung in einem Testspiel geschlagen worden.

Unzufrieden mit seiner Passverteilung: Johannes Tille. (Foto: Aabacapress/Imago)

Tille, der auch deshalb zuspielte, weil den etatmäßigen Steller Lukas Kampa im letzten Training wieder Rückenschmerzen plagten, zog am späten Sonntagvormittag am Telefon dann ein ernüchterndes Fazit: "Wir haben es gestern nicht gut gemacht", sagte der 26-Jährige, vor allem in den ersten beiden Sätzen gelang der DVV-Auswahl erstaunlich wenig. "Wir haben nicht gut aufgeschlagen, obwohl das unsere Stärke ist, und im Block auch nicht das gemacht, was wir uns vorgenommen hatten."

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Der Plan bestand darin, den niederländischen Diagonalangreifer Nimir Abdel-Aziz in den Griff zu bekommen, doch das gelang nicht, auch nicht als das deutsche Team sich doch noch in den fünften Satz gerettet hatte. Dort bezwang Abdel-Aziz die Deutschen fast alleine, während Georg Grozer, seinen ansonsten stark spielendenden Widersacher auf deutscher Seite, die Konstanz etwas verließ (sein Ersatzmann Linus Weber verpasste die EM, nachdem er vor Testspielen gegen Finnland krank geworden war und später Pfeiffersches Drüsenfieber diagnostiziert wurde).

Erstmals seit 2011 verpasst Deutschland ein EM-Viertelfinale

Die 22 Punkte des Topscorers Grozer halfen den deutschen Männern letztlich nicht, erstmals seit 2011 verpassen sie so ein EM-Viertelfinale. Dieser Fakt ist ernüchternd genug, schlimmer noch sind aber die unmittelbaren Folgen. Denn für die Deutschen steht die Olympia-Qualifikation für Paris an oberster Stelle der To-do-Liste, und auf dem Weg dorthin sind Siege gegen unmittelbare Konkurrenten wie die Niederlande eminent wichtig. Durch die Niederlage ist die DVV-Auswahl nun auf Weltranglistenplatz 16 abgerutscht, acht weitere europäische Mannschaften sind vor ihnen platziert. Der Weg, sich über die Weltrangliste für Paris zu qualifizieren, dürfte für Tille, Grozer und Co. nun extrem steinig werden. "Ich glaube, dass das Olympia-Qualifikationsturnier die einfachere Chance für uns ist", so Tille.

Vom 30. September an spielt die DVV-Auswahl in Brasilien um die Teilnahme in Paris, es ist ihre erste Chance, der Weg über die Weltrangliste die zweite, mehr gibt es nicht. "Darauf haben wir uns das ganze Jahr vorbereitet", sagte Winiarski. Doch das Wörtchen "einfach" muss man in dicke Anführungszeichen setzen. Denn Winiarskis Mannschaft spielt in Brasilien unter anderem gegen den Gastgeber und Olympiazweiten, außerdem gegen Welt- und Europameister Italien sowie gegen die starken Kubaner und Iraner. Nur den beiden Turnierbesten gelingt die Qualifikation - es ist ein Himmelfahrtskommando für die Deutschen.

Für sie geht es auch in finanzieller Hinsicht um viel. Die Männer haben sich 2012 zuletzt für Olympia qualifiziert, die Frauen 2004. Sollten sie die Sommerspiele erneut verpassen, blüht dem Deutschen Volleyball-Verband eine weitere Herabstufung in der Spitzensportförderung. Auch Tille und Co. ist das bewusst.

Zugleich ächzt die Mannschaft unter der Belastung, nach der wochenlangen Nations League im Sommer, der EM und der kommenden Olympia-Qualifikation, samt allen Tests und Vorbereitungslehrgängen, beginnt bald die Klubsaison. "Es ist eine Katastrophe heuer, man hatte keine Pause", sagte Tille am Sonntag am Telefon. Die Überlastung im Spitzensport trifft auch die Volleyballer ein Jahr vor Paris mit voller Härte - und das in einer höchst prekären Situation.

Ein gemeinsames Mittagessen war am Sonntag in Bari noch geplant, "danach setzen wir uns vielleicht noch kurz ans Meer", sagte Tille. Aber ohne Lagerfeuerstimmung und Siegerbierchen in der Hand.

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