Vierschanzentournee:Duell um den Tourneesieg

Lesezeit: 3 min

Der Erste und der Zweite: Richard Freitag (rechts) neben dem Führenden Kamil Stoch. (Foto: AP)
  • Bei der Vierschanzentournee fällt bereits ein Vorentscheidung in der Gesamtwertung.
  • Für den Sieg kommen in Kamil Stoch und Richard Freitag eigentlich nur noch zwei Springer in Frage.
  • Die Österreicher erleben ein Debakel.

Von Volker Kreisl, Garmisch-Partenkirchen

Der Schnee war in dicken Flocken vom Himmel gefallen, ging bald über in dicke Regentropfen, die der Fallwind die Schanze hinunterblies. Am nächsten Tag leuchtete der Himmel dann wieder blau auf, aber auch das ruhige Wetter wird nur von kurzer Dauer sein: In Innsbruck drohen schon wieder Wolken und Böen, und weil dies die ganz normale Vierschanzentournee-Witterung ist, meinte der deutsche Bundestrainer Werner Schuster auch etwas anderes, als er "turbulente" Wettkämpfe prophezeite.

Was unberechenbar ist bei dieser Tournee, das ist die Form der Athleten, woraus sich tatsächlich ein turbulentes Neujahrsspringen ergab. Es ging hin und her, es gab Überraschungen im Feld. Es gab Springer, die sich für schlechte Vorleistungen revanchieren konnten, und solche wie den österreichischen Mitfavoriten Stefan Kraft und dessen gesamtes Team, die schlimme Niederlagen erlitten. Doch an der Spitze der Gesamtwertung änderte sich nichts. Der Pole Kamil Stoch siegte und baute mit zwei fabelhaften Sprüngen auf 135,5 und 139,5 Meter seine Führung aus; Richard Freitag konterte mit ebenfalls gekonnten Sätzen (132 und 137 Meter), liegt jedoch in der Gesamtwertung bereits 11,8 Punkte zurück.

Schuster: Noch keine Vorentscheidung

Das sind umgerechnet 6,5 Meter auf der Schanze, Trainer Schuster sieht darin aber noch keine Vorentscheidung. Er beruft sich auf die Nervenstärke Freitags und sagt, der Sachse könne Stoch weiter mit eigenen Mitteln schlagen. Vier Sprünge seien noch zu absolvieren, "es ist noch lange nichts entschieden", so Schuster.

Vier Deutsche unter den besten Zehn

Die Ergebnisse zur Halbzeit der Vierschanzentournee im Skispringen

1. Springen in Oberstdorf (30. Dezember) 1. Stoch (Polen) 279,7 Pkt. (126,0 m/137,0 m) 2. Freitag (Aue) 275,5 (128,5/127,0) 3. Kubacki (Polen) 270,1 (126,5/129,0) 4. Kraft (Österreich) 262,8 (132,0/119,0) 5. Hula (Polen) 259,2 (123,0/120,5) 6. J. Kobayashi (Japan) 257,1 (126,5/123,0) 7. Fannemel (Norwegen) 255,3 (129,0/124,5) Forfang (Norwegen) 255,3 (114,5/126,5) 9. Eisenbichler (Siegsdorf) 255,1 (128,5/117,5) 10. Wellinger (Ruhpolding) 254,0 (115,0/123,0) 17. Geiger (Oberstdorf) 241,1 (113,0/126,0) 24. Leyhe (Willingen) 233,2 (109,5/125,0) 28. Schmid (Oberaudorf) 220,1 (114,5/104,0) Nicht im Finale der besten 30: 33. Wank (Hinterzarten) 103,1 (109,5); 35. Paschke (Kiefersfelden) 100,0 (113,0); 38. Siegel (Baiersbronn) 98,4 (105,5); Hamann (Aue) disqualifiziert.

Vier Deutsche unter den besten Zehn

Die Ergebnisse zur Halbzeit der Vierschanzentournee im Skispringen

2. Springen in Garmisch (1. Januar) 1. Stoch (Polen) 283,4 (135,5/139,5) 2. Freitag (Aue) 275,8 (132,0/137,0) 3. Fannemel (Norwegen) 270,2 (132,5/136,5) 4. J. Kobayashi (Japan) 269,2 (137,0/131,5) 5. Bartol (Slowenien) 268,9 (136,0/133,5) 6. Stjernen (Norwegen) 268,7 (132,0/137,5) 7. Geiger (Oberstdorf) 268,2 (136,0/133,5) 8. P. Prevc (Slowenien) 266,9 (129,0/138,0) 9. Forfang (Norwegen) 263,4 (124,0/138,5) 10. Leyhe (Willingen) 263,3 (130,5/137,5) 11. Wellinger (Ruhpolding) 261,2 (125,5/138,0) 14. Eisenbichler (Siegsdorf) 258,1 (128,5/136,5) 24. Schmid (Oberaudorf) 236,3 (128,5/124,0) 28. Siegel (Baiersbronn) 231,5 (126,5/123,5) Nicht im Finale der besten 30: 32. Wank (Hinterzarten) 115,8 (125); 45. Paschke (Kiefersfelden) 96,0 (112,5)

