Volleyball:Die Story geht weiter

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Schlachtruf im Audi Dome: Herrschings Volleyballer zogen in München zuletzt 2500 Zuschauer beim Playoff-Viertelfinale an. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Neue Gesellschafter, neuer Geschäftsführer, neuer Cheftrainer: Herrschings Volleyballer ändern ihr Organigramm grundlegend. Mit den Wechseln an der Spitze will sich der Klub, der strukturell mit seinem sportlichen Erfolg nicht mithalten konnte, weiter professionalisieren - mit dem Audi Dome als Heimspielstätte.

Von Sebastian Winter

Keine zwei Tage nach der bitteren 2:3-Niederlage gegen Friedrichshafen im Playoff-Viertelfinale und ihrem damit verbundenen Saisonende haben die WWK Volleys Herrsching ihr Organigramm auf links gedreht. Es ist zugleich der größte personelle Umbruch beim Volleyball-Erstligisten jenseits der Mannschaft, seit der Klub im Jahr 2011 als Bayernliga-Meister seine Erfolgsstory zu erzählen begann, die er nach vier direkten Aufstiegen in Serie von 2014 an in der ersten Bundesliga fortsetzte.

Geschäftsführer Fritz Frömming, der zuletzt zusammen mit Trainer Max Hauser Gesellschafter der Herrschinger Spielbetriebs-GmbH war, legt nach zehn Jahren zum 31. März seine Ämter nieder und gibt seine Anteile zurück. Neue Gesellschafter neben Hauser werden Diagonalspieler Jonas Kaminski - der Chiropraktiker gilt als einziger Nichtprofi im Kader der Volleys vom Ammersee - sowie Teamarzt Andreas Kugler. Kugler soll den Bereich Finanzen verantworten, Kaminski sich vor allem um neue Partnerschaften und die Sponsorenakquise kümmern. Co-Trainer und Scout Michael Mattes übernimmt künftig zusätzlich das Teammanagement und die Zusammenarbeit mit der Volleyball-Bundesliga (VBL).

Für Hauser selbst steht ebenfalls eine Zeitenwende an: Der 38-Jährige, der Herrsching als Spielertrainer in die erste Liga führte und dort mittlerweile mit Lüneburgs Stefan Hübner dienstältester Chefcoach ist, wird als Co-Trainer und Sportlicher Leiter künftig eher auf der Bank Platz nehmen, als an der Seitenlinie zu stehen - und auch mal das ein oder andere Auswärtsspiel auslassen. Außerdem folgt Hauser Frömming auf der Geschäftsführer-Position. Zugleich wird er in diesem Sommer noch eine reizvolle Aufgabe beim Deutschen Volleyball-Verband übernehmen, über deren Inhalt noch Stillschweigen vereinbart ist. Der neue Herrschinger Cheftrainer kommt aus Deutschland, so viel steht auch schon fest, er soll in den nächsten zwei Wochen vorgestellt werden.

"Wenn man zur Selbstverständlichkeit geworden ist und das Gefühl hat, intern und extern Richtung VBL nichts mehr bewegen zu können, muss man aufhören", sagt Frömming

Viele Steine sind also ins Rollen gekommen am Ende einer für Herrsching wegen der Pandemie und vieler Verletzungen keineswegs einfachen Saison, die mit dem knapp verpassten Pokalfinale und Playoff-Halbfinale keine wirklichen Happy-Ends bot, aber auch die Erkenntnis, inzwischen zum Verfolger der Spitzenklubs herangereift zu sein. Das zweite Playoff-Viertelfinale gegen Friedrichshafen vor 2500 Zuschauern im Audi Dome, einsamer Rekord in der Vereinsgeschichte, weist den Herrschingern außerdem den Weg nach München und zeigte ihnen, dass Volleyball auch in der Großstadt trotz aller sportlichen Konkurrenz und trotz der Pandemie sein Publikum findet.

Dabei begleitet den Klub auch weiterhin sein größtes Problem: dass er strukturell nie wirklich mithalten konnte mit seinen Aufstiegen in immer professionellere Ligen. Die Spieler trainieren immer noch fast jeden Tag in einer anderen Halle, von Gehältern, wie sie Berlin oder Friedrichshafen oder andere zahlen, können sie in der 10 000-Einwohner-Gemeinde nur träumen. Eine wirkliche Heimstätte gibt es dort nun auch nicht mehr, denn die Ausnahmegenehmigung der Liga für die Nikolaushalle endet mit dieser Saison. Der Audi Dome soll zu ihrer neuen Arena werden, am liebsten mit noch mehr als 2500 Zuschauern, verbunden natürlich auch mit einem dauerhaften Umzug für Heimspiele nach München. Bis 2023 läuft der Vertrag, mit Option auf Verlängerung.

Der Noch-Geschäftsführer Frömming wollte diesen Weg nicht mehr mitgehen, er sagte am Dienstag der SZ, "wenn man zur Selbstverständlichkeit geworden ist und das Gefühl hat, intern und extern Richtung VBL nichts mehr bewegen zu können, muss man aufhören". Frömming hatte sich während der Pandemie auch aufgerieben in seiner Funktion. Die ständigen Zuschauer-Beschränkungen und Spielabsagen ausgerechnet in einer Zeit, als der Klub in den Audi Dome umziehen wollte, zermürbten ihn. "Ich bin jetzt 59, möchte mir das nicht mehr antun und muss auch an meine Familie denken. Es gab genügend Samstage, wo ich meine Frau alleine gelassen habe."

Drei Schlüsselfiguren (v.l.): Herrschings scheidender Geschäftsführer Fritz Frömming, Trainer Max Hauser und Libero Ferdinand Tille (Foto: Oryk Haist/Imago)

Rückblickend, findet Frömming, "war die Anfangszeit die schönste Zeit. Es hat einfach nur Spaß gemacht, wir waren das kleine gallische Dorf. So können wir uns im Audi Dome nun nicht mehr nennen." Frömming, der vom Klub und von Hauser mit vielen warmen Worten verabschiedet wurde, mahnte, "die vielen Helfer im Hintergrund nicht zu vergessen".

Für Hauser ist die Neustrukturierung ein weiterer Schritt in die Professionalisierung, die Installation eines zusätzlichen, hauptamtlichen Trainers sieht er als unbedingt nötig an - auch um selbst mehr Freiraum zu haben für die strukturelle Arbeit. "Einen Schritt rückwärts wird es nicht geben, wir wollen jedes Jahr besser werden", sagt Hauser. Er meint damit nicht nur das Profiteam, sondern auch den Klub und das Drumherum. Die zweite Mannschaft steigt voraussichtlich in wenigen Tagen in die Regionalliga auf, in Herrsching soll nach Hausers Wünschen ein neuer Jugendschwerpunkt entstehen. Große Pläne haben sie also in ihrer kleinen Stadt, der sie weiter verbunden bleiben.

Der Kader steht, wie man hört, auch schon weitgehend, nun müssen bis diesen Freitag Kaminski und Kugler, die neuen Gesellschafter, noch formal installiert werden. Danach geht es für Hauser erstmals daran, jenen Haushaltsplan zu entwerfen, mit dem sonst Frömming immer zu tun hatte. Und, immerhin, für ein paar Tage in die Türkei. Urlaub im Beachvolleyball-Camp, diesmal als Spieler.

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