VfL Wolfsburg:Ein bisschen wie Inzaghi

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Tor und Baby-Jubel: Wout Weghorst bekommt bald Nachwuchs. (Foto: Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images)

Dank Angreifer Wout Weghorst endet nach sieben sieglosen Partien die Negativserie der Mannschaft mit einem 2:1 in Frankfurt - bei der Eintracht reift die Erkenntnis, dass all die Spiele zu viel Kraft rauben.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Wolfsburgs Angreifer Wout Weghorst fand seine eigene Aktion so bemerkenswert, dass er sich gleich an einen der ganz Großen der Zunft erinnert fühlte. "Pippo Inzaghi hat das immer gemacht", sagte er am Samstagnachmittag - und damit meinte er in diesem Moment weder einen Hang zum theatralischen Niedersinken noch die in Videoassistent-geprägten Zeiten ohnehin schwerer einzusetzende Gabe zum Ausreizen der Abseitslinie. Sondern die Fähigkeit, in manchen Situationen auf seinen Instinkt vertrauen zu können und einfach noch den Kopf, den Fuß oder welches Körperteil auch immer in die Flugbahn des Balles zu halten und ihm eine entscheidende Richtung zu geben.

Nun dürften eingefleischte Inzaghianer eher müde lächeln ob der Vorstellung, dass Weghorsts Aktion schon zum Vergleich taugt mit ihrem Super-Pippo, der nach all seinen Instinkt- und Abseits-Toren in den Nullerjahren inzwischen übrigens Trainer beim italienischen Zweitligisten Benevento ist. Aber das dürfte Weghorst auch schnuppe sein. Denn erstens war es zweifellos ein Ausdruck gehobenen Torjäger-Gespürs, als er in der 19. Minute seine Stirn noch an den verunglückten Aufsetzer-Schuss vom Teamkollegen Maximilian Arnold brachte und den Ball so zum 1:0 ins Tor bugsierte. Und zweitens war es ein neuerlicher Beleg, wie wichtig seine Treffer für den Erfolg der Wolfsburger sind.

Weghorsts Kopfballtor war der Grundstein für den 2:0 (1:0)-Sieg bei Frankfurt, den zweiten Treffer erzielte Joao Victor nach einem groben Patzer von Frankfurts Ersatztorwart Felix Wiedwald (65.). Damit endete eine längere Wolfsburger Negativserie: Seit sieben Pflichtspielen hatten sie nicht mehr gewonnen und die vergangenen vier Partien sogar alle verloren. Es war ein verdienter Erfolg, zumal der VfL nach der gelb-roten Karte für Marcel Tisserand kurz vor dem Halbzeitpfiff 45 Minuten lang in Unterzahl spielen musste.

Aber die Frankfurter agierten auch vergleichsweise schwach an diesem Nachmittag. Nur eine wirklich gute Chance in der ersten Hälfte (27.) sowie ein wegen Abseits nicht gegebenes Tor (50.) von Bas Dost standen zu Buche, und der beim zweiten Gegentreffer so unglücklich agierende Wiedwald musste sogar noch einige Chanchen parieren. Es habe das Feuer gefehlt, monierte Mittelfeldspieler Djibril Sow. Und Trainer Adi Hütter gab zu Protokoll, der Auftritt sei überhaupt nicht "Frankfurt-like" gewesen, sondern das schlechteste Heimspiel der Saison. Aber er fügte auch an: "Wenn man 31 Spiele in einer Halbsaison hat, ist es nicht immer einfach, das Feuer zu entfachen und Powerfußball zu spielen."

Es ist durchaus rätselhaft, dass ein Team, das es schafft, in einer langen Überzahl-Situation den FC Bayern mit 5:1 herzuspielen, es nicht schafft, eine lange Überzahl-Situation auch gegen Wolfsburg zu nutzen. Aber ein Teil der Antwort steckt eben auch im Auftreten des VfL. Die Wolfsburger agierten recht geschickt und kompakt, in der Abwehr köpfelten die Riesen Brooks und Bruma eine Flanke nach der anderen aus der Bedrohungszone, und kein noch so eingefleischter Inzaghianer dürfte gegen die Feststellung protestieren, dass Weghorst vorne mehr als lief, als es der große Pippo früher zu tun pflegte.

"Wir haben endlich wieder gezeigt, was uns so stark macht", sagte Weghorst: "Diese Bereitschaft brauchen wir unbedingt." Seine Tore brauchen sie aber auch unbedingt. Dass die Wolfsburger zuletzt so oft verloren, hatte ja auch damit zu tun, dass Weghorst drei Mal nacheinander nicht traf. Der VfL ist in seiner Spielanlage oft zu monothematisch unterwegs: hinten mit Dreier-/Fünferkette stabil stehen (erst zehn Gegentore und damit die wenigstens in der Liga) und vorne auf die Instinkte und den Einsatz des Niederländers hoffen. Doch wenn der VfL darauf erpicht ist, in den nächsten Wochen seine Chance auf einen Europapokal-Platz zu wahren, muss er wohl daran arbeiten, sich etwas breiter aufzustellen.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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