Vier Deutsche unter den besten Zehn

Die Ergebnisse zur Halbzeit der Vierschanzentournee im Skispringen

Stand nach zwei Wettbewerben 1. Stoch (Polen) 563,1 Punkte 2. Freitag (Aue) 551,3 3. Kubacki (Polen) 530,8 4. J. Kobayashi (Japan) 526,3 5. Fannemel (Norwegen) 525,5 6. Forfang (Norwegen) 518,7 7. Wellinger (Ruhpolding) 515,2 8. Eisenbichler (Siegsdorf) 513,2 9. Bartol (Slowenien) 510,6 10. Geiger (Oberstdorf) 509,3 13. Leyhe (Willingen) 496,5 26. Schmid (Oberaudorf) 456,4 30. Siegel (Baiersbronn) 329,9 35. Wank (Hinterzarten) 218,9 40. Paschke (Kiefersfelden) 196,0 Die weiteren Springen 4. Januar in Innsbruck 14 Uhr/ZDF & Eurosport 6. Januar in Bischofshofen 17 Uhr/ARD & Eurosport

Vier Deutsche unter den besten Zehn

Die Ergebnisse zur Halbzeit der Vierschanzentournee im Skispringen

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(Foto: Christof Stache/AFP)

Bester Deutscher in der Gesamtwertung: Richard Freitag, 26.

Freitag lobt seinen Gegner, dieser erlaube den anderen fast keine Fehler und sei "sehr, sehr stark". Im übrigen wolle er sich auf die eigenen Sprünge konzentrieren. Taktisch ist dieses Lob nicht unklug, Stoch schiebt er so die Favoritenrolle zu.

Der Sieger steht zwar noch nicht fest, aber es scheint schon jetzt klar zu sein, dass er zwischen Stoch und Freitag ermittelt wird. Der Dritte im Tournee-Ranking, Dawid Kubacki, liegt mehr als 20 Punkte zurück. Zu den Abgehängten gehören auch Freitags Kollegen, die anderen deutschen Skispringer. Den Auftritt in Garmisch-Partenkirchen dürften sie dennoch in guter Erinnerung behalten: Andreas Wellinger gelang mal wieder ein weiter Sprung, im Übrigen kamen Karl Geiger (Oberstdorf) und Stephan Leyhe (Willingen) auf die Plätze sieben und zehn. Plötzlich zurück mit beachtlichen Sätzen waren auch Springer wie der Gesamtsieger von 2016, Peter Prevc, der erstmals wieder konstant und weit sprang, auch wenn er in dieser Tournee keine Chance mehr hat.

Er hatte in den Turbulenzen zum Auftakt am Samstagabend bereits alles verloren. Der angekündigte Oberstdorfer Rückenwind blies stramm, weshalb die Jury alles unternahm, damit kein Glückspilz früh einen zu großen Vorsprung bekam. Es schüttete und blies - und dem Wettkampf wurden Fesseln angelegt. Alle sprangen von Luke elf, spektakuläre Weiten waren da nicht drin. Die meisten wurden vom Rückenwind auf den Hang gedrückt; kam doch einmal beflügelnder Aufwind auf, wurde gewartet, bis er wieder drehte. Die Trainer begrüßten dies, aus besseren Verhältnissen konnte keiner einen Vorteil ziehen, außer er springt wie Stoch. Der setzte sich etwas ab, weil er im unteren Teil seines Fluges eine Luftwelle erwischte, auf der er zehn Meter weiter surfte als der Rest.

Mit überragenden zweiten Sprüngen hatte in dieser Saison eigentlich Wellinger Aufsehen erregt. Zweimal war er von zirka Platz 20 aus noch knapp ans Podium gekommen, doch die Tournee ist eben anders. Die Springer sind trotz ihres Selbstvertrauens aufgeregter und sowohl Wellinger als auch Markus Eisenbichler unterliefen kleine technische Fehler beim Übergang in die Flugphase, wie eigentlich allen Springern im Oberstdorfer Dauerregen.

Die Top Ten lagen dennoch eng beinander, als der Tross nachts nach Garmisch-Partenkirchen wechselte: Wellinger hatte als Zehnter grob gerechnet zirka neun Meter Rückstand aufs Podest. Die Springer fielen ins Bett, und saßen mittags an Silvester schon wieder im Lift hinauf zur nächsten Schanze. Während sich die Deutschen dort verhältnismäßig gut hielten, erlebte die Mannschaft des österreichischen Cheftrainers Heinz Kuttin ein Debakel.

Vierschanzentournee
:Richard Freitag wird Zweiter in Garmisch

Beim Neujahrsspringen der Vierschanzentournee zeigt der Deutsche einen starken zweiten Sprung. Doch der Pole Kamil Stoch ist erneut besser.

Michael Hayböck zeigte im zweiten Durchgang zwar erstmals seit langem wieder einen guten Sprung, der ihn auf 130 Meter hinuntertrug, doch das ging unter am schwarzen Tag von Stefan Kraft. Der Tourneesieger von 2015 und Doppelweltmeister von Lahti 2017 hatte im ersten Durchgang einen indiskutablen Sprung auf nur 122,5 Meter vorgelegt, war dabei vom slowenischen Nachwuchsspringer Ziga Jelar überflügelt worden und ging mit der Gewissheit aus dem Stadion, dass er es nicht einmal in die Liste der fünf besten K.-o.-Rundenverlierer schaffen würde. Kraft verpasste den zweiten Durchgang, das Tourneepodest erreicht er nicht mehr. Nur zwei Springer von Kuttins Team waren weitergekommen. Schon jetzt, kurz vor dem Wechsel auf die eigenen Tournee-Schanzen in Innsbruck und Bischofshofen, ist es für Österreichs Verband das schlechteste Tournee-Ergebnis seit 1979.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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