Volleyball:Eine Frage der Mittel

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Unerwartet großer Aderlass (von links): Blockerin Beta Dumancic, Libera Simona Dammer, Diagonalspielerin Alexis Hart und Außenangreiferin Luisa Keller verlassen die Roten Raben Vilsbiburg - wie fast der gesamte Erstligakader. (Foto: Andreas Liebmann)

Vilsbiburgs Volleyballerinnen tauschen nahezu den kompletten Kader aus - allerdings nicht ganz freiwillig. Die anvisierte Verdopplung des Etats bis 2025 soll künftig mehr Langfristigkeit bei den Spielerinnenverträgen schaffen.

Von Katrin Freiburghaus

Es sei "wie immer", sagt André Wehnert, Geschäftsführer der Bundesliga-Volleyballerinnen aus Vilsbiburg, "einige hätten wir gerne gehalten, während es bei anderen zwar gepasst hat, wir aber eine Veränderung wollten". Die Rede ist vom Kader der Niederbayerinnen, von dem für die kommende Saison lediglich drei Spielerinnen übrig geblieben sind: Diagonalangreiferin Dayana Segovia, Zuspielerin Lindsay Flory und Nachwuchsangreiferin Lara Darowski, deren Vertrag für zwei Jahre galt. Und das, muss man sagen, ist dann doch nicht ganz wie immer. Und es ist auch nicht das, was sie sich in Vilsbiburg unter zielgerichteter Verstärkung vorgestellt hatten. "Dass es jetzt diese umfassende Form angenommen hat, war so eigentlich nicht geplant", räumt Wehnert ein.

Wen von den neun Weggängen er gerne gehalten hätte und wen nicht, verrät er hingegen nicht. Zumal die vergangene Saison mit Corona-Unterbrechungen und zahlreichen Verletzungen für den Achten der Hauptrunde lange sehr wechselvoll gewesen war. Keiner Spielerin war das allein vorzuwerfen, allerdings hatte es auch keine gegeben, die allein ausreichend Stabilität hinbekam.

Was Wehnert unumwunden einräumt, ist, dass der Weggang von Angreiferin Alexis Hart zum Meister aus Stuttgart schmerzt. Die US-Amerikanerin hatte ihr großes Potenzial angedeutet. "Aber uns war klar, dass das bei der Konkurrenz nicht unentdeckt bleibt", sagt er. Mit dem Angebot eines Titelaspiranten und Champions-League-Teilnehmers kann Vilsbiburg trotz großer Pläne für die kommenden Jahre aktuell noch nicht mithalten. Das Budget für den neuen Kader liege etwa im Bereich dessen, was in der Vorsaison an finanziellen Mitteln zur Verfügung stand. Langfristig hat Vilsbiburg das ehrgeizige Ziel ausgegeben, seinen Etat von gut einer Million Euro bis 2025 mehr als zu verdoppeln.

Das Problem: Verträge mit mehr als einem Jahr Laufzeit sind mit Ausnahme von Nachwuchsathletinnen kaum auszuhandeln

Es geht bei dieser Steigerung nicht allein darum, neben talentierten Spielerinnen gestandene Profis verpflichten zu können, sondern darum, sie über das Saisonende hinaus zu halten. Mittelblockerin Beta Dumancic etwa, die Vilsbiburg während der Saison zunächst bis zum Jahreswechsel nachverpflichtet und dann immerhin bis zum Saisonende gebunden hatte, fügte sich trotz Trainingsrückstands schnell ein und wirkte durchaus nicht unzufrieden. Doch auch sie zieht nach nicht einmal einer Saison weiter.

Das Problem: Verträge mit mehr als einem Jahr Laufzeit sind mit Ausnahme von Nachwuchsathletinnen kaum auszuhandeln. Spieleragenten bestimmen die Verhandlungskultur und sehen im jährlichen Nachjustieren offensichtlich deutlich mehr Vorteile als in der Sicherheit, die ein langfristiges Engagement bietet. Für Klubs wie Vilsbiburg ist das sportlich nicht unproblematisch. Wer den Durchlauferhitzer für den US- und südamerikanischen Markt gibt, muss nicht nur jede Saison erneut viel Energie investieren, sondern die Schritte, die es in der Vorsaison aufwärts ging, gegebenenfalls wiederholen.

"Von unserer Seite", sagt Wehnert, sei es daher "schon seit Jahren der Wunsch, Langfristigkeit reinzubringen." Die aber kostet Geld. Auch Außenangreiferin Luisa Keller verabschiedete sich in Richtung Stuttgart, Kapitänin Jodie Guilliams wechselt nach drei Jahren in Bayern aus familiären Gründen gen Westen.

Auf Kontinuität ist hingegen ausgelegt, worauf die Verantwortlichen direkten Einfluss haben: das Team im Hintergrund. Der neue Sportdirektor, Vilsbiburgs ehemaliger Meistertrainer Guillermo Gallardo, wünscht sich ein langfristiges Engagement. Seine Frau Nadja, früher Zuspielerin bei den Roten Raben, leitet das vergrößerte Klub-Internat. Auch der ehemalige Liga-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung dürfte seine Position als Vorsitzender des Aufsichtsrats kaum als Stippvisite betrachten. Zumindest strukturell hat Vilsbiburg also einiges dafür getan, dass das "wie immer" aus diesem Frühling künftig die Ausnahme ist.

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